Kann denn Fado fade sein?
Meinung? Ich muss es nicht haben. Aber: Wie so oft im Leben (und gerade im Restaurant) ist das natürlich Geschmackssache. Auch andere Speisen haben eine ungewöhnliche Art der Zubereitung. Lampreia beispielsweise, ebenfalls ein Fisch, den wir in Deutschland unter der Bezeichnung »Neunauge« kennen, wird im eigenen Blut gekocht und dann auf Reis angerichtet. Solche Rezepte gibt es auch mit Fleisch: etwa Huhn oder coelho (also Kaninchen). Vorsicht ist immer dann geboten, wenn auf der Speisekarte bei einem Gericht der Zusatz steht à moda do Minho oder à cabidela .
Sogar Innereien wie Kutteln werden hierzulande, vor allem im Norden, gern auf den Tisch gebracht. Bei uns werden sie vorwiegend in Süddeutschland gegessen, auch wenn der Verzehr in den letzten Jahren stark zurückgegangen ist. Für die Bewohner von und um Porto herum sind sie aber eine Delikatesse – und sie tragen mit Stolz ihren Spitznamen tripeiros (Kaldaunenesser) …
Portugiesen ohne Fisch? Undenkbar! Beinahe so unvorstellbar wie Portugiesen ohne Fußball. Fußball gibt es allerdings nicht täglich und nicht zu jeder Uhrzeit. Essen und Fisch aber wohl. Sogar zum (späten) Frühstück – etwa als pasteis de bacalhau , das sind frittierte Kartoffelteig-Stockfisch-Bällchen, und die schmecken hervorragend. Auch schon vor dem Mittagessen.
Vor allem frische Sardinen sind das A und O der Portugiesen. Ohne sardinhas assadas (gebratene Sardinen) kann der Portugiese nicht leben. Ganz besonders nicht in der »Saison«, wenn es nämlich überall im Lande, nicht nur auf Dörfern oder in Restaurants, sondern sogar in der Millionenstadt Lissabon fast überall nach sardinhada (gegrillten Sardinen) duftet.
Bösartige Menschen, die den Sardinen nicht viel abgewinnen können (leider gehöre ich manchmal zu ihnen, denn ich mag die kleinen frittierten carapaus einfachlieber), sprechen allerdings nicht von einem feinen Duft, sondern nennen es eher – übel riechend. Vor allem dann, wenn sie nach dem Essen die Teller von den Resten säubern und den Grill abkratzen müssen. Das ist leider meist meine Aufgabe. António zeichnet nämlich für die Vor- und Zubereitung verantwortlich. Eine Aufgabe, die volle Aufmerksamkeit erfordert und dazu führt, dass er nach dem Essen dringend einer ausgiebigen sesta bedarf. Den Grill von Sardinenrückständen zu befreien, ist eine unangenehme Sache. Da bleibt im Grunde nur eines übrig: Man schafft sich einen zweiten Grill an – für Fleischgerichte; und beim Fischgrill brennt man einfach bei der nächsten sardinhada die Überreste weg.
Kleine Notiz am Rande:
Sardinhas assadas – gegrillte Sardinen – sind einer der sieben Gewinner des im Jahr 2011 durchgeführten Wettbewerbs Sete Maravilhas da Gastronomia Portuguesa (Sieben Wunder der portugiesischen Gastronomie). Auch ein weiteres Fischgericht, nämlich der arroz com marisco , also Reis mit Meeresfrüchten, gehört dazu. Beides leider nicht meine Favoriten in der portugiesischen Fisch-Meeresfrüchte-Küche. Aber man stelle mir bitte ruhig und beinahe zu jeder Tageszeit ein Tellerchen Garnelen in allen Größen auf den Tisch. Mit Knoblauch und einem Hauch Piri-Piri in Olivenöl gebraten, ein Hochgenuss. Danach darf es dann gern eine schlichte gegrillte Seezunge sein.
Oder doch lieber einen Polvo à Lagareiro ? Ein Krake, ebenfalls einfach nur gegrillt mit Knoblauch, Olivenöl und dazu batatas à murro . Das sind kleine junge Pellkartoffeln, die mit der Schale serviert werden. O murro heißt »Faustschlag« – in der Küche werden die Kartöffelchen also mit einem kräftigen Fausthieb »angetitscht«.
Früher waren Sardinen in Portugal beinahe ein Arme-Leute-Essen. In Deutschland allerdings sind sie das ganz und gar nicht. Denn es ist schwierig, dort frische Sardinen zu bekommen. Ohne unsere portugiesischen Freunde wären António und ich niemals in diesen speziellen Markt gefahren, der sich beinahe ausschließlich auf Fisch und Meeresfrüchte spezialisiert hatte. Da sollte es hin und wieder frische Sardinen geben.
Selbstverständlich wurden sämtliche Portugiesen im Umkreis von hundert Kilometern darüber sofort informiert. Klar auch, dass man sich mehr oder weniger den Fischhandel als Treffpunkt eingerichtet hatte und sofort eine sardinhada organisierte. Logisch also, dass gegrillte Sardinen seit meinem ersten Tag in Portugal einfach dazugehören.
Es ist so einfach – und so lecker. Man nimmt kleine Sardinen, die braucht man nicht einmal auszunehmen. Dann werden sie
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