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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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geschlossen. Für mein Dafürhalten wirkte sie ziemlich mitgenommen. Als ich Anstalten machte, sie zu umarmen, schaute sie mich kurz finster an und wandte dann den Blick ab.
    Hinter ihr tauchte ein Mädchen auf und zog an ihrem Zopf.
    »Tschüs, Dathi. Bis morgen. Und denk dran.«
    »Woran sollst du denken?«, fragte ich kurz darauf, als wir auf die Kreuzung zumarschierten, wo unser Bus hielt.
    »Schhh.« Sie schaute konsequent in die andere Richtung.
    Ihr Verhalten irritierte mich, bis ich bemerkte, dass ein Großteil der anderen Kinder nicht von einem Erwachsenen abgeholt wurde und sie sich offenkundig schämte. So hielt ich den Mund, um sie nicht noch mehr zu blamieren, und sprach sie erst wieder an der Bushaltestelle an, wo weit und breit keine Kinder zu sehen waren. »Alles in Ordnung?«, flüsterte ich.
    Sie nickte und flüsterte zurück: »Könnten wir bitte ein paar neue Klamotten für mich kaufen?«
    »Hat dieses Mädchen dir das geraten?«
    »Nein. Ich habe ihr versprochen, später mit ihr auf Facebook Kontakt aufzunehmen.«
    »Ach, das ist vielleicht keine schlechte Idee. Wir könnten erst shoppen gehen und dich dann dort anmelden.« In Wahrheit behagte mir die Vorstellung nicht so richtig. Zwölfjährige auf Facebook? War das normal?
    »Karin«, wisperte sie. »Ich bin schon auf Facebook. Wie alle anderen auch.«
    Ich wusste nicht, was ich davon halten sollte. Also schwieg ich.
    An der Atlantic Avenue stiegen wir aus und erstanden bei Old Navy und Target ein paar neue Kleidungsstücke, in denen sie nicht mehr so auffiel. Und wir kauften auch gleich noch ein paar Schulmaterialien. Daheim packte sie alles, was sie für den Unterricht brauchte, in ihren neuen rot gebatikten Rucksack, loggte sich ganz selbstverständlich in ihren Facebook-Account ein und änderte die Länderoption. Nach dem Abendessen erlaubte ich ihr, noch einmal meinen Laptop zu benutzen, und ermahnte sie zwei Stunden später, ins Bett zu gehen.
    Um halb zehn ging ich in ihr Schlafzimmer, um ihr eine gute Nacht zu wünschen. Dathi lag bereits im Bett und gähnte.
    »Darf ich zu dir kommen?«, fragte ich sie.
    Sie nickte.
    Ich kniete mich neben ihr auf den Boden und streichelte sie in einem Anflug von Mütterlichkeit.
    »Ich habe ihr eine Freundschaftsanfrage gestellt, und sie hat sie akzeptiert«, sagte sie nach einer Weile.
    »Das Mädchen aus der Schule?«
    »Ja, die auch. Aber ich meinte Abby.«
    Ich fiel aus allen Wolken, denn ich konnte mich nicht entsinnen, Dathi gegenüber erwähnt zu haben, wie Abby mit Nachnamen hieß. Und wie hatte sie es bewerkstelligt, Dathi zu antworten, wo sie doch im Krankenhaus lag? Deshalb erwiderte ich: »Das könnte auch eine andere Abby sein. Der Name ist nicht ungewöhnlich.«
    »Abby Dekker. Ich habe im Netz gelesen, was ihrer Familie zugestoßen ist, und sie auf Facebook gefunden.«
    Klar, dachte ich, wenn dort jeder in dem Alter Mitglied ist, warum dann nicht auch Abby? Aber wie war sie im Krankenhaus an einen Computer gekommen? Die Frage musste ich klären.
    »Na, im Netz ist anscheinend nichts unmöglich. Was hat Abby dir geschrieben?«
    »Nichts. Wir haben uns keine Nachrichten geschickt und auch nicht gechattet. Sie hat nur meine Anfrage akzeptiert. Abby hat fünfhundertsiebzehn Freunde. Wie es aussieht, hat sie ihren Status seit einiger Zeit nicht mehr upgedatet. Wann ist der Unfall passiert?«
    »Vor mehr als drei Wochen.«
    »Hm, das passt. Ich habe nur sechsundzwanzig Freunde, alles Mädchen aus meinem Heimatdorf, aber das wird sich bald ändern. Heute Abend war meine ganze Klasse auf Facebook. Und Oja auch. Ich habe ihr von meinen neuen Schulkameraden erzählt.«
    »Ist Abby mit Jungs und Mädchen befreundet?«
    »Mädchen, Jungs, Frauen, Männer. Alle mögen Abby. Ich auch.«
    Nachdem ich ihr eine gute Nacht gewünscht und ihr Zimmer verlassen hatte, merkte ich, wie aufgewühlt ich war. Für meinen Geschmack ging das alles viel zu schnell. Vor dem Schlafengehen ging ich ins Netz und meldete mich bei Facebook an. Bislang hatte ich es nicht für nötig gehalten, dort einen Account anzulegen. Ich suchte nach Abby, schickte ihr eine Freundschaftsanfrage und reagierte enttäuscht, weil ich im Gegensatz zu Dathi nicht sofort akzeptiert wurde.
    Am nächsten Morgen trug Dathi Röhrenjeans, ein T-Shirt mit dem Aufdruck des legendären Cool Rider, limonengrüne Federohrringe und eine Kette mit einem Anhänger in Form eines Törtchens. In ihrem neuen Outfit hob sie sich optisch nicht mehr allzu sehr

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