Kanaken-Gandhi
verbessern sich ja bemerkenswert.« Bei dem nächsten Schlag kippe ich mit dem Stuhl um. Langsam bekomme ich gewisse Zweifel, ob es für mich in dieser Situation wirklich gut ist, dass der respektlose und zynische Osi in mir die Oberhand gewonnen hat.
Aber als meine Stirn auf dem Betonboden aufschlägt, werde ich noch wütender. Ohne den Kopfverband wäre mein Schädel garantiert zerplatzt.
»Schlag doch weiter! Weiter! Mehr! Schlag zu!« schreie ich.
»Du Rudolf, ich glaube das ist ein Masochist!«
»Das ist mir völlig scheißegal! Diese kleine indische Ratte mache ich fertig!« Rudolfs Tritt mit seinem rechten Stiefel in meinen Magen setzt bei mir ungeahnte Kräfte und Talente frei.
Ich brülle lauter und stärker als Placido Domingo, Luciano Pavarotti, Jose Carreras und die Sirene von Halle 4 zusammen:
»Auuaaaa, ihr Mistschweine!«
»Du indischer Kaffer, wirst du jetzt aus Deutschland abziehen, ohne Zicken zu machen? Oder ich breche dir jeden deiner Knochen einzeln.«
»Ich gehe nirgendwohin! Ich beschwere mich bei amnesty international über euch!«
»Das ist mir egal, in Indien kannst du dich beschweren, wo du willst. Du brauchst hier nur deine Aussage zu unterschreiben und schon bist du alle Sorgen los!« Dabei hält mir der Schläger ein Blatt Papier vor die Nase. »Du gibst hiermit zu, dass du in Deutschland illegal als Krimineller lebst, da dein Asylantrag abgelehnt wurde. Außerdem erklärst du dich bereit, das Land sofort freiwillig zu verlassen. Du brauchst die Aussage nur noch zu unterschreiben.«
»Das soll ich wirklich alles gesagt haben?«
»Aber ja! Hast du das etwa schon vergessen?« und er zerquetscht mir dabei mit seinen schweren Stiefel die rechte Hand. »Aua, auaaa! Sie sagten doch, ich soll unterschreiben. Mit kaputter Hand kann ich nicht schreiben! Auuaaa, Sie Verbrecher in Uniform!«
Aus Versehen trifft er diesmal nur den Metallstuhl mit seine m Schienbein und hüpft vor Schmerzen. Wütend macht er meine Handschellen vom Stuhl ab und schließt mich an die lange Eisenkette.
Ein paar Sekunden später hänge ich wie eine Laterne an der Decke. Meine nach hinten gefesselten Arme müssen mein gesamtes Körpergewicht samt dem dicken Bauch tragen. Die Gelenke müssen ausgekugelt sein, denn die Schmerzen sind fürchterlich. Ich schwebe einen Meter über dem Boden. und von hier oben eröffnen sich mir ganz neue Perspektiven. Der tobende Rudolf sieht aus wie ein Kind, dem man sein Spielzeug weggenommen hat. Er humpelt wie ein aufgescheuchter Truthahn hin und her. Er prügelt auf meinen Körper ein, als würde er auf dem Balkon einen Teppich ausklopfen. Durch diese Körperhaltung bekomme ich fast keine Luft, und jeder einze lne Knochen schmerzt fürchterlich. In meiner Hilflosigkeit fällt mir nichts Besseres ein, als auf Rudolfs Halbglatze zu spucken. Mehr als hier an der Decke aufhängen und schlagen können sie mich ja wohl nicht! Der Schnurrbart packt Rudolf bei den Schultern und versucht ihn zu beruhigen. Wegen meiner Spuckerei ist Rudolf wie von Sinnen.
»Komm, Rudolf, reg dich ab, das bringt jetzt nichts! Wir brauchen die Brüder ja nur eine Stunde so hängen zu lassen, dann ändern die schon ihre Meinung!«
»Herr Rudolf, Herr Schnurrbart, bitte lassen Sie mich runter, ich kriege keine Luft mehr! Die Spucke war keine Absicht, das ist mir einfach nur aus dem Mund getropft. Ich halte es nicht mehr aus! Bitte, bitte, lasst mich runter!«
Während Rudolf heim Rausgehen meine Unterlagen anguckt, ruft er mir höhnisch zu: »Das ist unsere ganz spezielle Überraschung für dich! Wir feiern heute nachträglich deinen 52.
Geburtstag!«
»Lasst mich nicht wie eine Riesenspinne an der Decke zappeln! Bitte lasst mich runter!«
»Du Asylantenungeziefer verdienst doch nichts Besseres!«
Dann ist die Tür zu und ich hänge alleine in der Luft. Ich hätte doch auf Eminanim hören sollen, als sie mir immer wieder sagte, ich sollte endlich abspecken. Mit ein paar Tonnen weniger Fett am Bauch würden meine Schulterge lenke nicht so höllisch weh tun. Wer rechnet schon beim Essen damit, dass er irgendwann wie eine Fahne gehisst wird? Warum muss gerade mir so was passieren?! Bei meinem Glück werde ich sicherlich in Grönland von einer umherlaufender Kamelherde zertrampelt und in der Wüste Sahara an einem Tropfen Wasser ertrinken. Da habe ich nun mehrere Militärputschs und Folterregimes in der Türkei ohne Schaden und Kratzer überstanden, und ausgerechnet in Deutschland, im sogenannten
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