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Kanonenfutter

Kanonenfutter

Titel: Kanonenfutter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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das Hemd unschlüssig von einem Finger baumeln und starrte in die Dunkelheit.
    Ein Bootsmannsmaat fand ihn so und flüsterte: »Also brauche ich Sie nicht erst zu wecken, Sir. Die Wache wird gerade gemustert. Es weht eine frische Brise, aber der nächste Tag wird wieder heiß, nehme ich an.«
    Er trat zurück, als Bolitho seine Kniehose anzog und nach einem neuen Hemd suchte. Der Leutnant war offenbar noch halb im Schlaf, entschied der Maat. Es war doch glatte Verschwendung, wenn jemand saubere Wäsche für die Morgenwache anzog. Sie würde bis sechs Glasen 12 zum Auswringen naß sein.
    Bolitho folgte dem Mann an Deck und löste Midshipman Henderson mit der geringstmöglichen Verzögerung ab. Henderson stand als nächster zur Offiziersprüfung an. Palliser hatte ihm erstmals erlaubt, die Mittelwache allein zu gehen.
    Der Midshipman rannte fast unter Deck; Bolitho konnte sich gut an seine Stelle versetzen und wußte, mit welcher Genugtuung er sich jetzt in seine Hängematte im Orlopdeck schwingen würde.
    Seine erste Wache allein lag hinter ihm. Es wäre fast schiefgegangen, weil er drauf und dran gewesen war, Palliser oder den Master zu wecken.
    Dann das Triumphgefühl, als Bolitho erschien und er begriff, daß die Wache ohne Zwischenfall vorüber war.
    Bolithos Leute ließen sich im Dunkeln an Deck nieder; nachdem er Kompaß und Segelstand überprüft hatte, schlenderte er zum Niedergang.
    Midshipman Jury ging auf die Luvseite und fragte sich, wann er wohl die Chance für eine selbständige Wache bekäme. Er wandte sich um und sah Bolitho weiter nach achtern zum Besanmast gehen -und dann den Schimmer einer zweiten Gestalt, die lautlos heranglitt.
    Er hörte die Rudergänger miteinander flüstern und bemerkte, daß der Bootsmannsmaat der Wache sich diskret auf die Luv-Laufbrücke begeben hatte.
    »Achtung auf das Ruder!« Jury sah, daß die Matrosen an dem großen Doppelrad sich strafften. Die beiden Gestalten hinter ihnen schienen zu einer einzigen verschmolzen zu sein.
    Jury schlenderte zur Querreling und packte sie mit beiden Händen. Allem Anschein nach ging er jetzt doch seine erste Wache allein, dachte er glücklich.

Mit knapper Not
    Nur unter Klüver, Breitfock und Marssegeln steuerte die Destiny die Insel mit dem grünen Buckel an. Es wehte eine so leichte Brise, daß sie nur im Schneckentempo vorankamen – ein Eindruck, der sich noch verstärkte, als sie sich dem schmalen Vorland näherten.
    Der Ausguck hatte die Insel am Abend vorher bei Anbruch der Dunkelheit entdeckt; bis zur Morgendämmerung überschlugen sich auf den nächtlichen Wachen, in der Messe wie in den Quartieren der Mannschaften die Vermutungen.
    Jetzt lag das Inselchen im hellen Licht des Vormittags genau vor ihrem Bug und flimmerte im leichten Dunst, als könne es jeden Augenblick wieder wie ein Trugbild verschwinden. Zur Mitte hin stieg das Terrain an und war mit Palmenwald und sonstigem Grün bedeckt, während die Abhänge und der kleine, halbmondförmige Strand keinerlei Deckung boten.
    »Gerade sechs Faden!«
    Der Ruf des Lotgasten in den Rüsten machte Bolitho auf die nahen Untiefen aufmerksam. An Steuerbord gab es offenbar ein vorgelagertes Riff. Einige Seevögel schaukelten auf dem Wasser oder umkreisten neugierig die Mastspitzen. Bolitho sah Dumaresq mit Palliser und dem Master beraten. Die Insel war auf der Seekarte eingetragen, aber ohne Hinweis auf den Besitzanspruch einer Nation. Die nautischen Angaben waren nur spärlich, und Dumaresq bedauerte wohl schon seinen impulsiven Entschluß, sie anzusteuern, um nach Wasser suchen zu lassen. Aber sie waren bei den allerletzten Wasserfässern angekommen, und auch deren Inhalt war so ekelhaft, daß Bulkley und der Zahlmeister sich zu einem gemeinsamen Vorstoß beim Kommandanten entschlossen hatten; er möge für baldigen Ersatz sorgen, und sei es auch nur so viel, daß es gerade bis zu ihrem Bestimmungsort reichte.
    »Sieben Faden!«
    Gulliver erlaubte sich ein leichtes Aufatmen, da der Kiel wieder über tieferes Wasser glitt. Doch das Schiff stand immer noch zwei Kabellängen vom Strand entfernt. Wenn der Wind zunahm und gleichzeitig die Richtung änderte, konnte die Destiny bei dieser geringen Wassertiefe und bei so wenig Platz für ein Freisegeln von dem ausgedehnten Riff noch immer in Schwierigkeiten geraten.
    »Fünf Faden!«
    Dumaresq gab Palliser ein Zeichen. »Aufschießen und klar zum Ankern!«
    Mit Segeln, die in der großen Hitze kaum killten, drehte die Destiny träge im

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