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Kanaken-Gandhi

Kanaken-Gandhi

Titel: Kanaken-Gandhi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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gehen soll? »
    In diesem Moment wird mit großem Radau die Tür wieder aufgeschlossen. Rudolf und der Schnurrbart kommen herein.
    »Na, bist du mittlerweile etwas vernünftiger geworden? Oder willst du da oben noch länger baumeln?« ruft Rudolf.
    »Lass mich bitte runter! Ich unterschreibe alles!« Rudolf löst die lange Kette aus der Halterung, und ich klatsche wie ein dicker Pfannkuchen auf den Betonhoden.
    »Na also, warum denn nicht gleich so! Hier ist der Kugelschreiber, unterschreibe endlich, dass du freiwillig abhaust!«
    Kaum spüre ich Boden unter meinen Füßen, gewinnt wieder der vorlaute Osi die Oberhand: »Nein! Sie wissen genau, dass sich ganz viele Initiativen und Leute für mich einsetzen. Sie können sich ganz sicher sein, dass ich Sie anzeigen werde.«
    Total wütend packt mich Rudolf an den gefühllosen Armen:
    »Jetzt habe ich die Schnauze voll! Komm mit, du verdammter Kaffer! Das wollen wir doch mal sehen!«
    Mit Hilfe des Schlagstocks, der auf meiner Schulter und auf meinem Hinterkopf landet, kriegt er mich schnell wieder hoch.
    Der Schnurrbart streift mir eine dicke Plastiktüte über den Kopf, und dann schubsen sie mich aus der Zelle. Mit Fußtritten und Schlagstock treiben sie mich auf der Treppe mehrere Stockwerke nach oben.
    »Du hast es nicht anders gewollt! Du zwingst mich ja förmlich dazu, du Miststück«, beschimpft mich Rudolf, während er mich eine weitere Etage raufschubst. Wegen der schwarzen Plastiktüte kann ich nichts sehen und falle ständig hin. Aber wegen der Handschellen auf meinem Rücken kann ich mich nicht abstützen und lande jedes Mal auf der Nase.
    »Was habt ihr vor? Was macht ihr mit mir?« schreie ich voller Panik.
    »Halts Maul, du hast es nicht anders gewollt, du Kaffer!«
    schimpft er weiter.
    »Bitte, meine Herren Polizisten, bitte hören Sie auf! Bisher habe ich nur zwei Zähne verloren. Das ist nicht weiter schlimm.
    Aber bedenken Sie, langfristig leiden die Folterer mehr unter dem Geschehen als die Gefolterten. Sie können mir wirklich glauben, ich komme aus einem klassischen Folterland, ic h weiß, wovon ich rede. Außerdem will Foltern gelernt sein. Dafür braucht man eine richtige Ausbildung, mit Diplom und so. Sie wissen doch gar nicht, was Sie tun! Das ist doch kein Kinderspiel! Ich könnte dabei draufgehen, weil Sie nicht wissen, wie man es richtig macht. Letzte Woche durften Sie vermutlich noch Strafzettel ausfüllen, und heute wollen Sie Profi-Folterer sein? Das kann doch überhaupt nicht gut gehen. Wissen Ihre Vorgesetzten das überhaupt? Sie haben mir doch jetzt genug Angst eingejagt. Jetzt können wir doch mit dem ganzen Quatsch aufhören. Ich verspreche Ihnen, ich werde garantiert niemandem ein Sterbenswörtchen davon erzählen. Nehmen Sie doch wenigstens die Plastiktüte ab, ich kann kaum noch atmen. Ich weiß doch, im Grunde sind Sie keine schlechten Menschen«, versuche ich die beiden Verrückten zu beruhigen. »Bitte, meine Herren Polizisten, Sie wollten mich bestimmt nur ein bisschen einschüchtern, und das haben Sie auch ganz prima geschafft.
    Was ist denn, wenn ich dabei aus Versehen abkratze? Das ist ganz schlecht für Ihre Karriere. Das macht sich nicht gut in der Personalakte. Sie müssen zahllose Protokolle ausfüllen.
    Sensationsgeile Reporter werden Ihnen tausend unangenehme Fragen stellen. Ganz Deutschland wird Sie als Mörder brandmarken. Das Ganze hat doch keinen Sinn! Hören Sie doch auf, ich unterschreibe alles! Der Wahnsinn muss doch ein Ende haben!«
    Mit keinem Wort gehen die beiden auf meine lange Ansprache ein. Sie schubsen mich weiter unendliche Treppen hinauf. Ich bin mir nicht mal sicher, ob sie überhaupt ein Wort verstanden haben, wegen der Plastiktüte über meinem Kopf.
    Der gute Osi hat sich schon längst wieder aus dem Staub gemacht. Der andere ist durch die neue Situation auch völlig sprachlos! Resigniert auch er? Ich nehme es ihm jedenfalls nicht übel, nach all dem, was mir heute passiert ist. Es ist kaum zu leugnen, aber auch dem starken und furchtlosen Osi hat man das Rückgrat gebrochen.
    »Komm, du Klugscheißer, sag doch was«, schimpfe ich mit ihm, »sonst findest du doch auch immer eine idiotische Antwort auf alles!«

    Mein Herz rast vor Angst, wie beim Tablettentesten. Mein Kopfverband hat sich unter der Plastiktüte längst aufgelöst. Und mein frisch angenähtes Ohr habe ich vermutlich zwei Etagen tiefer im Treppenhaus verloren.
    »Bitte, bitte, nehmen Sie mir doch wenigstens die Plastiktüte vom

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