Kalymnos – Insel deines Schicksals
Wirklichkeit war.
„Und da wohnen Freunde von dir?"
Doneus schien sich über den ungläubigen Ton ihrer Frage ziemlich zu ärgern. „Hältst du es wirklich für so abwegig, dass einer wie ich mit solch vornehmen Leuten befreundet ist?"
„Sind es auch Amerikaner? Oder Griechen?" fragte sie, um zu überspielen, wie peinlich es ihr war, dass er sie durchschaut hatte.
„Er heißt Michaiis und ist Grieche, aber seine Frau ist Engländerin. "
„Wirklich? Eine Engländerin so ganz in meiner Nähe? Das ist ja wunderbar! Wie heißt sie denn? Warum habe ich sie nicht längst kennen gelernt?"
Als Doneus sah, wie sehr sich Julie über die Aussicht freute, eine Landsmännin zu treffen, verflog sein Ärger im Nu. „Sie heißt Tracy. Michaiis und sie haben sich auf einem Ball im Schloss kennen gelernt. Tracy wollte eigentlich nur zwei Wochen Urlaub auf Kalymnos machen, aber nachdem sie Michaiis kennen gelernt hat, zog sie nichts mehr zurück nach England. Und bislang bist du ihr nicht begegnet, weil sie gerade eine mehrwöchige Reise quer durch Europa gemacht haben."
„Willst du mir ernsthaft weismachen, dass eine Urlauberin zu dem Ball eingeladen war?"
„Der Besitzer von Santa Elena ist mit ihren Eltern befreundet", erklärte er ihr. „Vorhin bin ich Michaiis zufällig begegnet, und als ich ihm von unserer Hochzeit erzählt habe, hat er uns spontan eingeladen."
Immer unwahrscheinlicher wollte Julie das Ganze erscheinen, immer größer schienen ihr die Widersprüche und Ungereimtheiten. Tausend Gedanken gingen ihr gleichzeitig durch den Kopf, aber noch war sie nicht einmal im Stande, eine präzise Frage zu formulieren, geschweige denn eine Antwort. Also stellte sie Doneus die Frage, die ihr als Erstes in den Sinn gekommen war: „Hast du ihnen denn auch erzählt, wie es dazu gekommen ist?"
Er zögerte lange mit seiner Antwort, und Julie spürte, wie sorgfältig er seine Worte wählte. „Nicht in jedem Detail."
„Was heißt das genau?"
„Das heißt, dass ich ihnen nicht alles erzählt habe." Damit schien für ihn das Thema beendet, denn er schob seinen Suppenteller beiseite und widmete sich dem Hauptgang.
Julies Ratlosigkeit war durch Doneus' Antwort nicht geringer geworden. Im Gegenteil, sein Verhalten verstärkte ihren Eindruck, dass er irgendetwas vor ihr verheimlichte. Aber sie war nicht bereit, seine Geheimniskrämerei länger hinzunehmen. „Was verschweigst du mir?" fragte sie herausfordernd.
„Ich verstehe nicht, wovon du sprichst, Julie", erwiderte er und setzte eine Unschuldsmiene auf, als wüsste er wirklich nicht, worauf sie hinauswollte.
„Ich will endlich die Wahrheit wissen!"
„Die Wahrheit, Julie? Welche?" Er spielte weiterhin den Ahnungslosen.
„Zum Beispiel, warum du mich unbedingt heiraten wolltest. Dass dich allein Rache dazu getrieben hat, habe ich dir von Anfang an nicht geglaubt. Und je länger ich dich kenne, umso weniger nehme ich es dir ab. Es passt einfach nicht zu dir. Also muss es einen anderen Grund geben. Und ich finde, es ist an der Zeit, dass ich ihn erfahre."
Nachdenklich legte Doneus das Besteck zur Seite und blickte Julie lange an. „Eines Tages", sagte er schließlich, „eines Tages wirst du alles erfahren, Liebling. Noch ist der richtige Zeitpunkt nicht gekommen."
„Wenigstens gibst du endlich zu, dass du mir etwas verschweigst."
„Es stimmt, dass es das ein oder andere gibt, von dem du bisher nichts weißt", gestand er, und nun wurde auch sein Gesichtsausdruck so sanft wie seine Stimme. „Aber im Moment... Wer weiß, Julie, vielleicht lüftet sich der Schleier eher, als du denkst. Und jetzt würde ich gern das Thema wechseln."
Die Strenge in seiner Stimme ließ Julie einsehen, dass jede weitere Frage sinnlos war.
Also griff sie nach Messer und Gabel, und während des weiteren Essens saßen sie sich schweigend gegenüber, jeder in seinen Gedanken versunken.
Erst als sie wie gewohnt auf der Veranda saßen und Kaffee tranken, hatte Julie sich wieder so weit gefangen, dass sie ein unverfängliches Thema anschneiden konnte -
zumindest hielt sie die Frage, was sie morgen Abend denn anziehen sollte, für ein solches.
Ihr Irrtum wurde ihr im selben Moment bewusst, in dem sie in das Gesicht ihres Ehemannes blickte. Schließlich wusste sie genau, dass Doneus außer seiner Alltagskleidung nur den schlichten dunkelblauen Anzug besaß, den er schon bei Alastairs Hochzeit getragen hatte und der weitaus bessere Zeiten gesehen hatte.
„Vielleicht ziehst du
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