Kanonendonner über der Adria
wieder wunderschön anzusehen, so eine saubere und schöne kleine Stadt«, sagte Britta. Und das war Bath in der Tat mit seiner Kathedrale, den großen Marmorpalästen für Spielcasino, Theater und Bälle. Und hatte das Städtchen nicht schon vor London eine Gasbeleuchtung gehabt? Seine Straßen waren sauber, frei von Bettlern. Die Partien am Fluss waren romantisch und verträumt.
David sagte leise: »So richtig ein Ort für die reichen Spießer, um unter sich zu sein und kein Elend zu sehen.«
Britta sah ihn prüfend von der Seite an. »Hast du deinen sozialkritischen Moment, Liebster? Du weißt doch gar nicht, wie viele von den Menschen, die hier Erholung suchen, durch Leid und vielleicht Entbehrung gegangen sind. Die gibt es nicht nur in den Elendsvierteln von London. Und wir sind auch hier, David, und ich habe kein schlechtes Gewissen, weil ich gut Geld verdient habe.«
»Britta, du musst nicht jede Bemerkung so auf die Goldwaage legen. Du weißt doch, manchmal reizt mich der Anblick dieser reichen Zivilisten.«
»Mein Anblick sollte dich reizen, Liebster, wenn auch etwas anders.«
Brittas Anblick reizte ihn umso mehr, je mehr die Bäder ihre heilende und anregende Wirkung taten. Sie liebten sich wie in den jungen Ehejahren.
»Einige gute Seiten hat es doch, wenn man sich so selten sieht«, stellte David nach einer stürmischen Vereinigung erschöpft fest. »Ich bin so ausgehungert wie ein bengalischer Tiger.«
Brittas Hand wanderte zu seinem Unterkörper. »Ich weiß nicht, wie hungrig bengalische Tiger sind. Aber ich könnte noch einen kleinen Happen vertragen.«
David seufzte ein wenig überfordert, aber dann erwachte wieder sein Verlangen.
Sie sprachen auch oft über ihre Kinder und die Menschen, die ihnen nahe standen. »Ich freue mich darauf, Oma zu werden«, sagte Britta. »Hoffentlich dauert es nicht mehr zu lange.«
»Ja, es ist ein schöner Gedanke. Von John David, meinem Enkelsohn, hatte ich nicht viel. Lange Jahre war er auf Antigua, und dann war ich Onkel David und nicht sein Großvater, weil sonst sein Titel als Lord Bentrow gefährdet schien. Ich freue mich auf ein weniger kompliziertes Großvaterdasein.«
Britta brachte die Sprache auch auf Frau von Rostow, die sie so sehr schätzte. »Ich dachte eine Zeit lang, bei ihr und Alberts Vater würde sich etwas anspinnen. Aber dann merkte ich, es war nur gegenseitige Sympathie und Wertschätzung. Sie wird wohl keinem Mann mehr einen Platz in ihrem Herzen geben.«
David bestätigte, dass die Verbindung der Rostows außergewöhnlich gewesen war, geboren in Not und Gefahr und geeint in den Jahren des hart erkämpften Erfolges.
»Wie siehst du ihre Zukunft, Britta?«
»Ich habe sie ihre Neigungen im Stoffgeschäft, in Büroarbeit und in der Landwirtschaft ausprobieren lassen. Am besten für sie ist die Verwaltung eines landwirtschaftlichen Betriebes. Sie liebt Ackerbau und Viehzucht und leitet gerne diese Tätigkeiten. Sie wäre ideal für dein ererbtes Gut im Bremischen, wenn du darüber einmal verfügen kannst.«
David bestätigte wieder seine Einschätzung, dass Napoleons Zeit bald vorbei sei und dass er sehr froh wäre, wenn Gesine von Rostow die Verwaltung übernehmen würde.
»Und was denkst du so über deine Tätigkeit, wenn dieser Napoleon von der Bühne abgeht? Wenn du in der Flotte bleiben willst, verlasse ich dich auf der Stelle.«
»Der Gedanke könnte mir ein Verbleiben in der Flotte fast schmackhaft machen«, scherzte er. Aber dann sprachen sie eingehend über die Zukunft ihrer Unternehmen und Davids Rolle darin.
Er konnte sich sein Leben außerhalb der Flotte noch nicht vorstellen, wusste nicht, wo er in ihr Firmengefüge passen könnte. »Ich verstehe doch überhaupt nichts von Textilien, von deinen Webereien und Verkaufsläden. Und in Landwirtschaft und Tierzucht ist mir jeder Bauer überlegen.«
Britta schüttelte den Kopf. »Lieber David, ich verstehe auch wenig von Schiffsausstattung und Küstenschifffahrt, von der Technik der Webstühle und von anderen Dingen. Aber ich überschaue alle Firmen und ihre Finanzen. Ich höre den Fachleuten zu und erkenne, ob das in unseren Rahmen passt, die Firma fördert oder nicht. Du hast mir viel voraus. Du hast als Kapitän und Admiral jahrelange Erfahrung in Planung und Organisation. Du musstest letztlich entscheiden, wie viel Wasser, Proviant und Munition gelagert wurde, wie die Mannschaften eingesetzt, die Schiffe verteilt wurden. Wer das kann, kann nach kurzer Eingewöhnung auch
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