Kann denn Fado fade sein?
meiner Arbeit vor ein paar Tagen Senhor Zé Carlos kennengelernt.«
»Und der ist Fischer?«
»Ja, der hat ein eigenes Boot und zwei Helfer. Und wir dürfen morgen früh mit raus aufs Meer!«
Um Viertel vor sechs sind wir am Markt in Cascais. Es ist immer noch nächtlich dunkel, man ahnt nur, dass es bald dämmern wird.
Senhor Zé Carlos und sein Gehilfe Luís treffen sich hier mit uns auf eine morgendliche bica , bevor wir »in See stechen«. Das muss auch sein, denn sonst werde ich nicht richtig wach. Den Fischern scheint es ähnlich zu gehen.
Der Rest der Bevölkerung auf dem Markt ist allerdings hellwach. Neben uns werden Gemüse und Früchte abgeladen: Die Marktfrauen arrangieren Tomaten und Paprika, Zwiebeln und Knoblauchzöpfe. Möhren und Rüben, Broccoli und Lauch, Orangen und Äpfel, kleine krumme Bananen aus Madeira, die ganz anders und aromatischer schmecken als die mir bekannten »schönen« geraden Früchte; die ersten Kirschen und Feigen, die letzten Erdbeeren; riesige violette Pflaumen, Melonen und sogar Ananas. Die Metzger legen das Fleisch in ihre Auslagen und wetzen ihre Messer. Der Olivenhändler zerrt große Fässer mit eingelegten grünen und schwarzen Oliven an seinen Standplatz. Der Käseverkäufer dekoriert noch ein bisschen seine Spezialitäten aus der Serra da Estrela. Blumenstände überbieten sich mit duftender Blütenpracht.
Menschengewirr und Geschrei – und diese Gerüche: Es duftet nach Kaffee, nach frischem Brot, Gewürzen, Käse. Nach allem, was im Angebot ist. Spannend, was jetzt schon alles los ist. Dabei hat der Markt noch lange nicht begonnen. Als wir uns kurz nach sechs auf den Weg zum Hafen machen, taucht aber schon die eine oder andere Kundin auf. Oder sind es Touristen?
Mestre Zé und Luís fahren mit uns ans Docapesca , den Fischerhafen in Cascais. Hier ist Parken gewöhnlich strengstens untersagt. Heute allerdings ist es uns gestattet: Wir sind in Sachen Fisch unterwegs. Das sieht auch der Parkwächter ein, der mestre Zé natürlich kennt und freundlich begrüßt. Hier am kleinen Hafen ist schon viel los: Straßenreiniger sind zu Fuß und mit kleinen Wägelchen unterwegs und machen an der Promenade alles sauber. Gestern haben wir mitgefeiert, und heute Abend geht es mit dem Festa-do-Mar weiter. Natürlich soll dann alles wieder ordentlich sein. Ein Schäferhund springt fröhlich bellend auf uns zu – er bewacht zusammen mit seinen beiden Herrchen die Bühne und vor allem das technische Equipment.
An der Mole warten etliche piratenmäßig aussehende Gestalten: So mancher hat kein eigenes Boot, sondern arbeitet mit einem anderen Fischer zusammen oder für ihn. So wie Rui – das ist der zweite Mann, den mestre Zé mit an Bord hat und der sich jetzt zu uns gesellt. Er ist schon umgezogen, mestre Zé und Luís holen das jetzt nach.
Der Himmel ist noch immer fast schwarz, nur am Horizont zeigt sich der erste, schmale rosa Streifen. Bald beginnt der neue Tag. Schön – wir werden den Sonnenaufgang auf dem Meer erleben.
Mestre Zé tuckert mit seinem Boot heran. Ein etwas größeres Boot – mit Satellitensystem, Radar, allem, was man eben zum Fischen braucht. Wir klettern über eine rutschige Steintreppe und ein schwankendes Brett an Bord – »Pass bloß auf die Kamera auf!« – und los geht’s in Richtung Boca do Inferno . Das ist eine steile Klippe mit Einbuchtungen und Höhlungen, in denen das Meer gegen die Felsen tobt. Der »Höllenschlund« ist eine der Sehenswürdigkeiten in Cascais; die Stelle ist ein »Muss« jeder Tour, hier tummeln sich gewöhnlich die Touristen busweise. Jetzt ist alles noch still und leer.
Langsam wird es heller. In der Morgendämmerung können wir jetzt nach und nach die Angler erkennen, die direkt am Boca do Inferno auf den Felsen stehen und von dort aus ihre Leine ins Meer werfen. Der »Höllenschlund« sieht vom Meer aus fast harmlos aus. Der Atlantik zeigt sich ruhig, mit sanfter Dünung. Kaum zu glauben, dass fast jedes Jahr Menschen von hochpeitschender Gischt und riesigen Wellen in die Tiefe gerissen werden.
Unser kleines Schiff tuckert weiter.
Die Arbeit beginnt. Sechs- oder siebenmal hält mestre Zé sein Boot an. Das erste Mal, um Tintenfische zu angeln. Zé Carlos lehnt lässig am Bootsrand, lässt durch seine Finger einen viele Meter langen Nylonfaden laufen. Er wartet geduldig. Plötzlich ruckelt es. Ein Tintenfisch!
António darf es ebenfalls versuchen. Luís zeigt ihm, wie er es machen soll. Aber leider ohne
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