Kalymnos – Insel deines Schicksals
abhängt."
Er machte eine Pause, um Julie die Gelegenheit zu geben zu widersprechen. Aber Julie war sprachlos. Also fuhr er fort: „Ich hoffe trotzdem, dass deine Sorge eher dem Mädchen gilt als ihrem Geld."
Das war keine Frage, sondern eine gemeine Unterstellung, die Julie unmöglich auf sich sitzen lassen konnte. Stolz hob sie den Kopf. „Ich bin mit Lavinia seit vielen Jahren eng befreundet", erklärte sie ihrem Gegenüber. „Es würde ihr das Herz brechen, wenn sie von Alastairs Vergangenheit erfahren würde."
„Und ihr Vermögen spielt wirklich keine Rolle?"
„Glauben Sie mir, mir liegt einzig und allein Lavinias Glück am Herzen", antwortete sie traurig.
„Im Gegensatz zu deinem Onkel."
Ohne es zu wollen, nickte Julie zustimmend. Woher mochte dieser Mann das alles nur wissen? Sie selbst hatte doch erst vor wenigen Tagen davon erfahren!
Aber damit nicht genug der Überraschungen, die er bereithielt. „Mit jeder Sekunde wirst du mir sympathischer, Julie. Langsam freue ich mich richtig darauf, dich zu heiraten."
Sein sanfter, fast höflicher Tonfall widersprach zutiefst seinem ernsten und entschlossenen Gesichtsausdruck. Langsam verstand Julie gar nichts mehr - und am wenigsten sich selbst. Denn statt ihm ihre Verachtung ins Gesicht zu schreien, sagte sie sanft: „Irgendetwas verschweigen Sie mir, Mr. Lucian."
Julie hatte tatsächlich das Gefühl, dass er ihr etwas Wesentliches vorenthielt. Aber was mochte das sein? Sie spürte instinktiv, dass alles erst dann einen Sinn ergeben würde, wenn sie eine Antwort auf diese Frage fand. Hatte sich die vermeintliche Wahrsagerin das Ganze vielleicht nur ausgedacht und Doneus nichts damit zu tun? Aber woher sollte er dann die intimen Kenntnisse über die Veitrovers haben? Nein, dass er seine Finger im Spiel hatte, stand außer Frage. Aber was trieb ihn an? War es wirklich nur der Wunsch nach Rache? Und warum hatte er ausgerechnet sie, Julie, als Opfer auserkoren, die damals noch ein Kind gewesen war?
„Die Angelegenheit ist derart verworren, dass ich mir beim besten Willen keinen Reim darauf machen kann. Und am wenigsten darauf, dass Sie mich tatsächlich heiraten wollen,"
„Ich wünsche mir nichts mehr, als dass du meine Frau wirst", erwiderte er emotionslos. Und doch meinte Julie zu beobachten, dass ihn ihre Unsicherheit durchaus berührte, weshalb sie sich ermutigt fühlte, einen erneuten Versuch zu unternehmen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.
„Mr. Lucian, ich bin in der Hoffnung hierher gekommen, wir könnten in aller Ruhe über Ihre Forderung ..."
„Ich fordere nichts anderes, als dein Onkel mir versprochen hat", unterbrach er sie ruhig, aber bestimmt.
„Das Versprechen, das mein Onkel Ihnen damals gegeben hat, ist genauso absurd wie Ihre Forderung." Langsam, aber sicher drohte ihr der Kragen zu platzen. „Machen Sie sich doch nichts vor", sagte sie erregt und sah sich verächtlich in dem armseligen Zimmer um, „fünfhundert Pfund sind für Sie mehr Geld, als Sie durch Ihre Arbeit je verdienen können."
„Bist du dir da so sicher?"
Ohne dass sie hätte sagen können, was genau es war, hatte in seiner Stimme ein Ausdruck der Geringschätzung gelegen, der sie zutiefst verunsicherte. „Sie sind doch Schwammtaucher, Mr. Lucian?"
Doneus blickte sie lange und ausdruckslos an, bevor er endlich antwortete: „In der Tat habe ich diesen Beruf erlernt."
„Dann sollten Sie so vernünftig sein, das Angebot meines Onkels zu akzeptieren."
„Ich denke nicht daran", entgegnete er mit Eiseskälte. Julie begriff sofort, dass sie seinen Stolz verletzt hatte. „Entweder wir heiraten, oder ..."
Er brauchte den Satz nicht zu beenden - Julie verstand auch so, worauf er hinauswollte. Empört erhob sie sich von ihrem Stuhl. „Dann gibt es keinen Grund für mich, länger zu bleiben. Leben Sie wohl." Endlich schien sie ihre alte Selbstsicherheit zurückgewonnen zu haben. Und als Spross eines alten englischen Adelsgeschlechts brauchte sie sich solche Unverschämtheiten wirklich nicht gefallen zu lassen. Aber sosehr sie sich auch bemühte, souverän zu wirken, so sehr war sie innerlich aufgewühlt.
Sollte ihr Kompromissversuch wirklich so kläglich scheitern? Und wäre Doneus tatsächlich im Stande, seine Drohung wahr zu machen?
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Wenn ich richtig informiert bin, findet die Hochzeit heute in einer Woche statt."
Entsetzt blickte Julie zu dem Mann herunter, der ungerührt auf seinem Stuhl saß und
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