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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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ich weiß. Aber ich habe es eben einfach nicht kommen sehen. Ich war nicht darauf vorbereitet. Es kam aus heiterem Himmel. Weißt du, erst ist noch alles ›London‹« – und das war ein wichtiges Wort für sie beide, ein Code für das Entkommen, für die weite Welt, das große Leben, die offene Straße und all die Möglichkeiten, die über ihr kleines Zuhause weit hinausgingen –, »und im nächsten Moment komme ich mir so vor, als wäre ich, ich weiß auch nicht, als wäre ich auf dem Müll gelandet. Ich bin niemand. Ich stehe wieder da, wo ich angefangen habe. Ein Niemand.«
    »Für mich bist du kein Niemand.«
    »Nein, ich weiß«, sagte Parker, und zum ersten Mal seit Tagen schenkte er ihr ein echtes Lächeln, sein typisches freches kleines Lächeln, das zu den Dingen gehörte, die Daisy rückhaltlos an ihm liebte. »Für dich bin ich kein Niemand. Ich bin kein Niemand. Das kann er mir nicht wegnehmen.«
    Daisy klopfte neben sich aufs Bett. Parker, der immer noch vollkommen nackt war, setzte sich neben sie und nahm ihre Hand.
    »Wenn du dich so abkapselst und ganz schwarz bist vor Elend«, sagte sie, »ist das gar nicht gut. Siehst du, es ist viel besser, darüber zu reden.«
    »Ich möchte dich nicht langweilen. Und es gibt eine riesige Menge Zeugs, das ich nicht erzählen darf.«
    »Das weiß ich doch. Aber diese andere Methode, damit umzugehen, finde ich noch viel, viel langweiliger.«
    »Also gut. Ich werde mich bemühen«, sagte Parker und drückte kurz ihre Hand in einer Art Abschiedsgeste, damit er sie loslassen, aufstehen und sich anziehen konnte.
    »Komm schon, Fettwanst, ich will jetzt dieses Frühstück, für das wir bezahlt haben.«
    Daisy warf die Bettdecke zurück und stand auf.
    »Du scheinst plötzlich viel fröhlicher zu sein«, sagte sie.
    »Ja, das bin ich auch«, sagte Parker und zog sich seine Jeans an. Gestern Abend war ihr aufgefallen, dass er der einzige Mann im Hotel war, der Jeans trug, aber das war ihr jetzt egal. »Als ich auf dem Klo war, ist mir eine Idee wieder eingefallen, die ich mitten in der Nacht hatte.«
    »Eine Idee?«
    »Na ja, eher ein Plan. Eine Art Plan. Aber jetzt lass uns gehen und frühstücken. Und dann ziehen wir los und schauen uns die Möse von diesem alten Weibsstück an.«
    Sie warf mit einem Kissen nach ihm. Aber sie traf nicht.

54
    Am Mittwoch hatte Freddy Kamo erfahren, dass er am Samstag zur Startelf gehören würde. Zum ersten Mal würde er von Anfang an spielen. Er hatte sich diesen Augenblick gewünscht, herbeigesehnt, sich danach verzehrt, davon geträumt und sich geärgert, dass er noch immer nicht eingetreten war. Er war so weit. Patrick, der immer versucht hatte, eine gemäßigte, philosophische, langfristige Sichtweise zu vertreten, wenn es darum ging, wann Freddys erstes vollständiges Spiel stattfinden würde, musste feststellen, dass er genauso aufgeregt war wie sein Sohn. Er wird ein ganzes Spiel lang spielen! In der Premier League! Mein kleiner Junge! Hilfe!
    Aber zu Freddy sagte Patrick: »Ich freue mich für dich. Du wirst uns alle mit großem Stolz erfüllen.«
    Es gab Momente, da nahm Patrick es Mickey übel, wie nah er seinem Sohn stand. Er wusste ganz genau, dass Mickey unentbehrlich war und dass Freddy ihm wirklich am Herzen lag; aber er war auch nur ein Mensch und konnte es nicht vermeiden, dass er sich, wenn auch nur ein ganz klein wenig, von Mickey verdrängt fühlte. Es war ein bisschen so, als hätte Freddy einen zweiten Vater bekommen. Aber heute, bei diesen Neuigkeiten, wusste er, dass es nur noch einen anderen Menschen auf der Welt gab, der genauso ausgelassen und schwindelig vor Begeisterung sein würde wie er selbst, und das war Mickey. Nachdem Freddy vom Training zurückgekehrt und direkt nach oben in den Raum mit den Computerspielen gegangen war, griff sich Patrick das Telefon und rief sofort das Club-Faktotum an.
    »Glaubst du, er ist so weit? Ganz ehrlich?«, fragte Patrick. An diesem Morgen war schon wieder eine dieser Karten in der Post gewesen, die er so hasste, eine von denen, die behaupteten, dassirgendjemand das wollte, was sie hatten. Normalerweise löste das immer eine große Besorgnis in ihm aus, aber heute war es anders. Patrick wusste, dass purer Neid in dieser Situation ein durchaus angemessenes Gefühl war.
    »Er wird sie wie ein Tiger zerreißen!«, sagte Mickey. Er war sogar noch aufgeregter als die beiden Kamos. Er konnte gar nicht mehr aufhören zu grinsen, seine Beine strampelten doppelt so schnell wie

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