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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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bewundernden Blick zu. Da staunste, was, dachte Matya, schau du nur …
    Die Veranstaltung fand in Fishmongers’ Hall statt, einem eindrucksvollen alten Gebäude, das früher als Zunfthaus gedient hatte, mit hohen Decken und einer geradezu einschüchternden Imposanz. Die Atmosphäre hatte sowohl etwas von der Verlässlichkeit des alten Londons als auch vom neureichen Glanz der heutigen City. An der Außenseite gab es eine Steintreppe, eine von der Art, auf der die Besucher lässig hochtraben, emportänzeln oder elegant hinaufgleiten konnten. Am Eingang stand ein Team von Kellnern mit Champagnergläsern und ein Empfangskomitee, das den eintreffenden Gästen die Hände schüttelte. Matya geriet bei dessen Anblick einen Moment lang in Panik, aber Roger, der ihre Reaktion richtig gedeutet hatte, flüsterte ihr zu: »Sagen Sie einfach Ihren Namen«. Das tat sie dann auch, und der Mann drehte sich um und verkündete:
    »Matya Balatu«,
    in einer solchen Lautstärke, als handelte es sich um den Namen einer Berühmtheit oder einer Adeligen. Dann ging sie an Rogers Arm in den großen Ballsaal, der von riesigen Kronleuchtern erhellt wurde und in dem sich die Menschen aus der Finanzwelt tummelten. Matya konnte sehen, dass der Abend für viele der Anwesenden hier eine Routineangelegenheit war, eine Wohltätigkeitsveranstaltung, die genau so war wie viele andere Wohltätigkeitsveranstaltungen, die sie besucht hatten und in Zukunft noch besuchen würden: nichts Besonderes. Sie wusste aber auch, dass sie selbst entscheiden konnte, was sie von dem Ganzen halten sollte. Also entschied sie, dass der Abend etwas Magisches hatte und dass sie ihn genießen würde; sie entschloss sich, eine geheimnisvolle Frau von Welt zu sein; sie entschloss sich, die fremden Menschen zu mögen, die sie anschauten und sich fragten, wer sie war, und den Champagner, den sie gerade trank, genauso wie das Gefühl, dass diese Art Leben auch genauso gut ihr Leben sein könnte. Dafür mussten nur ein oder zwei Zufälle passieren. Denn es war doch so, wie Arabella immer sagte – das war eine ihre Lieblingsweisheiten –: »Wenn es erst einmal passiert, dann kann es sehr schnell passieren.«
    »Brauchen Sie noch einen Moment?«, fragte Roger, der, auch wenn er nicht ihr Typ und aus verschiedensten Gründen tabu war, in seinem schwarzen Smoking sehr groß und attraktiv aussah. »Ich sehe da ein paar Leute, die ich kenne. Wir könnten uns dazugesellen oder uns noch ein bisschen Zeit lassen. Ich weiß, es ist alles ein bisschen viel auf einmal.«
    Da hatte er recht. Matya nickte, und sie gingen durch den Saal zu der schon nicht mehr ganz nüchternen Gruppe von Pinker-Llyod-Angestellten, die sich zusammen mit ihren Ehefrauen, Freundinnen und Bekannten unter einem der Kronleuchter in der Mitte des Raumes versammelt hatten. Die Männer stritten sich über Fußball und Autos, und die Frauen sprachen in jenem leisen, vertraulichen Tonfall miteinander, den sich Leute aneignen,die sich nicht besonders mögen, aber gesellschaftlich gezwungen sind, miteinander auszukommen. Wenn er zynisch gestimmt war, dann schaute sich Roger bei Zusammenkünften wie dieser kurz um und ermittelte allein aus der Körpersprache, welche der Anwesenden die wichtigsten Männer waren. Das war meistens ein Kinderspiel, und auch hier und jetzt fiel ihm die Sache nicht schwer: Es war Lothar, dessen Gesicht die gewohnte, gesunde, rötliche Ich-bin-viel-an-der-frischen-Luft-Farbe hatte. Er demonstrierte den anderen gerade etwas mit dem Außenrist seines Fußes, als wollte er ihnen zeigen, wie man darauf einen Ball balanciert. Mehrere andere Männer, die in der Hierarchie der Bank unter ihm standen, schenkten ihm währenddessen ihre volle und ergebene Aufmerksamkeit. Aber das fand Roger nicht schlimm. Jede Bank musste ihre Hierarchie haben, und jede Hierarchie brauchte einen Boss, und was Bosse anbetraf, war Lothar gar nicht mal der schlechteste. Die einzige Person, die sich nicht an der allgemeinen andächtigen Bewunderung zu beteiligen schien, war Mark. Rogers komischer Kauz von einem Stellvertreter starrte auf seine Füße hinunter und machte ein finsteres Gesicht, als wäre ihm gerade in diesem Augenblick klargeworden, dass er die falschen Schuhe anhatte. Roger dachte nicht weiter darüber nach; er hatte schon vor langer Zeit jeden Versuch aufgegeben, herauszufinden, was in Marks Kopf vor sich ging. Und es war ein Glück, dass er es nicht wusste, denn ein Großteil davon war sehr düster und

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