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Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition)

Titel: Kann denn Lüge Sünde sein? (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mina Wolf
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Schließlich bist du ja nicht der einzige Mann, der des Nachts durch Münchens Straßen läuft und junge Frauen verführt.«
    »Nur die, die auch verführt werden wollen.«
    »Ach so, das ist natürlich etwas ganz anderes.«
    »Richtig«, murmelt er und endlich spüre ich wieder dieses zarte Küssen an meinem Hals und an meinem Schlüsselbein …
    »Ich vermute, die jungen Frauen können sich einfach nur nicht mehr wehren.« Ich schließe die Augen und genieße.
    »Glaubst du? Kannst du denn noch widerstehen?«
    »Hm, gleich nicht mehr …« Und endlich muss ich nicht mehr an die Arbeit denken. Ehrlich gesagt, an gar nichts mehr.

It’s Judgement Day
     
    Erstaunlich, zu was man alles kommt, wenn man irgendetwas vor sich herschiebt: Plötzlich ist die Wohnung so sauber und rein wie seit dem Umzug nicht mehr und duftet nach Citrus, sogar die Fenster sind geputzt, der Hund hat so viel Bewegung, dass sogar ein Wildfang wie Caruso nach dem Gassigehen erschöpft auf meiner Couch zusammenbricht, ich habe meine Steuererklärung gemacht und meinen Ordner mit Kontoauszügen sortiert.
    Doch nicht nur das – ich schlafe sehr wenig, konsumiere dafür umso mehr Schokolade und bin ständig mit meinen Gedanken woanders. Inzwischen vergesse ich unter der Dusche sogar, ob ich mich schon eingeseift habe oder nicht, weshalb ich diese Aufgabe gelegentlich zwei oder drei Mal hintereinander erledige. Noch dazu habe ich dunkle Augenringe und dank dem Süßkram auch so einige Pickelchen im Gesicht – kann dafür aber guten Gewissens behaupten, dass meine Haut immer porentief rein und meine Haare duftend weich (weil mehrfach gesäubert) sind. Allerdings verbrauche ich dabei schrecklich viel Gesichtswasser und Shampoo, und zusammen mit der Unmenge Schokolade geht das Ganze so langsam ziemlich ins Geld.
    Man sieht: Ich muss jetzt endlich, endlich eine Entscheidung treffen, denn so geht das auf keinen Fall weiter (auch wenn die vielen erledigten Aufgaben im Haushalt ein angenehmer Nebeneffekt sind)! Ich gebe mir einen Ruck und gehe entschlossen ins Bad, um nur kurz darauf gestylt und frisiert wieder herauszutreten, meine schicksten Klamotten aus meinem Kleiderschrank hervorzuwühlen und mich dann auf den Weg zur Stunning Looks zu machen.
    Heute ist der Tag der Wahrheit, heute ist Judgement Day. Mit ernstem Gesichtsausdruck stöckele ich deshalb auf meinen High Heels durch die langen Flure der Stunning-Looks-Redaktion – entgegenkommende Kolleginnen werden von mir mit einem knappen Nicken gegrüßt. Meine Haltung ist aufrecht, mein Blick entschlossen. Heute komme ich nicht als Gejagte hierher, heute befinde ich mich auf Augenhöhe. Das rede ich mir zumindest ein, aber es wird schon klappen. Und schon stehe ich vor der Tür des Big Boss. Evelyn Kern . Chefredakteurin steht an dem Schild. Es ist noch gar nicht so lange her, da stand ich genau hier mit einem Wischmopp in der Hand. Seitdem ist viel passiert. Und jedes Mal hatte das Betreten dieses Zimmers irgendeine Veränderung für mich bewirkt. Was wohl diesmal auf mich zukommt, wenn ich wieder draußen auf der Straße stehe? Ich atme tief durch und klopfe an. Und zwar energisch, nicht so zaghaft, wie ich es vielleicht früher getan hätte.
    »Herein!«
    Mutig öffne ich die Tür. »Hallo, Frau Kern.«
    »Frau Schäfer!? Mit Ihnen hatte ich überhaupt nicht gerechnet. Gibt es ein Problem? Können Sie Ihre Kolumne nicht rechtzeitig abliefern? Sie wissen doch, dass ich Wert auf absolute Pünktlichkeit lege! Für eine verspätete Abgabe gibt es keine Entschuldigung!« Die Chefredakteurin hat sich in ihrem Stuhl zu mir herübergedreht, und ihre Augen blitzen mich unter einem seidigen Pony hindurch an. Beinahe wirkt sie wie eine Königin auf ihrem Thron, wie sie da hinter ihrem Schreibtisch sitzt und die Hände auf die Armlehnen gebettet hat, mit dieser herrischen Miene und scheinbar völlig unantastbar.
    »Meine Kolumne habe ich bereits gestern in die Redaktion geschickt, darum müssen Sie sich keine Sorgen machen«, beschwichtige ich Evelyn Kern und bleibe abwartend neben dem Besucherstuhl stehen. Sie nickt mir auffordernd zu, und ich setze mich.
    »Was führt Sie dann zu mir? Ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir einen Termin haben!?«
    »Nein, wir haben keinen Termin. Es handelt sich eher um eine Spontanaktion.« Ich lächele sie selbstbewusst an.
    »Für die sind Sie ja bekannt«, bemerkt die Chefredakteurin und verzieht ihren schmalen Mund zu einem spöttischen Grinsen.
    »Stimmt. Und

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