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Kantaki 01 - Diamant

Kantaki 01 - Diamant

Titel: Kantaki 01 - Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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einfach aufzulösen schien. Dahinter erstreckte sich ein größerer und sehr hoher Raum, der Valdorian erstaunte, da er sich nicht an ein entsprechendes Segment neben dem erinnerte, das seinen Levitatorwagen aufgenommen hatte. Schilderungen Lidias fielen ihm ein, von multidimensionalen Räumen, die innen größer waren als außen. Die Kantaki lebten nicht nur abseits des normalen Zeitstroms, sondern auch außerhalb der gewöhnlichen Dimensionen. Die hyperlineare Struktur der Dinge, die ihre Existenz bestimmten und mit denen sie sich umgaben, war für das linear denkende menschliche Gehirn kaum begreiflich und nur schwer wahrnehmbar. Und doch gab es Menschen, die sich – wie damals Lidia – wünschten, in einer derart bizarren Umgebung zu leben und die Schiffe der Kantaki durch den Transraum zu steuern.
    Die Luft in dem größeren Raum schien eine andere Konsistenz zu haben, denn Valdorian spürte einen sanften Widerstand, der sich allen seinen Bewegungen entgegensetzte. Vage Schatten glitten im Halbdunkel hin und her, verschmolzen mit Wänden und Decke, kehrten zurück und durchdrangen ihn, ohne dass er etwas fühlte, abgesehen von einer wachsenden Nervosität. Er begriff plötzlich, dass er hier und jetzt an einem Ort stand, der sich außerhalb des normalen Zeitstroms befand und nicht – wie die Transportblase – Teil des Menschen vertrauten Kontinuums war.
    Der Akuhaschi gab einige klickende Laute von sich, die sein Linguator nicht übersetzte, und trat durch die Öffnung in der Wand, die sich hinter ihm wieder mit fester Substanz füllte.
    »Hallo?«, fragte Valdorian unsicher.
    Vor ihm in der fast grenzenlos wirkenden Dunkelheit schwoll einer der Schatten langsam an und gewann Konturen. Valdorian sah ein Geschöpf, das ein ganzes Stück größer war als er selbst und ihn an eine Gottesanbeterin erinnerte. Bei jeder Bewegung der langen, dürren Gliedmaßen huschten Leuchterscheinungen über den insektoiden Körper des Kantaki, wie von einer Fluoreszenz in der Luft. Ein dreieckiger Kopf ruhte auf einem langen, ledrigen Hals, und zwei multiple Augen, bestehend aus tausenden von kleinen Sehorganen, wölbten sich über die rechte und linke Gesichtshälfte. Valdorian hatte Bilder von Kantaki gesehen, aber jetzt stand er zum ersten Mal einem gegenüber und spürte etwas, das Bilder nicht vermitteln konnten und sich nur schwer definieren ließ, vielleicht so etwas wie Erhabenheit.
    »Sind Sie Vater Groh?«
    Das Geschöpf kam noch etwas näher, löste sich ganz aus dem Halbdunkel, und Valdorian bemerkte fetzenartige Gebilde, die am zentralen Leib und an den Gliedmaßen hingen. Kleidung? Schmuck?
    Es klickte, und ein Linguator übersetzte.
    »Und du bist Rungard Avar Valdorian.«
    »Ich bin der Primus inter Pares des Konsortiums«, fügte Valdorian hinzu.
    Vater Groh hob zwei in Greifzangen endende Gliedmaßen und senkte sie wieder. »Menschen schmücken sich gern mit Titeln.«
    Valdorian spürte, wie Ärger in ihm erwachte, der gleiche Ärger, der auch seinen Vater erfüllt hatte. Ärger über das Monopol der Kantaki und die Abhängigkeit von ihnen.
    »Ich bin gekommen, um eine Bitte an Sie zu richten, Vater Groh.«
    »Und ich bin hier, um dich anzuhören, Valdorian«, klickte der Kantaki.
    »Ich …« Valdorian suchte nach geeigneten Worten und kämpfte gegen ein völlig unvertrautes Unterlegenheitsgefühl an, das Öl ins Feuer seines Ärgers zu gießen drohte. »Ich habe ein langes Leben hinter mir und …«
    »Dein Leben wäre nur eine Sekunde in der Existenz eines Kantaki.«
    Valdorian atmete tief durch. Er war nicht daran gewöhnt, dass man ihn unterbrach.
    »Ich bin krank«, sagte er. »Unheilbar krank. Mein Körper lässt mich im Stich. Ich muss bald sterben.«
    Wieder erklang die klickende Stimme des Kantaki. »Leben und Tod gehören zusammen. Selbst wir Kantaki müssen einmal sterben.«
    Etwas in Valdorian zerriss und hinderte ihn daran, mit diplomatischem Geschick auf sein Ziel zuzusteuern. Vielleicht lag es daran, dass er noch immer unter Schock stand.
    »Nach dem Krieg gegen die Temporalen haben Sie an vielen Stellen die Raum-Zeit repariert«, sagte er und sprach schneller als sonst. »Sie wissen, was es mit der Zeit auf sich hat. Sie können sie Ihren Wünschen anpassen. Bitte helfen Sie mir.«
    Vater Groh schob sich etwas näher und blickte auf den Menschen hinab. »Was erwartest du von mir?«, fragte er, und diesmal klang seine klickende Stimme etwas anders.
    »Bringen Sie mich zu einer …« Valdorian

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