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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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funktioniert, das siehst du doch ein, oder? Ich würde nicht so drängeln, ich weiß, dass man sich auf dich verlassen kann. Aber Treys Mechaniker ist abgehauen, und wir brauchen das Geld für einen neuen Mann, den Trey schon im Visier hat. Ich glaube, du schuldest mir um die neuntausend, plus/minus einhundert. Ich hab’s nicht so genau nachgerechnet. Schick mir neuntausend und wir sind quitt. Ich will niemanden auf die ausstehenden Unterhaltszahlungen stoßen müssen. Bitte zwing mich nicht dazu, Schatz. Okay? Keiner hat was davon, wenn du ins Gefängnis wanderst. Ach ja, du musst unbedingt auf den roten Camaro achten, bei der Gatorade 125 auf ESPN. Das ist Trey seiner. Und weißt du, was sein Motto ist? ›Platz da oder es kracht!‹ Total draufgängerisch! Aber ohne den neuen Mechaniker schafft er es nicht ins Feld. Tu dein Bestes, Schatz. Wirklich, wir brauchen das Geld. Ich liebe dich noch.«
    Ich rief die Nummer in Lauderdale an, die sie hinterlassen hatte. Ihr Anrufbeantworter war dran. »Ich arbeite nicht, Gert«, sagte ich. »Nicht mehr, seit du abgehauen bist. Du bekommst ein Drittel von Null, Schatz. Okay?« Ich ging duschen.
    Um mir Gert aus dem Kopf zu spülen, stellte ich mir Jillian vor, kniend, unter der Dusche. Ihren Blick über die Schulter. Ihr Lächeln. Den herzförmigen Hintern in die Höhe gereckt, bereit. Wasserperlen an den Ringellocken. Gert war vergessen.
    Ich zog mich an und ging hinaus in den fürchterlichen Sturm. Inzwischen war die Sicht noch schlechter geworden. Dank der ausgeleierten Stoßdämpfer rüttelte der Wind meinen kleinen Ford Escort derart durch, dass man den Eindruck gewinnen konnte, ein schwergewichtiges Paar rammelte sich auf dem Rücksitz um den Verstand.
    Ich stieg in den Wagen, startete ihn, schaltete die Scheinwerfer an und fuhr auf der Mesa nach Norden, dem märchenhaften Anwesen der Rensellers entgegen. Ich brauchte ein paar Antworten.

Fünfzehn
    Das Tor war nicht nur unverschlossen, es stand sogar weit offen. Ich fuhr den steilen Slalom hinauf zum Haus. Im Zwielicht wirkte das Haus mit seinen diversen Giebeln riesig und unheimlich, als hätte sich die märchenhafte Atmosphäre in etwas Unheilvolles verwandelt. Oben, kurz vor der Porte Cochère, standen zwei Mercedes, ein Chevrolet und ein Lincoln, genauer gesagt, Jillians schwarzer Mercedes, ein 300SL Gullwing Coupé, der klobige Chevrolet Suburban und ein neuer Lincoln Town Car. Der große Lincoln hatte mexikanische Nummernschilder, D.F.-Nummernschilder – Distrito Federal –, was bedeutete, dass er in Mexico City zugelassen war. Jillian veranstaltete wohl ein Treffen, was das offen stehende Tor erklären würde. Ich klingelte sechsmal, bevor die Tür geöffnet wurde.
    »Uri, was für eine Überraschung«, sagte sie. Sie trug eine Art Hausanzug aus Seide, war barfuß und hielt einen Martini in der Hand.
    »Wer ist da, Jilly?«, rief eine Männerstimme von drinnen.
    »Uriah Walkinghorse«, verkündete sie, dabei betonte sie die einzelnen Silben und zog das Ganze so ins Lächerliche.
    Eine Böe erfasste die Tür und warf sie gegen den Türstopper. Jillians seidener Hausanzug fing an wie wahnsinnig zu flattern, wie eine Fahne im Hurrikan. Ich betrat das Haus und drückte die Tür mit meiner Schulter zu, derweil der Wind an der Tür zerrte wie ein Betrunkener, der vorhatte, die Party zu sprengen.
    »Komm, tritt näher«, sagte sie unbekümmert. Ihr Atem roch nach Wermut. Sie lächelte auf eine lockere, leicht benebelte Art und ihre Augen waren glasig. »Ich gebe eine kleine Party.« Sie nahm mich beim Arm und zog mich in die Halle. Ich musste mich ihren kleinen, unsicheren Schritten anpassen.
    Wir gingen ins Wohnzimmer. Zwei Männer und eine Frau saßen um einen Glastisch herum. Einer der Männer – Silberhaar, gebräunt – sah aus wie ein GQ-Model, das als Tennisprofi posiert. Der andere war ein vornehm wirkender Mexikaner mittleren Alters. Er trug das Haar nach hinten gekämmt und zum Zopf gebunden, zum Zopf eines Matadors. Seine Haltung war freundlich und distanziert zugleich, als zöge er die Rolle des Beobachters der des Akteurs vor.
    Der Tennisprofi trug ein gelbes Sportsakko aus einem sanft schimmernden Stoff, darunter ein schwarzes T-Shirt. Das Kristallglas seiner 1000-Dollar-Uhr reflektierte das Licht, als er auf dem Glastisch Kokain mit Hilfe eines vergoldeten Taschenmessers fachmännisch zerhackte.
    Die Frau zog die Line durch einen eng zusammengerollten Geldschein. »Ich liebe es, mir das Zeug direkt

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