Kalymnos – Insel deines Schicksals
einfach das Baumwollkleid an, das ich so mag", überging er ihre erneute Taktlosigkeit. „Weißt du, welches ich meine? Das rote mit dem Spitzenbesatz am Dekollete."
Dieser Mann war doch immer wieder für eine Überraschung gut! Julie hätte es nicht für möglich gehalten, dass er so genau auf ihre Kleidung achtete. Aber war ihre Freude darüber nicht doch ein wenig übertrieben?
Dieselbe Frage stellte sich ihr wenig später erneut, als sie mit Doneus auf den Klippen am Nordende der Insel stand und versonnen zum mondlosen Abendhimmel emporblickte.
Vom Meer her wehte eine leichte Brise, die ihr durch das Haar strich und die Lippen salzig werden ließ.
Seit sie von zu Hause aufgebrochen waren, hatte keiner von ihnen auch nur ein Wort gesprochen. Jetzt, da die hereinbrechende Nacht jedes noch so kleine Geräusch in dieser unwirtlichen Gegend zu verschlucken schien, wurde Julie die Stille ein wenig unheimlich. Anders konnte sie es sich jedenfalls nicht erklären, dass ihr das Herz bis zum Hals klopfte.
„Bist du schon mal mitgesegelt?" fragte sie Doneus, weil ihr Blick zufällig auf die weiße Segelyacht gefallen war, die in einiger Entfernung ankerte. Die Frage war eigentlich überflüssig, aber sie war unverfänglich genug, um endlich das Schweigen zu brechen.
„Ab und zu", erwiderte er zu ihrer Überraschung.
„Du scheinst ja nicht nur an Land, sondern selbst auf See ihr Mädchen für alles zu sein."
„So kann man es nennen. Warum interessiert dich das denn auf einmal?"
„Ich ... ich konnte nur das Schweigen nicht länger ertragen", gestand sie ihm, und eh sie sich's versah, stand Doneus dicht vor ihr und umfasste zärtlich ihr Gesicht.
„Willst du mir nicht sagen, warum du dich so gegen deine Gefühle wehrst?" fragte er sanft und sah Julie an, als suchte er in ihren Augen nach einer Antwort.
Julie war außer Stande, ihm zu antworten. Nicht zum ersten Mal drohte ihr seine Nähe den Atem zu rauben. So intensiv waren die Gefühle, die er in ihr auslöste, dass sie insgeheim erbebte - nicht zuletzt vor Schreck darüber, wie willenlos die leiseste Berührung sie machte.
„Ich verstehe nicht, worauf du hinaus ...", begann sie unsicher. Aber weiter kam sie nicht, denn Doneus hatte sich zu ihr hinuntergebeugt. Instinktiv wollte sie sich gegen seinen Kuss wehren, doch genauso instinktiv fügte sie sich in die Erkenntnis, dass sie ganz und gar im Banne dieses Mannes stand.
Und jetzt erst konnte Julie den Gedanken zulassen, den Doneus längst von ihren Augen abgelesen hatte: Wie sehr hatte sie sich nach seiner Nähe gesehnt - und wie sehr hatte sie sich selbst etwas vorgemacht, indem sie dieses Gefühl für Mitleid gehalten hatte!
Sein Kuss schien alle Widersprüche zu vereinigen, von denen Julie zerrissen zu werden drohte. Heiß und leidenschaftlich war er, aber doch beherrscht und sanft, fordernd und selbstbewusst, zärtlich und zurückhaltend - eine einzige unwiderstehliche Überredung.
Aber es brauchte keiner Überredung, denn selbst wenn sie es gewollt hätte, wäre Julie gar nicht in der Lage gewesen, auch nur den geringsten Widerstand zu leisten gegen die Erregung, die sich ihrer bemächtigte, als Doneus jetzt seinen Kuss für einen Moment unterbrach, um sich noch fester an sie zu schmiegen.
„Doneus, bitte ...", versuchte sie aus reinem Selbstschutz zu protestieren, denn sie musste fürchten, dass es im nächsten Moment ganz um sie geschehen war. Aber kaum hatte er die Lippen erneut auf ihre gepresst, war der Protest auch schon wieder verstummt. Heiß pulsierte das Blut in Julies Adern, jäh wurde sie mitgerissen von Doneus'
Leidenschaft und seinem wachsenden Verlangen.
„Mein süßes köre, meine Julie", flüsterte Doneus. „Willst du nicht endlich zu deinen Gefühlen stehen? Seit Wochen verraten mir deine Augen, was du dir wirklich wünschst."
Seine Lippen formten sich zu einem Lächeln. „Erinnerst du dich, was ich dir gesagt habe, bevor wir mein Zuhause zum ersten Mal als Ehepaar betreten haben? Dass ich mein Wort halten und dich nicht anrühren werde - es sei denn, du selbst wünschst es dir so, wie ich es mir wünsche."
Er schien auf eine Antwort zu warten, aber Julie war nicht in der Lage zu sprechen.
Längst war sie nicht mehr Herr ihrer Sinne, und die sternenklare Nacht tat das ihre, so dass Julie im Begriff war, auch das letzte bisschen Zurückhaltung abzulegen.
„Findest du nicht, dass es Zeit wird, unsere Hochzeitsnacht nachzuholen? Diese Nacht ist doch wie gemacht
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