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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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über das hier Stillschweigen zu bewahren. Ihn einzuweihen wäre keine gute Idee. Immerhin müssen wir ja auch in Zukunft miteinander arbeiten.«
    Obwohl ihr Vorschlag etwas Unlauteres hatte, musste ich ihr beipflichten: Wie sollte Billy den Verrat seiner Partnerin verkraften, wo er sich nicht mal selbst über den Weg traute? Irgendwann musste er davon erfahren, doch das hatte noch Zeit.
    Ich verließ das Revier und marschierte in der Eiseskälte schnellen Schrittes die 4th Avenue hoch Richtung U-Bahn. Auf dem Weg dorthin überschlugen sich meine Gedanken.
    Billy, ein Verdächtiger?
    Sie mochten seinen Namen weggewischt haben, aber ihr Misstrauen würde ich ihnen niemals verzeihen. Was, wenn sie seinen Namen wieder auf die Liste der Verdächtigen gesetzt hatten, kaum dass ich gegangen war? Billys Befürchtungen hatten sich also bewahrheitet: Kaum zeigte man Schwäche, kaum zeigte der eigene Panzer kleine Risse, kamen die Aasgeier angeflogen.

KAPITEL 11
    Ich kleidete Ben für den Kindergarten an, während Mac am Herd Haferflocken in die Milch rührte. Nichts an diesem Morgen war ungewöhnlich, und normalerweise hätte ich mich darüber gefreut, aber leider hatte ich in der vergangenen Nacht kein Auge zugetan. Die Tatsache, dass die andere SOKO, diese inoffizielle Phantomeinheit - diesen Ausdruck hatte ich mir ausgedacht – auf dem 72. Revier Billy unter die Lupe nahm, setzte mir ganz schön zu. Wohl wissend, dass die Nachricht Mac noch stärker unter die Haut gehen würde als mir, hatte ich ihn bisher nicht eingeweiht. Es galt, ein Deja-vu zu vermeiden: Vor achtzehn Monaten hatten wir erfahren müssen, dass ich mich in meiner guten Freundin Jasmine gewaltig getäuscht hatte. Der Gedanke, dass Billy meinen Mann hinters Licht führte, war vollkommen abwegig, denn Billy war nicht nur Macs bester Kumpel, sondern ein herzensguter Mensch, und niemand würde mich vom Gegenteil überzeugen können.
    Wir frühstückten, ehe ich zusammen mit Ben das Haus verließ und wir uns auf den Weg zum Kindergarten machten.
    Die Diskrepanz zwischen der vorweihnachtlich geschmückten Straße und Abby Dekkers Foto, das an jedem Zeitungskiosk auf der Smith Street aushing, erfüllte mich mit Entsetzen. WIRD DER ENGEL WEIHNACHTEN AUS DEM KOMA ERWACHEN?, lautete eine Schlagzeile über einem Schnappschuss, auf dem Abby in einem Elfenkostüm einen Zauberstab schwenkte. Wo hatten sie nur dieses Foto aufgetrieben? Wie gebannt blieb ich davor stehen: dass die Presse eine ältere Aufnahme veröffentlichte, auf der Abby höchstens sechs oder sieben Jahre alt war, um auf diese Weise die Leser zu Tränen zu rühren, empörte mich.
    Als ich merkte, dass Ben bereits an der nächsten Kreuzung auf mich wartete, setzte ich mich sofort in Bewegung und eilte zu ihm.
    Wir begegneten einer Nachbarin, die uns ein Lächeln schenkte.
    Die drei Musketiere kamen um die Ecke und schlenderten die Smith Street hinunter.
    Kaum zu fassen, aber das Leben ging irgendwie weiter.
    Ich legte die Hand auf Bens Schulter, damit er nicht die Straße überquerte und ich den drei Obdachlosen hinterherschauen konnte, die ihrer Wege gingen. Warum ich sie für obdachlos hielt, obwohl sie immer saubere und neu aussehende Klamotten trugen, war mir selbst ein Rätsel. Ich fragte mich auch, wieso ich an ihnen Anstoß nahm. Konnte man überhaupt jemanden so sehen, wie er in Wahrheit war? Oder ließen wir uns alle von Trugbildern und Vorurteilen leiten? Erneut musste ich an George, La-a und Billy denken, doch ich bemühte mich sogleich, den unerquicklichen Vorfall schnell wieder zu vergessen.
    Nachdem ich Ben im Kindergarten abgeliefert hatte, beschloss ich, zum Yogaunterricht im CVJM zu gehen, anstatt – wie geplant – die Koffer für unseren Trip nach Kalifornien zu packen. Ich musste irgendwie versuchen, auf andere Gedanken zu kommen.
    Im hintersten Winkel des Raumes rollte ich meine Matte aus, legte die zusammengefaltete Decke, den Schaumstoffwürfel sowie den Gurt darauf und wartete auf die Lehrerin. Gerade als ich mich setzen wollte, warf ich einen Blick durch die Jalousie vor der Glaswand, die das Yogastudio von dem riesigen Basketballfeld einen Stock tiefer trennte, und meinte, Billy zu erkennen. Ich hob eine Lamelle und vergewisserte mich, dass ich mich nicht getäuscht hatte. Im selben Outfit wie gestern stand Billy vor einer jungen Frau mit langen rostbraunen Haaren, die sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte. Ihre ganze Erscheinung – schwarze Leggings, weites

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