Kann denn Fado fade sein?
bacalhau durchaus einfrieren kann. Allerdings nicht im getrockneten Zustand. Sondern erst, wenn er entsprechend gewässert ist.
Ich musste den strengen Geruch also nur etwa achtundvierzig Stunden ertragen: Fischstücke in reichlich Wasser legen, das Wasser alle paar Stunden wechseln, und wenn der bacalhau richtig schön »aufgequollen« ist, kann man ihn portionsweise einfrieren. Perfekt. Dann stinkt er nicht mehr.
Zum »Eingewöhnen« für all jene, denen es vor Stockfisch eher ein bisschen graust und denen auf Anhieb ganz und gar nicht so zusagt, davon zu essen, ist das Rezept, mit dem António mich verwöhnte, hervorragend geeignet: bacalhau à Brás nämlich. Erfunden hat es ein Restaurantbesitzer gleichen Namens in Lissabon, und es sieht nicht einmal richtig »fischig« aus. Man verwendet dafür nämlich den »zerzupften« Stockfisch und brät ihn mit feinsten Kartoffelstreifen, Zwiebeln und Eiern in der Pfanne an. Schmeckt wirklich lecker, ich kann ihn guten Gewissens empfehlen! Ein Problem mag es außerhalb Portugals nur sein, batata palha zu bekommen. Diese »Strohkartoffeln« kann man hier in jedem Supermarkt kaufen. Überall sonst auf der Welt muss man leider selbst tätig werden – aber wer seine Liebsten verwöhnen will, tut das natürlich gern …
Eine richtig »schöne« Erfahrung mache ich dann allerdings an einem Heiligen Abend. Ich bin bei portugiesischen Freunden eingeladen – und was passiert? Es gibt das typische portugiesische Weihnachtsessen: gekochten Stockfisch.
Ohne besondere Beilagen. Es gibt lediglich Salzkartoffeln, ein paar Karotten, hart gekochte Eier und den in Portugal ebenfalls sehr beliebten Blattkohl. Wenigstens keine Kichererbsen dazu, das ist nämlich die eigentliche Beilage zum bacalhau cozido .
Okay – in Deutschland gibt es an diesem Abend in vielen Familien Kartoffelsalat mit Würstchen. Auch keine kulinarische Erleuchtung, sondern eben Tradition. Aber immerhin leckerer als gekochter Stockfisch. Finde ich. Dabei gäbe es – mittlerweile weiß ich das – so viele leckere Varianten und Rezepte: Insgesamt angeblich mehr als tausend. Also nicht nur eines für jeden Tag des Jahres.
An die pastéis de bacalhau (das sind frittierte Bällchen aus Kartoffelteig mit zerzupftem Stockfisch) habe ich mich sogar schon zum Frühstück gewöhnt. Die pastéis schmecken kalt oder warm, als Fingerfood oder »ordentlich« vom Teller. Aber wie wäre es mal mit bacalhau à Gomes de Sá ? Dabei wird der Stockfisch mit Zwiebeln, Knoblauch und Kartoffeln schichtweise in einer Form wie ein Auflauf im heißen Ofen gebacken, danach mit Petersilie, hart gekochten Eiern und schwarzen Oliven dekoriert.
António entdeckte ganz in unserer Nähe sogar ein Restaurant, in dem stets am Sonntag ein Rezept serviert wurde, das seinen Namen, bacalhau Sto António, trug: im Ofen überbacken mit Zwiebeln, Tomaten und Kartoffeln. Es war immer recht schwierig, da rechtzeitig einen Tisch zu reservieren: Nicht nur aus der Nachbarschaft, sondern sogar aus Lissabon kamen Gäste.
Kapitel 7
Tooooor! – im »Stadion Europas«
So ganz und gar nicht verstehen konnte ich bei meiner allerersten Reise nach Portugal, dass die Kollegen, ganz egal wo sie sich befanden, in jeder Bar und jedem Restaurant, selbst in der Hotelhalle, stets starren Blicks am Fernsehapparat hingen, sobald irgendeine Kickerei zu sehen war.
»Du bist eben kein echter Fußballfan!«, musste ich mir anhören, wenn ich mich beschwerte, wieso man unbedingt irgendwelchen Minivereinen, deren Namen niemand richtig kennt, beim Fußballspielen zusah.
Ja, Sie merken richtig: Ich war die einzige Frau auf dieser Rundreise.
»Es ist ja nicht mal eine wichtige Meisterschaft«, maulte ich.
»Wer Fußball mag, der schaut immer zu!«, wurde ich belehrt. »Bestell dir halt noch was zu trinken!«
»Bring uns auch noch gleich ein Bier mit!«
Okay, Jungs, wie ihr meint … so blieb eben mehr Wein für mich übrig. Das ist bekanntlich gut für die portugiesische Aussprache.
Als wir Jahre später in Portugal ankommen, sieht es in Sachen Fußball ganz anders aus. Schon beim Passieren der Grenze werde ich dezent darauf hingewiesen, dass wir uns jetzt im »Stadion Europas« befinden, und dass man uns hier herzlich willkommen heißt.
Gut – bei einer Europameisterschaft lasse ich mich überzeugen. Ein paar Argumente sprechen durchaus dafür, sich vom Fußballfieber anstecken zu lassen:
Erstens findet die ganze Veranstaltung in meiner neuen Heimat statt. Portugal
Weitere Kostenlose Bücher