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Kampf für Freiheit

Kampf für Freiheit

Titel: Kampf für Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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Sklavenverkäufers. Marcus schauderte, als sie an der Bühne vorüberfuhren, auf der er am Vortag gestanden hatte. Einen Augenblick lang durchlebte er noch einmal die Schrecken, die er bei dem Gedanken verspürt hatte, von seiner Mutter getrennt zu werden. Heute war der Marktplatz leer, bis auf eine Handvoll Bettler, die unter den Arkaden der Säulenhalle schliefen.
    Als sie durch das Stadttor und dann auf eine breite, mit kleinen Häusern bestandene Straße fuhren, spürte Marcus, wie ihm seine Mutter einen Stoß gab.
    »Wir müssen fliehen«, flüsterte sie ihm zu und warf einen nervösen Blick auf den Kutscher. »Wir müssen irgendwie hier herauskommen.«
    »Wie sollen wir das schaffen?«
    Seine Mutter lächelte leise. »Es gibt eine schwache Stelle.« Sie machte eine Kopfbewegung zum Fahrer hin. Marcus schaute auf die breiten Schultern des Mannes, der ein wenig nach vorn gebeugt auf dem Kutschbock saß, die Zügel hielt und ab und zu mit der Zunge schnalzte, um die Maultiere auf Trab zu halten.
    »Er?« Marcus zog überrascht die Augenbrauen in die Höhe. »Der ist zu groß für uns. Wir sind nicht stark genug.«
    »Es gibt eine Möglichkeit, Marcus, aber du musst genau das machen, was ich dir sage.«

Schon bald hatte der Karren das ausgedehnte Elendsviertel hinter sich gelassen, das die Stadt umgab, und sie erreichten das freie Land. Stratos lag an einem Fluss, der wenige Meilen später ins Ionische Meer mündete. Zu beiden Seiten des träge dahinfließenden Stroms erstreckten sich Weizenfelder bis zu den Hängen der bewaldeten Berge, die steil aus der Ebene aufragten. Schon bald quälte sich das Gespann einen schmalen, im Zickzack verlaufenden Weg hinauf, den man in einen Berghang geschlagen hatte. Die hohen Kiefern zu beiden Seiten spendeten angenehmen Schatten und die warme Luft war vom Aroma der Bäume erfüllt. Der Waldboden war dicht mit weichen, braunen Kiefernnadeln bedeckt und ab und zu war darin ein Büschel Farn oder ein Felsbrocken auszumachen. Weit und breit war sonst niemand zu sehen und sie waren bisher auch niemandem begegnet. Aber Marcus und seine Mutter waren keineswegs entspannt.
    »Hier, das ist eine gute Stelle«, murmelte Livia. »Ich werde vorgeben, schwer krank zu sein. Ich versuche mein Möglichstes, um glaubhaft zu wirken. Aber du musst auch deine Rolle spielen. Du musst ihn davon überzeugen, dass du wirklich meinst, ich würde sterben. Kannst du das?«
    Marcus nickte. »Ich tue mein Bestes.«
    »Dann wollen wir hoffen, dass dein Bestes gut genug ist.« Sie lächelte ihn aufmunternd an. »Er wird anhalten und kommen, um sich die Sache näher anzusehen. Du musst ihn überreden, dass er den Käfig aufschließt. Ich habe gesehen, wie er das gemacht hat, als wir in Stratos ankamen. Ich glaube nicht, dass seine Augen besonders gut sind. Er hat sich vorgelehnt, um besser zu sehen, als er den Schlüssel ins Schloss steckte. Und genau in diesem Augenblick müssen wir zuschlagen. Wenn ich ›jetzt‹ sage, dann treten wir die Käfigtür auf, ihm mitten ins Gesicht, so fest wir nur können. Wenn wir ihn so überrumpeln, können wir aus dem Käfig fliehen, ehe er sich wieder erholt hat.«
    »Und was dann, Mutter?«
    »Dann rennen wir wie der Wind.«
    »Nein, ich meine, wo gehen wir dann hin?«
    Sie runzelte kurz die Stirn. »Darüber denken wir später nach. Das Beste wird sein, Pompeius zu suchen. Wenn jemand uns Gerechtigkeit verschaffen und Decimus bestrafen kann, dann ist es Pompeius. Er besitzt große Macht und außerdem steht er in Titus’ Schuld.«
    »Wieso?«, fragte Marcus.
    »Titus hat dem General in der letzten Schlacht gegen Spartakus das Leben gerettet. Pompeius muss diese Schuld zurückzahlen.« Livia rutschte ein wenig von der Seitenwand des Käfigs fort und ließ sich auf das schmutzige Stroh am Boden sinken. »Bist du bereit?«
    Marcus nickte, war sich aber gar nicht sicher. Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Er sah, wie seine Mutter Spucke sammelte und sie dann in einem klebrigen, schaumigen Rinnsal aus dem Mund laufen ließ. Sie rollte sich zusammen und presste sich die Hände in den Bauch. Sie zwinkerte Marcus zu, verdrehte dann die Augen und fing an, zu zittern und leise zu stöhnen. Die Wirkung war verstörend, und obwohl Marcus wusste, dass sie es nur spielte, machte er sich plötzlich wirklich Sorgen um sie. Er packte sie bei der Schulter und rief in ängstlichem Ton: »Mutter? Mutter?« Dann ließ er seine Stimme zu einem angsterfüllten Schrei anschwellen:

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