Kammerdiener gesucht
heraufbeschwören mußte, fiel ihm sehr schwer, und er wußte, wie besonders Mary darunter leiden würde, diesem Mann wieder gegenüberzustehen. Er konnte es ihr nicht ersparen, er brauchte sie mit ihren Kenntnissen von damals über jedes Wort, das gewechselt wurde, und daß sie es mit angesehen hatte, wie Einar ihn zu dem Abhang hintrieb.
»Achim«, flüsterte Mary jetzt dringlich, »erinnere dich doch an die rätselvollen Worte, die Einar vor sich hin sprach, als er die drei Statuetten fand! Er grinste teuflisch und sagte deutlich: >Hast also nicht gelogen, alter Pitt!< Pitt - so sagt man doch in manchen Gegenden für den Namen Peter. Das muß Zusammenhänge haben!« Beschwörend sah sie die beiden Männer an. Achim wurde durch ihre Worte sehr nachdenklich.
»Gut, Mary, daß dir diese bis heute für uns unverständlichen Worte wieder ins Gedächtnis gekommen sind. Was rätst du, Michel, was hältst du für richtig zu tun? Wir müssen uns doch einen Plan zurechtlegen, denn ganz sicher erwarte ich, daß Einar sehr bald hier auftauchen wird, um seine Drohungen auch mir gegenüber auszusprechen.«
»Die Ruhe bewahren, ihn reden lassen und dann diese eben erwähnten Worte ihm wiederholen, seine Aufklärung dafür fordern, das wäre mein Rat. Ich bitte aber, daß ich dabeisein darf, denn sollte er Drohungen aussprechen, muß dies vor Zeugen geschehen. Es wäre sogar gut, noch einen Zeugen mehr zugegen sein zu lassen. Keinesfalls dürft ihr ohne Zeugen diesem Mann gegenübertreten, dies wäre mein zweiter und sehr dringlicher Rat.«
»Wer sollte das aber sein? Unsere Angestellten wären ungeeignet, da sie auch von dem Vergangenen nicht unterrichtet sind.« Achim war ehrlich besorgt und sah den alten Freund an.
»Nun, wie wäre es mit dieser prächtigen Frau Sörensen, die bestimmt eine gescheite Frau ist?« fragte Michel und mußte ein Lächeln unterdrücken, als er an seine neue Freundin dachte.
»Ein guter Einfall, Michel. Überlegen wir, ob und inwieweit wir Frau Sörensen vorher einweihen.«
»Das überlasse mir. Ich stehe mich mit Frau Sörensen, nachdem wir uns gründlich gezankt haben, ausgezeichnet. Dir, Mary, aber sage ich, daß du vorerst keinesfalls allein das Haus und Grundstück verlassen darfst, weder zu Pferd noch zu Fuß. Das mußt du uns versprechen.« Michel strich Mary sanft über das Haar, und Achim hielt ihre kalten Hände in den seinen. Sie hob das verweinte Gesicht und schaute die beiden traurig an.
»Glaubt mir, ich fürchte mich entsetzlich, Einar wieder zu begegnen, und gehe keinen Schritt weiter, als ihr mich sehen könnt. Gut, daß Kuno da ist, der kann die beiden Pferde bewegen. Am liebsten möchte ich mich in ein Zimmer einschließen und nichts sehen und hören.«
»Willst du dich von diesem Halunken verängstigen lassen, meine tapfere, gescheite Mary? Ich kenne dich ja gar nicht wieder. O nein, so haben wir nicht gewettet! Kopf hoch, geradeaus geschaut, ruhig und klar gegenüber allem, was auf uns zukommt. Sonst würde Einar Thorsen erreichen, was er plant, nämlich uns ins Unrecht setzen und uns mit Unwahrheiten drohen.« Achim hatte sich erhoben, nahm Mary an sein Herz und strich ihr tröstend über die blassen Wangen. »Nun, dann wollen wir einmal unsere Festung gegen den Ansturm des Feindes verbarrikadieren.« Er nickte Michel zu und ging langsam mit Mary in die Halle.
Kuno fand seine Schwester bei Tante Schirin in deren Zimmer. Die beiden spürten, daß etwas Ungewöhnliches drüben im Schloß vor sich ging, und sahen ihm aufgeregt entgegen.
Kuno berichtete, was er über den geheimnisvollen Fremden im Dorfgasthaus gehört habe, und daß er dies alles Herrn Professor erklärt habe. »Aber da stimmt irgend etwas nicht. Mary Bergemann war so aufgeregt und entsetzt, als habe sie den leibhaftigen Teufel gesehen. Und auch der Professor kam mir nervös vor. Als er mir mal von seiner letzten Reise erzählte, nannte er auch den Namen Einar Thorsen.« Interessiert hörten ihm die zwei Frauen zu, was er von Achims Erzählung wiedergab, und Schirin schüttelte den gescheiten Kopf.
»Klar, daß da was nicht stimmt. Aber bei den Bergemanns, da stimmt es, also stimmt es bei dem Schweden nicht. Was meinst du, Gertraude?«
»Ich denke genau wie du, Tante. Aber leider dürfen wir nicht vergessen, als was wir jetzt hier sind.« Gertraude war sehr ernst geworden. Es bekümmerte sie, daß Achim Bergemann in Sorge sein mußte, gerade nachdem er vor wenigen Stunden noch so heiter und beschwingt
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