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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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mental derart starken Gegner gestoßen zu sein? Oder hatte der Fremde mehr in ihr bewirkt, als sie sich eingestand?
    »Lassen Sie sich nicht zu einem Instrument machen, Ehrenwerte«, sagte Erasmus. »Es würde uns zwingen, drastische Maßnahmen zu ergreifen.«
    »Nein«, erwiderte sie, sah den Fremden an und dachte: Ich bin tausendachthundert Jahre alt. Seit mehr als siebzehn Jahrhunderten kenne ich das Tal-Telas, und ich kenne es besser als viele andere Meisterinnen auf Millennia. Dieser Mann mag aus der Zukunft kommen, aber hier ist er isoliert, und er hat nur seine eigene Kraft, mehr nicht.
    Tamara senkte die Lider, öffnete die anderen Augen, die inneren, und sprang ins Bewusstsein des Fremden. Diesmal versuchte sie gar nicht, subtil zu sein, ganz im Gegenteil: Mit brachialer Gewalt fegte sie jeden Widerstand beiseite, auf den sie stieß, separierte in Iremia die Prozessorkerne vom Gehirn, unterbrach erneut die Datenkanäle und verhinderte in Hilmia, dass sich komplexe, planende Gedankenmuster bildeten. Als mentaler Wirbelwind zog sie durch das fremde Selbst und stieß die Hände beiseite, die sich erneut nach ihr ausstreckten, um sie zu zerquetschen. Ein Name wehte ihr entgegen – Klykyr –, und Tamara erkannte ihn als Namen des Fremden. Damit war ein wichtiger Schritt getan, denn Name bedeutete Identität, und Identität bot ihr einen konkreten Ansatzpunkt. Sie begann damit, die Kontrolle zu übernehmen und auszudehnen.
    Ein Datenkanal weckte ihre Aufmerksamkeit, und sie schickte mentale Sonden an ihm entlang. Als sie feststellte, dass eine direkte Verbindung mit Klykyrs Gedächtnis bestand, begriff sie, dass sie ihr Ziel erreicht hatte. Sie machte die Separation des betreffenden Datenstrangs rückgängig und bohrte mentale Wurzeln hinein, die es ihr ermöglichten, den Fluss der Informationen zu steuern. Es war, als säße sie an einer Konsole, mit vollem Zugriff auf eine große Datenbank.
    Erinnerungsbilder erschienen, wesentlich deutlicher als zuvor. Tamara sah Klykyr in Gesellschaft von Geschöpfen, die ihm weitgehend ähnelten, in einem Gebäudekomplex, der zum größten Teil aus Hunderten von etwa vier Meter großen Individualzellen bestand. Ein anderes Bild zeigte ihr einen Sternenhimmel über Wabengebäuden, und sie versuchte, sich das Bild einzuprägen – vielleicht konnte anhand der Konstellationen später festgestellt werden, aus welcher Zeit Klykyr kam. Weitere Szenen folgten, und eine von ihnen verweilte etwas länger im Fokus von Tamaras Aufmerksamkeit, denn sie zeigte die Menschen der Zukunft mit den Repräsentanten eines Volkes, das sie nicht kannte. Sie waren ebenfalls humanoid, hatten eine aus silbernen Schuppen bestehende Haut und zweigelenkige Arme und Beine. Die Hände hatten keine Finger, sondern Tentakelbündel, und der Kopf sah aus wie eine auf der Spitze stehende Pyramide. Im Datenkanal tauchten zwei Namen auf, die sich beide auf diese Geschöpfe bezogen: Temporale , auch Eterne genannt.
    Klykyr versuchte noch immer, Widerstand zu leisten, aber es fiel Tamara jetzt nicht mehr schwer, ihn in seine Schranken zu weisen. Sie veränderte die elektrische und chemische Aktivität bei Neuronen und Synapsen, um bestimmten Denkmustern vorzubeugen, während der größte Teil ihrer Aufmerksamkeit dem Datenkanal galt. Sie lernte immer besser damit umzugehen und wie bei einer Datenbank Suchanfragen zu formulieren, um gezielt Informationen abzurufen. Wie sind die Menschen in der Zukunft zu dem geworden, was sie sind? , lautete eine der Fragen, die ihre Gedanken stellten. Das mnemische Gewebe in Tamara war längst hyperaktiv und nahm die Datenflut für Sektion 1 auf. Eine Selektion für die permanente Speicherung konnte später erfolgen, wenn es möglich war, die Informationen zu sortieren.
    Tamara sah Planeten, die gar keine Planeten mehr waren, sondern gewaltige kybernetische Organismen, superadaptive Hypertrone, die selbst schufen, was sie brauchten, eine bestimmte Rohstoffbasis vorausgesetzt. Und sie sah Menschen, die aus den ehemaligen Allianzen Freier Welten kamen, Flüchtlinge, die vor den Graken Schutz suchten. Und andere, Männer und Frauen, deren Körper zum größten Teil aus Prothesen bestanden, vor allem Kriegsversehrte, die hofften, mit der Technik der Zäiden ihre alte physische und psychische Leistungsfähigkeit zurückzugewinnen. Vielleicht befanden sich unter ihnen auch Personen, die ganz bewusst einen anderen Weg einschlagen wollten, die davon träumten, den bisherigen

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