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Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Wolf
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nur abwehrend meine Hände. »Du musst mir jetzt keine Standpauke halten! Stephan hat mir schon seine Meinung dazu gesagt, und ihr seid euch ja seit Kindheitstagen in fast allem einig, also kannst du dir das Schimpfen sparen.«
    »Ja, aber vielleicht hilft’s mehr, wenn dein großer Bruder mit dir schimpft!«
    »Das ändert nichts an meiner Meinung. Für eine Persönlichkeit wie die Chefredakteurin Evelyn Kern bin ich nur ein Käfer, den sie locker mit dem Daumen zerquetschen könnte, wenn sie wollte. Und ich glaube nicht, dass ich mal über diesen Insektenstatus hinauskommen werde. Ich hab ja nichts in der Tasche, verstehst du? Ich hatte einfach nur eine Menge Glück, nicht mehr. Und natürlich reißt irgendwann jede Glückssträhne einmal ab, die sind nämlich leider nicht unendlich.«
    »Sie können aber sehr lange dauern, und man kann immer wieder neue Glückssträhnen anknüpfen, wenn man’s schlau anstellt«, gibt Moritz zu bedenken.
    »Das ist unrealistisch. Man muss doch ständig damit rechnen, dass was schiefgeht.«
    »Wenn du dich mal reden hören würdest!« Mein Bruder schüttelt den Kopf. »Früher warst du nicht so eine ausgemachte Pessimistin.«
    »Na und?« Für mich ist die Diskussion damit beendet. Ich stütze meinen Kopf in meine Hände, schaue dabei nachdenklich in meine Tasse und beobachte die Milchwölkchen auf meinem Kaffee; viele kleine weiße Explosionen auf schwarzem Grund. Mein Handy piept und wie zurzeit komischerweise immer bin ich plötzlich total zittrig und bekomme Herzrasen. »Ruhig, Brauner!«, sage ich mir innerlich immer wieder vor, aber da Moritz schon komisch schaut, klappe ich dann doch lieber schnell mein Handy auf. Es ist Nina. Hm, warum bin ich plötzlich enttäuscht? Auf was hatte ich denn gewartet? Mein Herzschlag normalisiert sich wieder, und ich überfliege die SMS.
    Hey Süße, hast du schon mal wieder was von Jan gehört nach dieser Sache auf der Weihnachtsfeier, von der du mir erzählt hast? Bussi Nina.  
    O Mann, warum sticht es jedes Mal immer noch so zwischen Herz und Magen, wenn ich Jans Namen lese? Aber da ist noch etwas anderes neben diesem schmerzhaften Gefühl. Ja genau, eine Sauwut habe ich auf den Kerl! Mein Daumen wandert zielsicher über die Tastatur meines Handys:
    Ach, hör mir bloß mit Jan auf, diesem Idioten! Der braucht sich bei mir nie wieder zu melden! Erst einen auf unzertrennlich machen und dann mit meiner Erzfeindin anbandeln! Aber weißt du was? Ist mir egal. Ich heul dem echt keine Träne nach.  
    Allein die Gedanken an den verpatzten Abend machen mich so wütend, dass ich den Namen Jan am liebsten aus meiner Kontaktliste löschen möchte. Überhaupt darf er nicht mehr der alleinige Inhalt meines Lebens sein, denke ich, während ich mein Adressbuch durchkämme. Noch ein letzter Klick, schon geht die SMS auf Reisen. Und Mitteilung wird an Jan gesendet steht plötzlich auf meinem Display. Was? Habe ich etwa vor lauter Aufregung statt Nina den Namen Jan angeklickt? Stopp!!! Doch zu spät. Mitteilung wurde gesendet . Verdammt! Was mache ich denn jetzt? Ich werde panisch.
    »Sag mal, man kann SMS nicht wieder irgendwie zurückholen?«, frage ich meinen Bruder mit zittriger Stimme.
    Moritz sieht mich immer noch verwundert an. »SMS zurückholen? Nicht, dass ich wüsste.«
    »Scheiße, und was mach ich jetzt bloß?«, jammere ich.
    »Mann, Vicky, du wirst ja ganz blass! Ist alles okay?«
    »Nein, gar nichts ist okay! Ich glaub, ich hab grad alles kaputt gemacht!«, fange ich an zu heulen und vergrabe meinen Kopf in den Armen. »Ich bin so blöd!«
    »Hey, beleidige meine Schwester nicht!«, grinst Moritz und rutscht näher an mich heran, um mir einen Arm um die Schultern zu legen. »Die ist nicht blöd, höchstens ein bisschen verpeilt.«
    »Ich hab da grade einen riesengroßen Fehler gemacht!«
    »Warum?«
    Zwei Stockwerke tiefer wird eine Tür so laut zugeknallt, dass das Geräusch im gesamten Treppenhaus nachhallt.
    »Darum«, sage ich und schlucke schwer.

Alle Sorgen fliegen hoooooch
     
    Ich habe tatsächlich drei Stunden lang nicht an meine Tragödie mit der SMS an Jan gedacht, sondern bin im Kino gesessen, in das mich mein Bruder zur Ablenkung geschleift hat. Dank James Camerons Megaspektakel Avatar konnte ich voll und ganz in meinem Sessel und in einer funkelnden, bunten Welt voller Phantasiewesen versinken und mich völlig ausklinken. Es ist lange her, dass mir drei Stunden so kurz vorgekommen sind. Danke, Mister Cameron, Sie haben

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