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Kandide oder die beste aller Welten

Kandide oder die beste aller Welten

Titel: Kandide oder die beste aller Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Heer der Schreiberlinge seit einiger Zeit zu Markte gezogen kommt.
    Kandide. Zu was Ende ist denn die Welt erschaffen worden? Martin. Damit wir alle sollen rasend werden.
    Kandide. Wundern Sie sich nicht über die Liebe der beiden Dirnen für die zwei Paviane, wovon ich ihnen erzählt?
    Martin. Nicht im geringsten. Ich sehe gar nicht, wo das Sonderbare dieser Leidenschaft sitzt. Ich habe so viel Außerordentliches gesehn, daß mir jetzt gar nichts mehr außerordentlich vorkommt.
    Kandide. Glauben Sie wohl, daß die Menschen von jeher sich niedergemetzelt haben, wie heutzutage? Daß sie stets gelogen und betrogen haben, stets treulose, undankbare, räubrische, flatterhafte, schurkische, neidische, prasserische, versoffene, geizige, ehrsüchtige, blutlechzende, verleumdrische, hurende, schwärmende und alberne Geschöpfe gewesen sind?
    Martin. Glauben Sie, daß die Sperber von jeher Tauben gefressen haben, wenn sie ihrer habhaft werden können?
    Kandide. Wohl glaub' ich's!
    Martin. Nun dann, wenn das immer der Charakter der Sperber gewesen ist, warum sollen grade die Menschen ihren Charakter geändert haben?
    Kandide. Wohl unterscheiden sich Sperber und Menschen! denn letztere haben ihren freien Willen, können also ... Unter diesen Gesprächen waren sie in Bordeaux angekommen.

Zweiundzwanzigstes Kapitel: Was Kandiden und Martinen in Frankreich begegnet
    Kandide hielt sich nur so lange Zeit in Bordeaux auf, als nötig war, einige eldoradosche Kieselsteine in Gold und Silber umzusetzen und sich eine zweisitzige Kutsche anzuschaffen, denn sein Philosoph Martin war ihm ganz unentbehrlich geworden.
    Daß er sich von seinem Hammel trennen mußte, tat ihm herzlich leid. Er überließ ihn der Akademie der Wissenschaften zu Bordeaux, welche die Untersuchung, warum die Wolle dieses Hammels rot sei, zur dermaligen Preisaufgabe machte. Ein nordischer Gelehrter bewies durch A + B — C, dividiert durch Z, daß der Hammel rot sein und an den Pocken sterben müßte, und seine Abhandlung ward preisgekrönt.
    Alles, was Kandiden begegnete, ging Hals über Kopf nach Paris; das machte Kandiden auch lüstern, diese Hauptstadt zu sehn; und Hals über Kopf eilt' er ihnen nach. So sehr viel lag es auch eben nicht von dem Wege nach Venedig.
    Er kam durch die Vorstadt St.
Marceau
herein und glaubte sich in dem schmutzigsten Dorfe Westfalens zu befinden. Kaum war er im Gasthofe angekommen, so befiel ihn eine kleine Unpäßlichkeit, eine Frucht seiner Strapazen. Da er einen außerordentlich großen Diamanten an seinem Finger hatte und man unter seinem Gepäck eine recht vollwichtige Schatulle wahrgenommen hatte, so fanden sich gleich unverlangt zwei Ärzte ein, einige sehr warme Freunde und zwei Betschwestern, die ihm seine Suppen wärmten.
    Ich erinnre mich doch auch, krank gewesen zu sein, sagte Martin, wie ich zuerst in Paris ankam; da waren aber — denn ich war rattenkahl — weder Freunde noch Ärzte, noch Betschwestern, und ich genas doch.
    Durch das viele Arzeneien und Aderlassen ward Kandide endlich in vollem Ernste krank, recht gefährlich krank. Der Vicarius des Viertels kam zu ihm und bat, er möchte doch einen Paß an Sankt
Petern
mitnehmen, damit er ihn gleich zum Himmelspförtchen einließe. Kandide wollte durchaus nicht; die beiden Betschwestern versicherten, es wäre die neuste Mode, Kandide versicherte ihnen dagegen, er wäre gar nicht für neue Moden. Martin wollte den Vicarius zum Fenster hinauswerfen; der Geistliche schwor, Kandide sollte nie auf den Kirchhof kommen. Martin schwor dagegen, er wolle ihn bald auf den Kirchhof schicken, wenn er ihnen noch länger auf dem Halse läge. Das Gezeter ward sehr heftig, und Martin schleuderte den Pfaffen beim Arme zur Tür' hinaus. Das gab großen Skandal, und die Sache wurde fiskalisch untersucht.
    Kandide genas, und während der Genesung hatte er stets gute Gesellschaft zum Souper bei sich. Man spielte hoch. Er bekam nie ein As, was ihn denn nicht wenig Wunder nahm, Martinen aber gar nicht.
    Unter denen, die ihm die Honneurs der Stadt machten, befand sich ein winziges Abbuchen aus Perigord. Einer von jenen frechen, bartstreichlerischen, sich in jede Laune schmiegenden und fügenden, bald da, bald dorthin fispernden, ewigen Scharwenzlern, die den Ausländern wegelagern, ihnen die skandalöse Geschichte der Stadt erzählen und ihnen Vergnügungen von jeder Art und für jeden Preis anbieten.
    Dies allerliebste Männchen begann damit, daß er Kandiden und Martinen in die Komödie

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