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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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heißt, eine nahezu unabhängige Armee, eigene Finanzen und so weiter zu haben, nur deshalb so hochgeschraubt sind, damit
     der König sie ablehnt. Desto leichter könnte er um seinen Abschied ersuchen und nach Paris zurückkehren.«
    Hier klopfte es, und Luc meldete, daß Madame de Brézolles uns zum Abendessen erwarte.
    Ich erhob mich. Meine Gäste gingen, doch ich hielt meinen Vater zurück.
    »Herr Vater«, sagte ich, »soll ich dem König Bassompierres ärgerliche Worte wiederholen?«
    »Denkt Ihr, Ihr solltet es nicht?«
    »Das frage ich mich eben. Wenn der König sich in seiner Autorität getroffen fühlt, steigert sich sein Zorn bis zur Wut, und
     dann straft er zu schnell und zu hart. Andererseits aber sind Bassompierres Reden besorgniserregend. Das klingt ja, als befürchte
     er, daß die Einnahme La Rochelles dem König und dem Kardinal ein solches Prestige verschaffen könnten, daß ihre Macht unanfechtbar
     wird. Immerhin setzten die Verschwörer in der Affäre um Monsieurs Vermählung alles daran, den Kardinal und den König zu ermorden.
     Diese Hydra hat vier Köpfe verloren: D’Ornano ist im Kerker gestorben, die Vendôme-Brüder sitzen in Haft, und Chalais wurde
     enthauptet. Aber es wachsen ihr offensichtlich neue Köpfe nach, die mir nicht weniger furchtbar erscheinen.«
    »Mein Sohn«, sagte der Marquis de Siorac, »wenn Ihr diese Sorge tragt, laßt alle Skrupel hinsichtlich einer Freundschaft fahren,
     die keine mehr ist. Gebt Bassompierres Worte weiter, aber nur dem Kardinal. Er ist sehr viel bedachtsamer als Ludwig. Jede
     seiner Entscheidungen ist das Resultat sorgfältiger Überlegungen, in denen das Für und Wider genauestens erwogen wurde. Ob
     Richelieu Bassompierres Worte dem König weitersagt oder nicht –, er wird sie bei seinem künftigen Umgang mit dem Marschall
     jedenfalls nicht außer acht lassen.

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    |93| VIERTES KAPITEL
    Mein Vater wollte mich am nächsten Tag nicht zum König und zum Kardinal begleiten. Die Schlichtung zwischen den Marschällen
     sei meine Aufgabe gewesen, sagte er, und mir allein obliege es, dem Herrscher und seinem Minister vom Ergebnis meiner Bemühungen
     Bericht zu erstatten. Als ich ihm für seine Hilfe in dieser heiklen Angelegenheit dankte, wehrte er großmütig ab, er habe
     dabei nur das fünfte Rad am Wagen gespielt, ohne ihn hätte ich die Sache genauso gut gemacht.
    Am meisten betrübt über die väterliche Entscheidung war sicherlich der Chevalier de La Surie, weil er zu gern noch einmal
     den König gesehen, vor allem aber seinen Blick auf sich gefühlt hätte, so als wüchsen ihm, wenn der Gesalbte des Herrn sein
     Auge auf ihm ruhen ließ, besondere Ehre und Würde zu.
    Beim Frühstück nun, das wir an diesem Morgen später und daher gemeinsam mit Madame de Brézolles einnahmen, kündigte mein Vater
     ihr nach tausend Danksagungen für die genossene Gastfreundschaft an, daß er nach Nantes weiterreisen wolle, um meine Halbbrüder,
     Pierre und Olivier de Siorac, zu besuchen.
    Zu meiner großen Überraschung und Betrübnis sagte Madame de Brézolles hierauf, sie wäre meinem Vater überaus verbunden, wenn
     ihre Karosse sich der seinen bis Nantes anschließen dürfte. Derweise wäre sie auf den Landstraßen durch seine starke Eskorte
     geschützt, denn am Ort brächte sie eine solche jetzt keinesfalls zusammen, weil alle gesunden Männer für die Belagerung eingezogen
     seien. Der Marquis de Siorac willigte ein, und ich hatte einige Mühe, mir nicht anmerken zu lassen, wie bestürzt ich über
     die plötzliche und unerklärliche Abreise von Madame de Brézolles war, vor allem aber über ihre unerwartete Art, diese mitzuteilen,
     denn ich fand, daß ich in Anbetracht unserer Zärtlichkeiten darauf ein Vorrecht gehabt hätte.
    Doch dies war nicht der Moment, sich vor so vielen Zeugen auseinanderzusetzen, und so machte ich mich, nur von Nicolas begleitet,
     unter schwarzem Himmel und bei kaltem Nieselregen |94| ziemlich niedergedrückt auf den Weg nach Aytré. Dort hörte ich, daß der König nach Coureille aufgebrochen war, um die dortigen
     Arbeiten zu inspizieren. Seine Abwesenheit verdroß mich jedoch nicht, im Gegenteil, sie lieferte mir eine gute Entschuldigung,
     zuerst Richelieu aufzusuchen und ihm nicht nur Bericht zu erstatten, sondern auch die beunruhigenden Worte Bassompierres mitzuteilen,
     mochte er sie Ludwig dann weitersagen oder nicht.
    Als ich den Kardinal das erstemal in Pont de Pierre besucht hatte, war sein Haus –

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