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Kammerflimmern

Kammerflimmern

Titel: Kammerflimmern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Even Anne; Holt Holt
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knapp über zehn Prozent.«
    »Du vergisst die Tage, an denen die Börse geschlossen ist.«
    »Ja, ja, ja ...«
    Morten machte eine abwehrende Handbewegung. »Auf jeden Fall ist es eine fabelhafte Zahl. Mercury Medical ist nicht nur eines der weltgrößten Unternehmen. Es ist noch dazu durch und durch solide. Es gibt kaum noch andere, die sich so gut gehalten haben. Bei Mercury kann man einfach kein Geld verlieren. Und alle glauben, dass das so weitergehen wird.«
    Begeistert breitete er die Arme aus.
    »Wenn du meinst«, sagte Sverre. »Ich hoffe, du hast recht. Ich hoffe ja so sehr, du hast recht.«
    Und in einem Moment des Missmuts und der Reue darüber, dass er sich auf diese Sache eingelassen hatte, leerte er sein Glas zum zweiten Mal.

Montag, 4. März 2002
7.37 a.m.
Mercury Medical Zentrale, Manhattan, NYC
     
    Die Hand des Wachmanns auf David Crows Schulter war von einer besonderen Schwere. Das hier war kein freundschaftlicher Klaps, keine Geste des Wiedererkennens oder einfach nur ein Gruß. Der Griff war überaus energisch. Ein Befehl, erteilt mit einer Autorität, bei der David Crow den Kopf einzog.
    Er wusste nicht, welcher der sonst so kumpelhaften Männer in der dunkelblauen Uniform jetzt hinter ihm stand.
    Er war erwischt worden, und ihm war sofort klar, dass diese Nutte Holly geklatscht hatte. Das meiste von dem, was sie behaupten würde, könnte er einfach abstreiten. Aussage würde gegen Aussage stehen, und er war für Mercury Medical wichtiger als sie.
    Schlimmer war die Sache mit dem Kokain.
    Denn er hatte schon zwei Verwarnungen wegstecken müssen. Dort, wo er jetzt stand, vor der Sicherheitsschleuse in dem Wolkenkratzer mit den Geschäftsräumen von Mercury Medical, verschwand jegliches Geräusch. Niemand kam und ging. Er war allein mit einer schweren Hand auf der Schulter, und alles war zu Ende.
    Genau wie am Tag seines elften Geburtstags.
    Er wollte nie mehr an seinen elften Geburtstag denken, aber als er nun hier stand, mit einer störenden Hand auf der Schulter, drängte der elfte Geburtstag sich auf.
    Sein Vater hatte das erste Fest organisiert, das der Junge seit vielen Jahren haben würde. Verlegen, aber stolz hatte David Einladungen verteilt. Fünfzehn Jungen hatten die Karte mit Batman auf der Vorderseite und Zeit, Ort und Grund in eleganter Schrift auf der Rückseite erhalten. Nur vier kamen, aber vier Freunde waren trotzdem viel mehr als keiner, und der Vater machte gute Miene zum bösen Spiel. Er hatte Kuchen gekauft, richtigen Kuchen, mit so knallweißem Guss, dass man fast eine Sonnenbrille brauchte. Das Haus war sauber. Auf dem Kuchen brannten Kerzen. Über der Küchentür hing in funkelnden Papierbuchstaben HAPPY BIRTHDAY!. David war glücklich und gespannt und öffnete die Geschenke so langsam, dass die anderen ungeduldig wurden und mit Papierkugeln warfen.
    Mama hatte versprochen, im Bett zu bleiben.
    Sie würde es sowieso nicht schaffen herunterzukommen, sie brauchte sogar Hilfe, um auf den Nachtstuhl zu gelangen, und der stand immerhin im Schlafzimmer. Natürlich würde sie nicht kommen.
    Sie kam.
    Sie fiel.
    Als die Kerzen auf dem Kuchen ausgeblasen werden sollten, ließ ein donnerndes Geräusch David aufschauen. Er hatte eben tief Atem geholt, um mit aller Kraft loszupusten und alle elf Kerzen auf einmal zu löschen.
    Mama stürzte.
    Was sie wog, wusste niemand mehr. Papa tippte auf 470 Pfund. Es gab im Haus keine Waage, die solche Werte anzeigte, und es spielte auch keine Rolle. Sie war die ganze Treppe hinuntergefallen, ein teigiges Ungeheuer, das nicht einmal von dem engen Geländer aufgehalten wurde, als es erst einmal Tempo gewonnen hatte. Jetzt lag sie auf dem Boden im Erdgeschoss, einen riesigen Oberschenkel in seltsamem Winkel unter sich, während ihr Gesicht zur Decke starrte.
    Die Jungen lachten.
    Ein leises Gackern zuerst. Ein verbotenes Kichern, schrilles Knabenlachen, angespannt und verängstigt, während David und der Vater zur Mutter rannten.
    Sie lag so still da.
    Ein Speckberg.
    Ihre Haare waren wie mit schmutzigen Wachsfarben auf den Kopf gemalt. Die Brüste, die riesigen Brüste, lagen wie Badebälle über den Armen. Wie sie so dalag, auf dem Rücken, das eine Bein unter sich, sah sie wie amputiert aus. Als hätte der Arzt recht mit der Behauptung, ihre Arme und Beine würden nach und nach absterben. Nur Mamas Gesicht war schön. Sogar jetzt, mit dem sabbernden halb offenen Mund. Ihr kleines Gesicht war so reizend mit den feinen Zügen, in die David

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