Kaltherzig
nass und rasselnd zu husten. Als der Anfall vorüber war, dauerte es einen Moment, bis er wieder zu Atem kam.
»Alles in Ordnung?«, fragte ich wie ein Trottel.
»Lungenkrebs«, erklärte er, als wäre es nichts. Als hätte er nur eine Erkältung. »Früher oder später kriegt mich der Teufel zu fassen. Ich bin ihm einmal zu oft entwischt.«
»Tut mir leid, das zu hören, Billy.«
Er ging mit einem Achselzucken darüber hinweg. In diesem Augenblick sah er steinalt aus, obwohl er erst Ende fünfzig war. Seine nutzlosen Beine kippten zur Seite, während er in seinem Rollstuhl lümmelte. Seine Haut hatte eine gelbliche Färbung.
Ich brauchte ihn nicht zu fragen, ob er Schmerzen hatte. Ich wusste, wie es war, wenn einem der Körper in einer Weise zerschlagen wurde, die man eigentlich nicht überleben sollte - und wie oft man sich wünschte, man hätte es nicht überlebt.
Quints Beine waren von ein paar russischen Schlägern in Diensten eines ehrgeizigen Mafialeutnants mit einem Vorschlaghammer zertrümmert worden. Man hatte ihn überleben lassen, weil er im Medienrummel nach dem brutalen Angriff eine wertvolle Rolle spielte. Kostenlose Publicity, die aller Welt klarmachte, dass man sich mit den Russen lieber nicht anlegte - egal, wer man war.
Es hatte Verhaftungen gegeben, aber keine Verurteilungen. Der Mafialeutnant und seine Gorillas waren wie vom Erdboden verschluckt. Niemand in der russischen Gemeinde redete. Polizei, FBI - alle hatten sie nicht einmal einen ihrer eigenen Leute beschützen können.
Eine Philippina, die gebaut war wie der Briefkasten an der Ecke, kam aus Quints Bungalow und watschelte zur Anlegestelle. Sie furchte die Stirn und legte los.
»Ihr Frühstück ist fertig. Ich mache nicht gutes Essen, damit Sie die Nase rümpfen und es stehen lassen können! Sie kommen jetzt rein und essen!
Und Sie!«, fuhr sie fort und zeigte auf mich wie Uncle Sam auf dem Werbeplakat der Armee, »Sie kommen auch
und essen. Sie sind zu dürr. Was ist los mit Ihnen? Essen Sie nicht?«
Quint verdrehte die Augen. »Simi. Meine Haushälterin.«
»Ich dachte, Sie sagten vorhin, noch hat Sie der Teufel nicht zu fassen gekriegt?«
Er lachte bellend und bekam einen neuen Hustenanfall.
Ich würgte Simis fettige Pampe aus Reis, Zwiebeln, Chilis und scharfen Würstchen hinunter, wenn sie zusah, und gab dem Jack-Russell-Terrier unter dem Tisch eine Handvoll, wenn sie es nicht tat.
»Ich sehe Sie«, bellte sie, während sie mit dem Rücken zu mir am Herd stand. »Wenn Sie dem Hund was geben, kriegt er Blähungen. Wollen Sie bleiben und seine Furze riechen, Missy?«
»Jetzt ist es aber gut«, knurrte Quint. »Müssen Sie nicht in die Kirche?«
»Um für Ihre Seele zu beten!«, schrie sie ihn an.
»Wieso wollen Sie, dass ich in den Himmel komme?«, fragte er. »Sie werden dort nicht sein.«
Ich steckte dem Hund unter dem Tisch noch eine Handvoll zu.
Sie beschimpften sich noch fünf Minuten lautstark, ehe Simi eine rüde Geste machte und zur Tür hinausstürmte.
»Ist sie immer so?«, fragte ich.
»Nein, heute zeigt sie sich von ihrer besten Seite, weil wir Gesellschaft haben«, sagte Quint. Er stellte seinen Teller für den Hund auf den Boden. »Von mir aus darf er furzen. Er schläft in ihrem Zimmer.«
Ich stellte meinen Teller ebenfalls hinunter.
»Also, was führt Sie hierher, Elena?«, fragte er. »Sie sind
ja wohl nicht heute Morgen aufgewacht und dachten, Sie sollten in Ihrer Herzensgüte einem alten Krüppel einen Besuch abstatten.«
»Sie denken so schlecht von mir, Billy.«
Er lachte und hustete. »Wie Sie schon sagten, Sie sind wie ich. Spucken Sie’s aus.«
»Alexi Kulak. Wissen Sie etwas über ihn?«
Er mochte nicht mehr im Dienst sein, aber Leute wie Quint hören nie wirklich auf. Sie halten Augen und Ohren weiter offen. Er hatte einmal mehr über das organisierte russische Verbrechen in Südflorida gewusst als irgendwer sonst. Ich hätte wetten können, er tat es immer noch.
Er verzog das Gesicht. »Wieso? Sie gehen nicht mit ihm aus, oder?«
»Nein. Aber er hat ein Mädchen geliebt, das ich kannte. Sie wurde am Wochenende ermordet.«
»Und Sie wollen wissen, ob ich ihm zutraue, dass er es getan hat? Nach allem, was ich höre, könnte der Kerl einem die Augäpfel herausreißen und sie als Snack verspeisen.«
»Er hat sie nicht getötet«, sagte ich. »Er will wissen, wer es war.«
»Damit er dem Bastard die Eierchen abschneiden und sie ihm in den Rachen stopfen kann?«
»Danach habe
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