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Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Kap der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Kap der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Smith
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schließlich als den alten Beatles-Song »Lucy in the Sky with Diamonds«. Beinahe hätte sie gelacht, beherrschte sich dann aber, aus Angst, die Nadel könnte womöglich in ihrer Wirbelsäule abbrechen.
    Als das Anästhetikum begann, ihre Haut zu betäuben, näherte sich der summende Mann mit einer erheblich größeren Nadel. Susan schloss die Augen und erinnerte sich an den Augenblick, als sie ihre Tochter gezeugt hatten.
    Es war nach dem Glücksspielärger gewesen, wie sie und Jack das nannten. Nachdem er ausgepackt und alles gebeichtet hatte, hatte sie ihm erlaubt, sie für ein Wochenende in eine Hütte in den Sierras zu entführen. Nur sie beide. Matt blieb bei ihrer Schwester.
    Es war ein idyllisches Wochenende gewesen. Während der heißen Tage waren sie gewandert, als später die Nachtkälte in die Hütte kroch, hatten sie vor dem offenen Kamin gelegen und sich geliebt. Es war schmalzig, kitschig, romantisch, und sie hatte jede Minute genossen. Und sie hatte Jack mehr als je zuvor geliebt. Sie hatte ihm wieder ihr Herz geöffnet; das war die Nacht gewesen, in der sie dieses Kind zeugten.
    Als sie aus den Bergen zurückkehrten, zurück in das riesige L. A., hatte sie einen erneuerten Optimismus empfunden. Es war etwas Schlimmes passiert, aber sie hatten die Sache geklärt und überstanden. Sie hatten die Krise gemeistert und ihre Ehe gerettet.
    Alles war gut.
    Natürlich hatte er weitergezockt. Und dann kamen Milwaukee und der Telefonanruf, als er verlangte, dass sie und Matt sich in Florida mit ihm treffen sollten. Es war etwas in seiner Stimme gewesen, das jede Diskussion unmöglich machte. Also hatte sie den Hund zu ihrer Schwester gebracht und war mit ihrem Sohn zum Flughafen gefahren.
    Sie kehrten nicht mehr nach Hause zurück.
    Das Leben wurde zu einem Provisorium, der Mann, den sie geheiratet hatte, wurde ihr genauso fremd wie die Namen, die in den falschen Papieren standen.
    Der Anästhesist ließ das Anästhetikum in ihre Wirbelsäule träufeln. Es gab einen Moment, da berührte der Katheter einen Nerv und bewirkte ein kurzes Kribbeln in einem Bein, dann spürte sie eine nicht unangenehme Taubheit von der Taille abwärts.
    Es hatte etwas Beruhigendes, sich einfach hinzugeben, den eigenen Willen vorübergehend abzustellen und anderen die Verantwortung für den weiteren Verlauf der Dinge zu überlassen.
    Sie erlaubte sich, diese Ruhe zu genießen. Sie wusste, dass es nicht lange so bleiben würde.
    Inzwischen waren sie tief in die Flats vorgedrungen, erreichten Paradise Park. Benny Mongrel griff noch einmal nach hinten und hob die Decke von Barnard. Der atmete flach und mühsam, aber er lebte noch.
    Benny Mongrel war ein Kenner des Schmerzes. So wie andere am Kap einen Wein kosteten und sich dann lang und breit über Herkunft und Raffinesse des Tropfens auslassen konnten, wusste er die Wirkungen des Schmerzes zu goutieren, den er anderen zufügte.
    Und er wusste, dass er dem fetten Mann mehr Schmerz bereitet hatte als jedem anderen Opfer zuvor. Selbst wenn die Ergebnisse, zumindest oberflächlich, weniger grässlich waren als bei früheren Übungen. Die Gliedmaßen des fetten Bullen waren immer noch mit seinem Torso verbunden, die Zunge befand sich immer noch in seinem Mund, und seine Organe waren immer noch von Muskeln, Fettgewebe und Haut ummantelt. Aber das Einführen der umwickelten Klinge, das Durchschneiden der Epidermisschichten, die Bewegung durch subkutanes Fett und Fleisch bis auf die Nervenenden und das Bindegewebe hatten im Zusammenspiel eine größere Symphonie des Schmerzes ergeben, als er sie jemals einem Körper zugefügt hatte.
    Der fette Mann hatte außergewöhnlich lange standgehalten, und das hatte Benny Mongrel verblüfft. Nachdem er Barnard angesehen hatte, war er zu der schnellen Meinung gelangt, dass er ohne Dienstmarke und Kanone schwach und aufgeschmissen wäre. Er hatte damit gerechnet, dass er reden würde, sobald ihm die Klinge gezeigt wurde. Doch jedes Mal, wenn das Klebeband von seinem Gesicht gerissen wurde, hatte der fette Bulle immer wieder nur die gleichen zwei Worte ausgestoßen, fickt euch , als wäre es ein Gebet.
    Dann hatte es den Anschein, als sei der fette Mann in eine andere Welt übergetreten. Er schloss die Augen. Er nannte ein, zwei Namen, dann ließ er ein Gebrabbel los, das für Benny Mongrel klang wie die Scheiße, die manche der durchgeknallten Spinner im Knast von sich gegeben hatten, wenn sie mit ihren Göttern sprachen.
    Das war der Augenblick, als

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