Kanonenfutter
sagte unsicher: »In dem Fall…«
»In dem Fall, Mr. Rhodes, lassen Sie den Mann in Eisen legen. Ich dulde keine Unbotmäßigkeiten auf meinem Schiff.«
Dumaresq war wie durch Zauberei erschienen.
Slade schluckte und sagte: »Dieser Mann hat sich eingemischt, Sir.«
»Ich habe Sie gehört!« Dumaresq verschränkte die Hände auf dem Rücken. »Wie das ganze Schiff, möchte ich annehmen.« Er warf einen Blick auf Merret und fuhr ihn an: »Hör auf zu flennen, Junge!«
Der Midshipman hörte wie eine angehaltene Uhr auf und sah sich entgeistert um.
Dumaresq faßte den Matrosen ins Auge und sagte: »Das war eine kostspielige Geste, Adams. Ein Dutzend gibt’s dafür!«
Bolitho wußte, daß Dumaresq nicht anders handeln konnte, um die Autorität seiner Unterführer zu stützen; aber ob zu Recht oder zu Unrecht: zwölf Schläge waren die Mindeststrafe. Ein kleines Kopfweh, würden die älteren Seeleute dazu sagen.
Aber eine Stunde später, als die Peitsche sich hob und mit schrecklicher Gewalt auf den nackten Rücken des Matrosen niederklatschte, erkannte Bolitho, wie schwach ihre Position gegenüber der Schiffsbesatzung war.
Die Gräting war weggestaut, der Mann namens Adams stöhnend vor Schmerzen nach unten getragen, wo er mit einem Guß Salzwasser und einer großen Portion Rum wieder auf die Beine gebracht wurde. Die Blutflecken an Deck waren weggewaschen, und allem Anschein nach lief alles wieder wie zuvor.
Bolitho hatte Rhodes als Wachhabenden abgelöst und hörte Dumaresq zum Steuermannsmaaten sagen: »Der Disziplin ist Genüge getan, in unser aller Interesse.« Er sah Slade mit durchdringendem Blick an.
»Zu Ihrem eigenen Besten rate ich Ihnen aber, mir möglichst aus dem Weg zu gehen.«
Bolitho wandte sich ab, damit Slade nicht sehen konnte, daß er die Szene beobachtet hatte. Aber er hatte Slades Gesicht bemerkt. Sein Ausdruck war der eines Mannes, der eine Begnadigung erwartet hatte und nun feststellte, daß seine Arme vom Henker gebunden wurden.
Die ganze Nacht dachte Bolitho an Aurora. Es war unmöglich, sich ihr zu nähern. Dumaresq hatte ihr den hinteren Teil der Kajüte überlassen, während Egmont sich mit einer Notkoje im vorderen Teil, dem Eßraum, begnügen mußte. Dumaresq selber schlief im Kartenraum nebenan. Und dann gab es noch den Steward und den Posten Kajüte, die jedem ungebetenen Besucher den Eintritt verwehren konnten.
Als Bolitho nackt und trotzdem schweißtriefend in der stickigen Luft auf seiner Koje lag, malte er sich aus, wie er Auroras Kajüte betreten und sie in seine Arme schließen würde. Er stöhnte vor Qual und versuchte, seinen Durst zu vergessen, obwohl sein Mund völlig ausgedörrt war. Das Trinkwasser war faulig und knapp. Aber statt dessen Wein zu trinken hieß, eine Katastrophe heraufbeschwören.
Er hörte unsichere Schritte in der Messe und dann ein leichtes Klopfen an seiner Tür.
Bolitho rollte sich von der Koje, hielt sich sein Hemd vor und fragte: »Wer ist da?«
Es war Spillane, der neue Schreiber des Kommandanten. Trotz der späten Stunde sah er sauber und adrett aus; sogar sein Hemd schien frisch gewaschen zu sein.
Spillane sagte höflich: »Ich habe eine Botschaft für Sie, Sir.« Er musterte Bolithos wirres Haar und seine halbe Nacktheit, bevor er fortfuhr: »Von der Dame.«
Bolitho warf einen schnellen Blick in die Messe. Nur das regelmäßige Knarren von Holz und das gelegentliche Schlagen der Segel oben durchbrach die Stille.
Er flüsterte: »Geben Sie her!«
Spillane antwortete: »Nur mündlich, Sir. Sie hat nichts aufgeschrieben.«
Bolitho schaute starr vor sich hin. Spillane war nun ein Mitwisser, ob ihm das paßte oder nicht. »Also?«
Spillane senkte die Stimme noch mehr. »Sie übernehmen doch die Morgenwache um vier Uhr, Sir.«
»Aye.«
»Die Dame wird versuchen, an Deck zu kommen. Um frische Luft zu schnappen, falls jemand nach dem Grund fragen sollte.«
»Ist das alles?«
»Alles, Sir.« Spillane beobachtete ihn im trüben Licht einer mit einer kleinen Flamme brennenden Laterne. »Hatten Sie mehr erwartet?«
Bolitho sah ihn prüfend an. War die letzte Bemerkung ein Zeichen plumper Vertraulichkeit? Aber vielleicht war Spillane auch nur nervös und wollte seinen Auftrag schnell hinter sich bringen.
Er sagte: »Nein. Vielen Dank für die Nachricht.«
Danach stand er noch lange vor seiner Koje, wobei er die Schiffsbewegungen ausbalancierte und über das nachdachte, was Spillane gesagt hatte.
Später saß er in der Messe, ließ
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