Kampf für Freiheit
herausgefunden, dass es nach Brundisium segeln würde. Das war ein geschäftiger Hafenort, genau gegenüber der Küste von Graecia, ideal gelegen für Marcus’ Zwecke.
Während er langsam vorbeischlenderte, konnte er sehen, dass die meisten Matrosen unter einer Plane lagen, die man über dem Achterdeck aufgespannt hatte, wo der Schaft des Steuerruders über die Schiffswand herunterhing. Nur ein Mann hielt sich am Bug des Schiffes auf. Er lag da, einen Weinschlauch an die Brust gepresst, und schnarchte laut. Die Ladeluke stand offen, gleich neben dem Landungssteg. Marcus blickte sich rasch um, um sicher zu sein, dass ihn niemand beobachtete, ging dann zum Landungssteg zurück und lief ihn mit sicheren Schritten hinauf, sodass es aussehen würde, als gehörte er zur Mannschaft und kehrte an Bord zurück, falls ihn jemand vom Kai aus beobachtete. Als er die Lücke in der Bordwand erreichte, kauerte er sich nieder und schlich an Deck. Er blieb kurz stehen und sah sich um. Der Betrunkene schlief immer noch und schnarchte so laut, dass Marcus hätte schwören können, dass er es durch die Planken unter seinen nackten Füßen fühlte. Als er in die andere Richtung schaute, sah er, dass sich dort unter der Plane ebenfalls niemand regte.
»So weit, so gut«, murmelte er leise. Die Leiste, die rings um die Ladeluke genagelt war, befand sich weniger als sechs Fuß von ihm entfernt. Sehr vorsichtig näherte er sich ihr auf allen vieren. Die Deckplanken waren so heiß, dass er bei jeder Bewegung zusammenzuckte. Als er die Luke erreicht hatte, spähte er über den Rand in den Laderaum hinunter. Die Ladung schien hauptsächlich aus Stoffballen zu bestehen, die man im hinteren Teil des Raumes sorgsam aufgestapelt hatte. Vorne hatte man Planken aus dunklem, beinahe schwarzem Holz aufgeschichtet. Es war nur noch wenig Platz frei, und Marcus wurde klar, dass die Morgenwind den Ladevorgang bald abgeschlossen haben und dann die Segel setzen würde. Hervorragend , dachte er.
Er ließ sich langsam durch die Luke hinunter und fiel mit einem leisen Plumps auf einen großen Ballen aus Wolltuch. Dort blieb er einen Augenblick liegen und horchte auf Anzeichen, ob man ihn entdeckt hatte. Dann kletterte er über die Ballen zum hinteren Teil des Laderaums. Er suchte sich ein Eckchen aus, das recht weit oben lag, etwa auf der Mitte der Schiffsbreite. Dort lockerte er vorsichtig einen der Ballen. Er konnte mit Mühe das Gewicht halten, zog den Ballen heraus und ließ ihn auf die anderen rutschen, die näher bei der Ladeluke lagen. Dann kletterte er in die Lücke, die so entstanden war, zog einen weiteren Ballen vor und drehte ihn dann in Längsrichtung um. So verdeckte er den Hohlraum, den er für sich frei gemacht hatte. Auf der einen Seite war eine kleine Lücke, gerade groß genug, dass Marcus sich hindurchzwängen konnte, und von der anderen Seite aus konnte er in den Laderaum hinaussehen. Sobald das Abdeckgitter der Ladeluke an Ort und Stelle war, würde er auf seiner Seereise etwas Licht und Luft bekommen.
Es war heiß im Lagerraum, und während er dalag und wartete, dass der Segler weiter beladen würde, spürte Marcus, wie ihm der Schweiß am ganzen Körper ausbrach. Schon bald verspürte er großen Durst, widerstand aber der Versuchung, einen Schluck aus seinem Wasserschlauch zu nehmen. Er musste sich alles sehr gut einteilen. Wenn ihm das Wasser ausging oder er zu großen Hunger bekam oder sein Versteck allzu unbequem wurde, dann müsste er sich der Mannschaft stellen. Dann bliebe ihm nur die Hoffnung, dass die Leute ihn nicht nach Graecia zurückschicken oder, was noch schlimmer wäre, an Decimus ausliefern würden, sobald sie herausgefunden hatten, wer er war.
Nach beinahe einer Stunde, soweit Marcus die Zeit erahnen konnte, hörte er das Dröhnen von Schritten auf Deck. Die Mannschaft rappelte sich wieder auf und ging daran, ihre Pflichten zu erledigen.
»Zurück an die Arbeit!«, brüllte der Kapitän. »Und ihr da! Ihr Träger, bringt den Rest der Ladung an Bord! Das Schiff muss noch vor der Abenddämmerung ablegen. Beeilt euch!«
Kurz darauf konnte Marcus durch die enge Spalte, die er gelassen hatte, sehen, wie zwei Matrosen in den Laderaum kletterten und dort die letzten Stoffballen an Ort und Stelle brachten. Über sich hörte er das stetige Dröhnen von Füßen auf dem Deck. Nun wurden noch ein paar Holzkisten mit großen Amphoren in den Laderaum heruntergelassen, dann war die Ladung komplett und die Männer kletterten
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