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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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erhalten hatte, einschließlich dem, zwischen Toiras und Buckingham zu vermitteln, war
     dieser zweifellos der heikelste. Denn auf der Insel Ré hatte es sich nur darum gehandelt, auf Toiras einzuwirken, damit er
     den Mund nicht zu voll nähme, und Buckingham in der Illusion zu wiegen, man führe Krieg im Spitzenkleid. Diese Affäre jetzt,
     wenn ich mir den Rang, die hohe Stellung und die Ambitionen der drei Beteiligten vergegenwärtigte, erschien mir auf den ersten
     Blick derart dornig, daß ich stark bezweifelte, damit zu einem guten Ende kommen zu können.
    Diese Stimmung hielt jedoch nicht an, und als ich wieder Mut faßte, wer kam mich da besuchen, nachdem er trotz seines Alters
     die lange Reise von Paris nach La Rochelle auf sich genommen hatte? Mein Vater, der Marquis de Siorac, mit seinem unwandelbaren
     Freund, dem Chevalier de La Surie. Weil sie nicht wußten, wo ich wohnte, hatte der stets findige La Surie den Sitz des Nuntius
     erkundet und dort, wie erhofft, Fogacer getroffen, der, ebenso wie der Kardinal, nur auf niedrigerer Stufe, immer alles über
     alle wußte und ihn geradewegs zum Schloß Brézolles führte, obwohl ich ihm nicht verraten hatte, daß ich dort wohnte. Weiß
     der Teufel, wieso diese Soutanen immer so gut unterrichtet sind! Vielleicht ein mysteriöses Wirken der göttlichen Gnade?
    Was nun Madame de Brézolles anlangte, so war sie von meinem Vater ganz entzückt, von seiner hohen Gestalt, seinem weißen Haupt,
     seinen höflichen Manieren, von der jugendlichen Lebhaftigkeit seines Geistes und seiner Zunge, ebenso aber von der Bewunderung,
     die er ihr vom ersten Moment an bezeugte.
    Sie lud ihn sogleich ein, bei ihr zu wohnen, natürlich auch La Surie und – ich nenne sie als letzte, wiewohl sie nicht die
     geringste war – Margot, unsere kleine Holzdiebin! Margot, von der mein Vater sich nicht hatte trennen wollen. Anstatt über
     ihre Anwesenheit die Stirn zu runzeln, hatte Madame de Brézolles, großmütig und voller Verständnis, daß die junge Frau dem
     Marquis de Siorac der Trost seiner alten Tage war, sie freudig und gerührt willkommen geheißen und ihr ein hübsches Zimmerchen
     neben dem meines Vaters gegeben.
    »Mein Freund«, sagte sie am Abend, als wir zu zweit waren, »wenn Ihr mir versichern könnt, daß Ihr in fünfzig Jahren |68| Eurem Herrn Vater gleicht, nehme ich Euch, ob Ihr wollt oder nicht, auf der Stelle zum Mann.«
    Ich war so glücklich über das Kommen des Marquis de Siorac, daß ich ganz gegen meine Gewohnheit nach unseren Umarmungen beinahe
     eingeschlummert wäre. Im rosigen Dämmer des Himmelbettes sann ich der tiefen Liebe nach, die mein Vater für mich hegte (und
     ich für ihn). Wie unendlich dankbar war ich ihm, daß er all die Unbequemlichkeiten der langen Reise auf sich genommen hatte,
     um mir mit Rat und Tat beizustehen, so wie schon bei dem gescheiterten Hinterhalt von Fleury en Bière.
    Welch große Hilfe und Ermutigung war er mir dabei gewesen! Und vielleicht, dachte ich, könnte er es mir auch in der gegenwärtigen
     Schwierigkeit sein, immerhin kannte er zwei der Protagonisten dieses großen Streits besser als ich: Den Herzog von Angoulême,
     den er nach der Ermordung Heinrichs III. beschützt und getröstet hatte, und Bassompierre, den er als einen seiner engsten
     Freunde betrachtete, auch wenn er ihn seit seiner Vermählung mit meiner Halbschwester und im Wissen dessen, was er wußte,
     nicht mehr so häufig gesehen hatte.

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    |69| DRITTES KAPITEL
    Am nächsten Morgen frühstückten wir beizeiten, leider ohne Madame de Brézolles, die uns durch Monsieur de Vignevieille ausrichten
     ließ, sie sei noch zu müde von einer schlaflosen Nacht. In Wahrheit, glaube ich, wollte sie sich vor vier Edelmännern nicht
     zeigen, ohne zuerst entzückend geputzt, geschminkt und frisiert zu sein.
    Nicht bei allen traf die »schlaflose Nacht« auf taube Ohren, so wie bei Nicolas, der still und stumm blieb, als wisse er von
     nichts. Mein Vater blinzelte mich an, öffnete den Mund, schloß ihn aber gleich wieder, und in den Mundwinkeln von Miroul 1 glomm ein Schmunzeln.
    Es war mir eine Freude, meinen Vater trotz der langen Reise so lebhaft und munter zu sehen. Mit welchem Heißhunger biß er
     in die Brotschnitten, die ihm Margot, auf einem Schemel neben ihm, mit frischer Butter bestrich. An ihr waren die Jahre spurlos
     vorübergegangen. Ihr Gesicht war noch genauso frisch und schön wie an jenem Wintertag, als sie in ihrer Not versucht

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