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Kann denn Fado fade sein?

Kann denn Fado fade sein?

Titel: Kann denn Fado fade sein? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Zacker
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Dänemark. Das bringt mich aber nicht unbedingt weiter. Trotzdem herrscht etwa eine Stunde lang Telefonterrorpause.
    Doris und ich fahren ins Städtchen, einkaufen und eine bica trinken. Kaum sind wir im Café angekommen, klingelt das Handy wieder.
    Doris versucht es dieses Mal auf Französisch. Dasselbe Spiel: Gekicher, keine Reaktion auf Nachfragen. Auflegen.
    Dann endlich haben wir eine Spitzenidee. Als es wieder klingelt, geht Doris dran und sagt mit erotisch tiefer Stimme: »Estou Cristiano Ronaldo. Quem fala?«
    Verdutztes Schweigen. Die Damen scheinen geschockt und legen hektisch auf. Seitdem – himmlische Ruhe. Nie mehr ein Anruf aus Dänemark …
    Nicht nur junge Däninnen sind fußballbegeistert. Und nicht nur Cristiano Ronaldo ist ein Star. Portugal hat eine ganze Menge guter Fußballer, und viele Spieler arbeiten im europäischen Ausland. So manch ein Portugiese bedauert das. Selbst wenn er stolz auf die Erfolge seiner Landsleute ist – lieber wäre es ihm, wenn die heimischen Vereine möglichst gut mit einheimischen Spitzenspielern bestückt würden. Fußball ist in Portugal nämlich nicht nur dann wichtig, wenn man Gastgeber der EM ist. Fußball ist hier immer wichtig. Lebenswichtig.
    António zum Beispiel ist durchaus ein vielseitig interessierter Mensch. Politik ist für ihn ebenso ein spannendes Thema wie Kultur. Aber welche Zeitung kauft er? Eine Sportzeitung. A Bola , was auf Deutsch »Der Ball« heißt, und deren Hauptthema (ich erwähnte es schon) Fußball ist.
    Hin und wieder kauft er Record , um die Informationen zum Thema vollständig abzurunden. Ebenfalls eine Sportzeitung rund um Fußball. Was António allerdings ganz gewiss nicht kauft, ist die dritte Zeitung im Bunde: Es gibt tatsächlich noch eine – täglich, auch sonntags erscheinende – Sportzeitung. Die nennt sich O Jogo – »Das Spiel«. Die hat bei uns sozusagen Hausverbot, denn sie gilt als Fanzeitung des FC Porto. Wer ein Anhänger von Benfica ist, duldet solch verwerfliche Lektüre nicht in seiner Nähe.
    Man kann es sich schwer vorstellen, aber fast jeder Portugiese, der ein Fünkchen Leben in sich hat, ist Fußballfan. Es gibt drei große Vereine, und man überlegt sich am besten in der ersten Minute, in der man dieses Land betritt, welchem dieser drei »Großen« man fürderhin sein Leben widmen will. Das hindert allerdings niemanden daran, daneben noch einen örtlichen Verein anzufeuern und zu unterstützen. Da weiß man genau zu unterscheiden, Lokalpatriotismus ist sozusagen Ehrensache. Portugiesen übrigens »übernehmen« den Lieblingsverein oft von Vater und Opa.
    Dennoch: Wer abends in der Kneipe sitzt, wenn der Fernseher läuft und Fußball übertragen wird, tut gut daran, klar und deutlich kundzutun, wem seine Gunst gilt. Wobei es interessanterweise kein Problem ist, selbst in einem Kreis von benfiquistas Anhänger des FC Porto zu sein. Das wird durchaus akzeptiert. Man muss dann als portista mit ein wenig Hänseleien leben (falls der FC Porto gerade eine schlechte Phase hat), aber das lässt sich ertragen.
    Fußball läuft hier zwar voller Enthusiasmus, aber dennoch relativ entspannt ab. Kein Gedanke daran, dass Hooligans sich gegenseitig zusammenschlagen. Oder gezielt losmarschieren, um zu randalieren.
    Benfiquistas ertragen es durchaus, wenn vereinzelt auftretende sportingistas (Anhänger von Sporting Lissabon, des dritten großen Vereins) Kritik an den »Roten« üben. Man weiß ja im Grunde, dass die glanzvollen Zeiten von SL Benfica schon ein paar Jahre zurückliegen. Man gibt es nur ungern zu. Und hin und wieder hat der Fußballgott ein Einsehen und schickt einen Trainer, der das Wunder schafft.
    Es ist langsam wieder an der Zeit: Seit elf Jahren hat Benfica keine Meisterschaft mehr eingefahren. Seit elf Jahren müssen António und der Rest des Landes damit leben, dass andere – meist der FC Porto – die Taca de Campeão Nacional de Futebol , also den Meisterpokal gewinnen.
    Wir sind unterwegs nach Grândola, einer Stadt im Alentejo. Fußball ist heute gar nicht mal das Thema, wir wollen zu einem Open-Air-Konzert. Dazu kommt es aber nur bedingt. António und seine Freunde zeigen sich unruhig. Musik ist zwar gut und schön, aber mit den Gedanken ist man woanders. Mit einem Ohr lauscht man nach draußen. Und als die ersten hupenden Autos im Korso durch die Straßen fahren, hält es niemanden mehr.
    Man kann sich nicht vorstellen, obwohl die Feiern bei der EM ja schon mitreißend genug waren, was in dieser

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