Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Gewissen geredet hast.“
„Du überschätzt mich. Ich mag Korruption nicht sonderlich, ich hätte es lieber gehabt, das Hotel wäre nicht in dieser Bucht gebaut worden. Aber was hätte das jetzt noch geändert?“
Angela hat den meisten ihrer Landsleute Passivität vorgeworfen. Wenn ihr etwas nicht gepasst hätte, dann hätte sie im Gegensatz zu Thomas gehandelt.
Thomas erzählt weiter. „Sie hat also den Bau juristisch vorbereitet und begleitet und sie hat rechtzeitig dafür gesorgt, dass sie danach nicht mehr als Verwaltungsbeamtin des Ministeriums arbeiten musste. Sie kannte die Konzernverantwortlichen, sie hat gute Arbeit geleistet. Sie hat alles dafür getan, den bestmöglichen Job im Hotel zu bekommen.“
„Alles?“
„Nicht so, wie das klingt. Es war zu der Zeit, als ich aus den USA zurückgekommen bin. In meinen letzten beiden Amerika-Jahren ist es mit meinen sportlichen Leistungen bergab gegangen, ich war einfach schon zu alt. Also habe ich mich auf das Studium konzentriert, ich musste es abschließen, denn meine Stipendien waren an sportliche Erfolge gebunden. Und ich wollte endlich wieder heim. Ich hatte die Nase voll von den USA und dem Leistungsdruck dort. Aber daheim: Keine Arbeit. Das heißt, Arbeit genug, ich habe meiner Mutter am Strand geholfen, auch wenn du es nicht glaubst, ich kann sogar ziemlich gut kochen, aber … Man hat mir Jobs angeboten, ich war noch immer so etwas wie ein kleiner Inselheld. Nur konnte ich mich nicht überwinden, im Büro von Doledo zu sitzen und seine Leihwagenfirma, seine beiden Supermärkte und den Baumarkt zu verwalten. Oder mich bei Mac Dougle um den Einkauf von Möbelstoffen zu kümmern. Sie haben mich für hochnäsig gehalten, andere für arbeitsscheu. Dann kamen auch solche Angebote nicht mehr. Manche waren richtiggehend froh, dass aus mir nichts geworden ist. Ich bin allen, aber mir selbst am meisten auf die Nerven gegangen.
Angela habe ich kaum noch gesehen. Sie war mit dem Sohn von Doledo liiert, aber er war ihr nicht wichtig, eher eine Prestigesache, schrecklicher Angeber mit viel zu viel Geld. Vor allem war sie mit dem Hotel beschäftigt, mich hat sie von oben herab behandelt, wieeine etwas skurrile Sandkastenliebe. Und dann habe ich mich um denselben Posten wie sie beworben. Sie war wütend, hat mich zur Rede gestellt, hatte Angst, ich könnte ihr den Job tatsächlich wegschnappen. Mein einziger Trost war, dass sie mit den anderen Bewerbern auch nicht viel freundlicher umgegangen ist. Aber sie hatte ohnehin den besten Zugang, und sie ist schließlich auch Resident Managerin geworden. Und ich habe mich mit einem Posten als Rezeptionist zufrieden gegeben. Dass der oberste Boss ein Weißer sein würde, der vom Konzern entsandt wird, war von vorne herein klar.“
„Mit Hoffmann ist sie klargekommen?“
Thomas scharrt nachdenklich mit einem Fuß im Sand, seine Sandalen sind grau vor Staub. „Ich weiß es nicht wirklich. Ich war in den letzten Monaten mit ihr hin und wieder essen, zwei, nein, drei Mal. Sie war wohl wieder etwas trostbedürftig. Er ist ein sehr distanzierter Mensch. Angela, auch wenn sie nicht immer so wirkt, kann ziemlich heißblütig sein. Und ziemlich verletzlich.“
Ohne es zu merken, hat er in die Gegenwartsform gewechselt. Mitleid. Oder ist da immer noch ein wenig Eifersucht dabei?
„Er war der Boss und das hat er sie auch spüren lassen. Die Arbeit aber hat sie erledigt. Zumindest die, bei der es um Menschen gegangen ist. Und worum geht es sonst in einem Hotel?“
„Ums Geld.“
„Da ist er Fachmann, das stimmt. Laut Angela sogar ein sehr guter. Sie hat den Kopf hinhalten müssen, auch wenn es um die Streitereien mit dem Golden Sand gegangen ist. Man hat sie gefürchtet und beneidet und als hochnäsig abgelehnt. Aber geliebt hat sie keiner.“
„Außer dir.“
„Ja“, erwidert er schlicht und schweigt dann lange. „Es hat so ausgesehen, als hätte ich keine Chance mehr bei ihr. Ein Rezeptionist. Ein gealterter Sportler, der in einer Hütte aufgewachsen ist. Klassen und Hierarchien waren für sie immer sehr wichtig. Sie haben ihr wahrscheinlich Sicherheit gegeben.“ Er seufzt.
Besonders sympathisch ist sie mir immer noch nicht, aber ich kann sie besser verstehen. Und was Thomas bisher zu erwähnenvergessen hat: Sie war eine Schönheit. „Wie ist es dann doch gekommen, dass sie dir eine Chance gegeben hat?“
„Unsere Nacht hat nichts damit zu tun, glaube mir. Ich habe dich gebraucht, ohne dich gesucht zu haben,
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