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Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin

Titel: Karin Schaeffer 03 - Die stumme Zeugin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Pepper
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Tochter ausgegeben hatte, trat ich vor und erklärte: »Dathi lebt jetzt bei mir. Ihre Mutter hat für uns gearbeitet, ehe ...«
    Pater X versuchte seine Überraschung hinter einem gekünstelten Lächeln zu verbergen. »Ja, sicher. Dann wollen wir dich mal willkommen heißen.« Er streckte die Hand aus, die sie nur ganz kurz schüttelte.
    »Ich bezeichne sie als Tochter«, fuhr ich fort, »denn ich hoffe, dass sie bei uns heimisch wird.«
    Von Gefühlen überwältigt, schaute Dathi weg. Anschließend sah sie zu Abby, deren Blick sich verdüsterte.
    »Na«, meinte Linda mit gedämpfter Stimme zu mir, »in dem Fall haben wir etwas gemein, nicht wahr?«
    »Sieht ganz so aus.«
    Plötzlich redeten wir, wenn auch nur indirekt, in Anwesenheit der beiden Mädchen über ihre ermordeten Mütter. Eine spürbare Kälte breitete sich in dem Raum aus, als hätte jemand das Fenster geöffnet. Mir fiel auf, wie seltsam es hier roch. Wie in den meisten klimatisierten Gebäuden wurde die Luft nur ausgetauscht und verließ nie das Haus. Auch hier herrschte dieser abgestandene, leicht säuerliche Geruch, der mich davon abhielt, in großen Hotels abzusteigen: Binnen kürzester Zeit wurde ich kurzatmig und meinte zu ersticken.
    Während ich darauf wartete, dass dieser unangenehme Moment vorüberging, musste ich daran denken, dass ich nach all den Jahren in der Armee und bei der Polizei einen regelrechten Widerwillen gegen Institutionen entwickelt hatte. Erst nachdem ich den Job hingeschmissen und alle Zwänge abgestreift hatte, spürte ich wirklich, wie stark mich von anderen gesetzte Grenzen einschränkten. Vielleicht war dies ja auch der Grund, weshalb es mir so schwerfiel, mein Studium abzuschließen, wieso ich mich neuerdings am liebsten ausschließlich um meine Familie kümmern wollte – und warum ich Pater X, Autoritätsfigur und fest verwurzelt in einer der mächtigsten Institutionen, so unheimlich fand.
    »Dathi, ich denke, wir sollten uns jetzt auf den Heimweg machen.«
    Sie erhob sich, flüsterte Abby etwas ins Ohr und nahm meine Hand.
    Kurze Zeit später standen wir in der überfüllten U-Bahn ganz dicht beieinander und hielten uns an derselben Stange fest.
    »Heute war Brennpunkt Brooklyn in der Post«, teilte ich ihr mit.
    »Ach ja?«
    »Wenn du deine Hausaufgaben gemacht hast und Ben im Bett ist, könnten wir uns den Film ansehen.«
    »Ich werde mich beeilen.«
    Danach schwiegen wir. Sie schien in Gedanken versunken zu sein, und ich war es auch. Mein Wunsch, mit Edward Walczak zu sprechen und in Erfahrung zu bringen, was er über Pater X wusste, wurde von Minute zu Minute drängender – fast wie eine Obsession. Und so ein Gespräch konnte doch nicht schaden, oder? Vielleicht hatte er ja wichtige Informationen, die Billy und La-a bei ihrer Ermittlung weiterhalfen. Nach dem Treffen konnte ich ja den Rat der anderen beherzigen, mich um meinen eigenen Kram kümmern und die Suche nach den Tätern den Profis überlassen.
    An diesem Abend kuschelte ich mit Dathi unter einer Decke im dunklen Wohnzimmer, knabberte Popcorn und versuchte nachzuvollziehen, wieso Brennpunkt Brooklyn eine so große Faszination auf sie ausübte. Warum begeisterte sie sich für einen Polizisten, der in den Siebzigern einen internationalen Drogenring auffliegen ließ? All das hatte überhaupt nichts mit ihrem Leben zu tun. Am Ende fiel bei mir der Groschen: Sie bewunderte Popeye Doyle für seine Beharrlichkeit, seine Respektlosigkeit und seine alles andere als mustergültige Unbeugsamkeit. Er hätte seine Nase nicht so tief in die Unterwelt stecken dürfen; dennoch tat er es und erreichte am Ende das Unmögliche. Aus dem gleichen Grund faszinierte mich Meg aus Die Zeitfalte: Angetrieben von ihrer Wut und ihrer Sturheit, dringt sie zum Kern, zur Wahrheit vor.
    * * *
    Am Samstagnachmittag um vier Uhr standen Mary und Fremont Salter vor unserer Tür. Fremont hatte eine Gitarre auf dem Rücken und trug einen schweren Verstärker. Seine Band gab später ein Konzert, zu dem Mary ihn mitsamt seiner Ausrüstung fuhr, die er offenbar nicht unbeaufsichtigt im Auto lassen wollte.
    Die Kinder bestaunten die Gitarre, während wir Erwachsene uns leise in der Küche unterhielten. Das Vorstellungsgespräch, falls man es überhaupt so nennen konnte, dauerte nicht lange. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass Mac von Mary genauso angetan war wie ich. Er stellte ihr nur wenige Fragen über ihre früheren Tätigkeiten. Da sie vor der Geburt ihres Sohnes viele

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