Kampf für Freiheit
Zuschauer einen guten Blick auf das sandbedeckte Oval hatten. In den Tagen vor der Ankunft der Gäste strichen Porcinos Sklaven das Holz frisch an und spannten ein Vordach aus Ziegenhaut darüber auf, das Schutz vor Regen gewähren sollte. Vorsichtig wurden die besten Liegen aus Porcinos Villa zur Tribüne hinübergetragen und in einem weiten Bogen so aufgestellt, dass man gut auf den Sand sehen konnte. Dann wurden sie mit edlen Decken und Kissen ausgestattet und niedrige Esstische wurden davor aufgestellt. Feuerschalen sollten die Gäste warm halten.
Jeden Morgen, wenn man ihn zum Training für die große Veranstaltung in die Arena geleitete, konnte Marcus diese Aktivitäten beobachten. Sobald Porcinos Besucher die Summe für den Kampf der beiden Jungen bezahlt hatte, wurden sie von den anderen Sklaven abgesondert und in einem kleinen Block mit Einzelzellen untergebracht, der hinter den Quartieren der Wachleute lag. Diese Zellen waren für diejenigen reserviert, die auf einen Kampf vorbereitet wurden. Ihr Essen wurde sorgfältig zusammengestellt, sodass es ihre Kraft aufbaute: eine dicke Brühe mit viel Fleisch, gekochte Eier, Räucherwurst mit viel Knoblauch und gewässerter Wein. Es waren lauter gute Sachen, aber Marcus hatte nur wenig Appetit und musste sich zum Essen zwingen. Mechanisch kaute er auf jedem Bissen herum, ohne den feinen Geschmack zu genießen. Mit jedem weiteren Tag wuchs die Furcht, die all seine Gedanken beherrschte.
Die Männer und Jungen, die man zur Unterhaltung der Römer ausgewählt hatte, wurden, außer zum Training, von den anderen Gladiatoren getrennt. In ihren Zellen war das Sprechen verboten, denn jeder Kämpfer sollte sich auch geistig auf den Kampf vorbereiten, seine früheren Gefährten vergessen und alle seine Gedanken darauf konzentrieren, dass er gewinnen und überleben musste. Jeden Morgen weckte Amatus Marcus und führte ihn von seiner Zelle in die Arena. Dort übte er mit ihm, wie man die Waffen einsetzt, die er im Kampf gegen Ferax benutzen sollte. Porcinos Kunde hatte entschieden, dass sie mit Kurzschwertern und kleinen sogenannten Faustschilden kämpfen würden. Zum Schutz ihres Körpers würden sie einen mit Nieten beschlagenen Brust- und Rückenpanzer aus Leder tragen. Marcus fand die Rüstung schwer und unbequem, und er brauchte eine Weile, um sich daran zu gewöhnen. Amatus ließ Marcus vor allem mit dem Schwert üben und brachte ihm eine ganze Reihe neuer Techniken für Angriff und Verteidigung bei.
Ein anderer Ausbilder bereitete Ferax auf den Kampf vor und arbeitete auf dem Übungsgelände mit ihm. Mittags wechselten sich die beiden Paare ab. Nun legte Marcus Schwert und Schild beiseite und musste Runden um das Gelände laufen und dazwischen immer wieder stehen bleiben und Gewichte heben. Danach übte Amatus mit ihm Wendigkeit, ließ ihn sich ducken und springen, während er mit einem langen Stock auf die Arme, den Kopf oder die Beine des Jungen zielte. Marcus musste hellwach sein, um den Hieben zu entgehen. Manchmal war er jedoch nicht schnell genug und zuckte zusammen, wenn ihn einer der brennenden Schläge traf.
»Wenn das in der Arena passiert, bist du tot«, warnte ihn Amatus.
Marcus nickte und machte sich rasch wieder bereit, sodass sein Ausbilder erneut anfangen konnte. Er konzentrierte sich noch mehr, um den nächsten Hieben auszuweichen.
Wenn Amatus mit dieser Übung fertig war, gestand er Marcus eine kleine Pause zu, ehe der wieder die Waffen aufnehmen und an den Übungspfosten weitermachen und seine Schwertstreiche trainieren musste. Danach saß Marcus erschöpft auf dem Boden, hielt müde die Knie umfangen, schaute zu seinem Trainer auf und fragte: »Meint Ihr, dass ich Ferax besiegen kann?«
Amatus starrte ihn einen Augenblick an und antwortete dann: »Eigentlich spricht alles gegen dich, junger Marcus. Dein Gegner ist größer und stärker als du. Wenn er sein Gewicht ins Spiel bringen und dich umstoßen kann, dann bist du ihm auf Gedeih und Verderb ausgesetzt.« Er legte eine Pause ein, kratzte sich am Kinn und fuhr in freundlicherem Ton fort: »Aber es gibt immer eine Möglichkeit, ganz gleich wie gering deine Chancen sein mögen. Ich habe schon Kämpfe gesehen, bei denen die Gegner noch ungleicher waren und die ein sehr überraschendes Ende genommen haben. Du darfst ihn nicht zu nah an dich herankommen lassen. Gehe jedem direkten Kontakt aus dem Weg und lass nicht zu, dass er seine Größe gegen dich ausspielt. Du bist klein und flink. Ermüde
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