Kampf für Freiheit
ihn. Eine kleine Schnittwunde hier und da, dann blutet er vielleicht genug und wird so langsam, dass du ihn töten kannst.«
Bei diesen Worten lief Marcus ein kalter Schauer über den Rücken. Obwohl er Ferax von ganzem Herzen hasste, war er sich nicht sicher, ob er es über sich bringen würde, den Kelten zu töten, wenn es so weit war. Er räusperte sich und sagte: »Ich habe von einigen Veteranen gehört, dass ein Gladiator, wenn er gut gekämpft hat, manchmal vom Publikum verschont wird, selbst wenn er den Kampf verloren hat.«
»Wohl kaum«, schnaubte Amatus. »Nicht von den Leuten, vor denen ihr kämpfen werdet.«
Marcus runzelte die Stirn. »Warum?«
»Sie haben für acht von Porcinos besten Leuten, für einige seiner Tiere und für euch zwei Jungen ein kleines Vermögen bezahlt. Da könnt ihr sicher sein, dass sie etwas für ihr Geld bekommen wollen. Das ist nicht das Gleiche wie in einer öffentlichen Arena. Da ist die Menge zufrieden, wenn ein Mann einen anständigen Kampf geliefert hat, ehe er besiegt wurde. Aber die haben auch nicht für die Gladiatoren bezahlt. Bei den Aristokraten liegt die Sache anders. Die müssen ein Vermögen berappen und sind nicht glücklich, ehe nicht Blut geflossen ist. Und wenn sie für einen Kampf auf Leben und Tod bezahlt haben, dann wollen sie den auch sehen.« Amatus beugte sich vor und stupste Marcus an die Schulter. »Also, wenn du mit Ferax in die Arena gehst, dann kommt nur einer von euch lebendig wieder heraus. Merk dir das gut. Klar?«
Marcus nickte.
»Dann auf die Beine. Wir haben noch zu tun.«
In der Nacht vor dem Kampf konnte Marcus kein Auge zutun. Er saß an die kalte Wand gelehnt in seiner Zelle. Gelegentlich hörte er aus den anderen Zellen ein Geräusch, wenn sich ein Mann auf seinem Strohsack herumwälzte oder im Schlaf etwas vor sich hin murmelte. Einmal konnte er Weinen und ein dünnes, winselndes Jammern vernehmen, ehe ein Wachmann zu der Zelle ging und den Mann anbrüllte, er solle ruhig sein. Noch nie hatte sich Marcus so einsam gefühlt und solche Angst gehabt, trotz allem, was er erlitten hatte, seit man ihm und seiner Mutter ihr glückliches Leben geraubt hatte. Er bemühte sich, diese Gedanken aus seinem Kopf zu verbannen und sich nur auf den bevorstehenden Kampf zu konzentrieren. Amatus hatte recht – sein Gegner würde versuchen, ihn zu überrennen und seine größere Masse einzusetzen, um ihn mit Wucht zu besiegen.
Er musste all seine Schlauheit darauf richten und bereit sein, Ferax’ Angriffen auszuweichen. Doch er konnte es sich auch nicht leisten, so nah an seinen Gegner heranzukommen, dass er selbst einen mörderischen Hieb landen könnte. Nach einiger Zeit stellte Marcus fest, dass er über Ferax nachgrübelte. Was dachte der Kelte wohl gerade? Lag er ebenfalls wach und plante seinen Kampf? Quälte auch ihn die Furcht und raubte ihm den Schlaf?
Das erste blasse Morgenlicht fiel durch das vergitterte Fenster hoch oben in der Wand und warf seine schwachen Strahlen auf den Zellenboden. Allmählich zeichneten sich die Schatten der Gitterstäbe schärfer ab und es wurde heller im Raum. Marcus stand von seinem Lager auf, reckte sich und versuchte, die steifen Gliedmaßen zu bewegen.
Er war müde. Aber er wusste, dass er nach den vielen Monaten harten Trainings und mit den Ratschlägen, die ihm Amatus in den vergangenen Tagen gegeben hatte, nun nicht mehr das kleine, unschuldige Kind war, das auf dem Bauernhof seines Vaters durch die Olivenhaine gerannt war. Er war jetzt ein Kämpfer. Heute würden seine Fertigkeiten auf eine harte Probe gestellt werden. Wenn er getötet wurde, dann war alles verloren. Seine Mutter würde einsam und vergessen sterben. Nur wenn er gewann, gab es Hoffnung für sie beide.
Mit einem metallischen Geräusch ging die Tür am Ende des Ganges auf. Man hörte schlurfende Schritte, als eine Zelle nach der anderen aufgesperrt und wieder geschlossen wurde. Wenig später quietschte der Riegel an Marcus’ Tür und sie ging auf. Ein Wachmann kam mit einer Schale Haferbrei und einem Krug Wasser herein. Er stellte beides neben Marcus’ Bett und sagte nach einer kleinen Pause: »Iss das besser.« Er lächelte freundlich. »Heute brauchst du all deine Kraft.«
Marcus streckte zögernd die Hand nach der Schale aus. »Danke.«
Nachdem der Wachmann die Zelle verlassen und den Riegel vorgeschoben hatte, schaute Marcus auf die dicke graue Masse auf seinem Teller, nahm dann seinen Löffel und zwang sich zu essen. Der
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