Kanonendonner über der Adria
schlug Rowlandson vor. »Aber wie hantiert man unbemerkt am Tor herum?«
Jetzt kam Albertos Auftritt. Er hatte bei so vielen Täuschungen mitgewirkt, dass er die Tricks nur aus der Tasche zu holen schien. »Kein Problem, Sir. Das macht man über Handwerker. Ein paar Weiber zum Putzen dabei machen sich immer gut. Erst werden die Torbalken gereinigt. Es soll ja alles sauber aussehen. Wenn die Wachen dann genügend animiert sind, den Weibern unter die Röcke zu gucken, dann kommen die Girlanden und der Fahnenschmuck. Dazu braucht man Hammer, Zangen, Nägel. Da fällt es gar nicht auf, wenn man Nägel und Schrauben, Scharniere und anderes lockert. Alles sieht dann schön bunt aus und fällt beim geringsten Anprall zusammen.«
David kannte Alberto und lachte vor sich hin.
»Und wie verhindern wir das?«, fragte Robertson.
»Wir haben einen Stand am Tor oder in einem Eingang und schenken Wein und Likör aus. Und wenn wir sehen, wie die Handwerker schaffen, dann kriegen sie von uns Getränke frei, mit ein paar Tröpfchen drin, natürlich. Und wenn sie dann müde werden, übernehmen unsere Handwerker die Arbeit und machen alles genau so sauber und bunt, aber alles bleibt fest. Und wenn sie dann am nächsten Morgen dagegen schlagen, öffnet sich nichts, aber wir fangen die Rädelsführer.«
»Mr. Rosso, wenn ich Sie nicht kennen würde, müsste ich Sie für einen bandito halten«, lachte Rowlandson.
David entschied: »Alberto und ihr beiden sucht euch vier fixe Seeleute und seid ab heute Abend hier am Tor, natürlich mit allen Hilfsmitteln. Passt auf, was passiert. Wenn ihr selbst nicht hinkommt, gebt uns Bescheid. Morgen früh berichtet Johann den Österreichern, was vorgefallen ist. Dann kommen auch bald Seesoldaten von uns. Wenn alles klappt, haben alle zwei Tage dienstfrei.«
Am nächsten Mittag war Dubrovnik fest in den Händen der Österreicher und der wenigen Engländer, die vor allem das St. Johns Fort am Hafen besetzt hatten. Draußen von den Mauern und Toren lärmten die Freischärler und verprügelten vor Wut schon mal einen ihrer Anführer.
Mr. Setlag, Erster Leutnant der Cesar, marschierte mit einem österreichischen Hauptmann zum Pile-Tor. Dort trat Baptiste aus einem Hauseingang und meldete: »Alle von uns sind mit den Gefangenen drin, Sir.«
»Wie viel habt ihr?«
»Fünf Männer und drei Frauen, Sir.«
»Bringt sie raus.«
Johann, die Seeleute und die Gefangenen traten auf die Straße, gefolgt von Alberto. Der Hauptmann sperrte Mund und Nase auf. »Das ist ja alles so passiert, wie Sie es vorhergesagt haben. Können Sie Gedanken lesen?«
Setlag lachte. »Nein, aber der Admiral und sein Vertrauter, Mr. Rosso, hatten viel mit dem Geheimdienst zu tun und kennen seine Tricks fast alle.«
»Aber der französische Chef ist nicht dabei.«
Alberto sagte gelassen: »In einer Stunde haben wir ihn, Herr Hauptmann.«
Der sah ihn prüfend an und fragte dann: »Sind Sie einer von dem tödlichen Trio?«
Alberto lächelte. »Ja, Herr Hauptmann. So nennen uns manche.«
»Na, dann sehen Sie mal zu, dass Sie mich nicht ins Visier nehmen. Ich möchte die letzten Tage dieses Krieges gern überleben.«
Als der Hauptmann mit den Gefangenen abmarschiert war, fragte Setlag Alberto: »Wieso sind Sie so sicher, dass Sie den Chef kriegen werden?«
»Oben ist noch einer von den Franzosen in einer Kammer eingeschlossen, Sir. Er hat uns verraten, dass sein Chef mit einem kleinen weißblauen Segelboot entkommen will. Wenn wir ihn haben, schließen wir die Kammer auf und vergessen den Gefangenen.«
David ging mit seinen Getreuen am Nachmittag noch einmal durch die Stadt und frischte seine Erinnerungen auf. Er stand vor dem Rektorpalast, aber die Fahne des St. Blasius wehte nicht mehr über ihm und die kostbaren Gobelins an der Eingangshalle waren abgehängt worden. Aus einem Palast war ein französisches Amtsgebäude geworden. Aber die Stradun, die Feststraße mit der Statue des Orlando, des Roland, war unverändert, auch die Kirche des heiligen Blasius, des Stadtheiligen. Was für eine Stadt! Und nun würde sie eine österreichische Provinzstadt wie andere werden.
»Weißt du noch, wo der Büchsenmacher war, Alberto?«, fragte David.
»Ja, Sir. Wenn wir vom Glockenturm zum Orlando-Turm gingen, dann mussten wir steuerbord bis zur nächsten großen Parallelstraße.«
Sie fanden den Büchsenmacher und der konnte sich erinnern, dass David anno neunundneunzig zwei Windbüchsen gekauft hatte.
»Davon habe ich leider keine
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