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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Merowinger-Potentaten, die nach germanischer Sitte »mit wallendem Kopfhaar und ungeschnittenem Bart auf dem Thron saßen«, wie Einhard mitteilt. Es sind Kleinigkeiten, die mitunter Persönlichkeiten definieren. »Wenn Karl der erste Karolinger war, der einen Schnurrbart trug«, sagt Hartmann, »dann würde das gut zu seiner Verehrung für den Ostgotenkönig Theoderich passen« – der nämlich ist, genau wie Karl, auf einer Münze mit gepflegtem Oberlippenbart abgebildet.
    Als einem Mann klarer Worte war ihm jedwedes diplomatische Geschwurbel zuwider. Diese Offenheit und die damit verbundene Spontaneität trieben ihn geradezu an, mit der Intelligenzia an seinem Hofe in geistreichem Geplänkel Witz, Schlagfertigkeit und logisches Denken zu üben. Etwa mit Alkuin – Karls wichtigstem Berater. O-Ton Alkuin (der Dialog wurde lateinisch geführt): »Wenn du sagst: Ich und du sind nicht derselbe, und ich bin ein Mensch, so folgt, dass du kein Mensch bist.« Karl: »Das tut es.« Alkuin: »Aber wie viele Silben hat das Wort ›Mensch‹ (homo auf Latein)?« Karl: »Zwei.« – »Dann bist du also zwei Silben?« – »Nein, aber wozu das?« – »Damit du die sophistische Spitzfindigkeit kennenlernst und merkst, wie man dich fangen kann.« Karl: »Das sehe ich und merke – da ich zuerst zugab, ich sei ein Mensch, und ein Mensch sind zwei Silben –, man kann mich so fangen, dass ich diese Silben bin. Und ich bewundere es, wie du mich verstohlen dahin gebracht hast, dass ich schließen musste, du seiest kein Mensch und dann, ich selber sei zwei Silben.«
    An Karls Menschlichkeit war jedenfalls nicht zu zweifeln. Es scheint, dass die von ihm gewählte Mischung aus Familien- und Lotterleben ihm ebenso wichtig war wie der politisch-militärische Komplex. Kaum ein Jahr verging, in dem er nicht irgendwo kämpfte und tötete, kaum ein Jahr aber auch verging, in dem er nicht Vater wurde. Der moralische Rigorismus späterer, bürgerlicher Zeiten nahm daran Anstoß, so wie es auch die Kirche tat. Doch ein solcher Betrachtungswinkel wird dem geschichtlichen Milieu des fränkischen Reiches und Karls Persönlichkeit wenig gerecht. Es gab eben neben der Eheschließung vor einem Priester durchaus noch andere allgemein akzeptierte Formen des Zusammenlebens. Das Konkubinat, sagt Historiker Hägermann, gehörte »zu den weithin tolerierten Formen außerehelicher Sexualität«. Zeitgenossen haben es deswegen kaum gewagt oder für notwendig erachtet, an Karls »ausschweifendem Intimleben offene Kritik zu üben«.
    Karls erste Ehefrau hieß Himiltrud; lange galt sie den Experten als Konkubine. Ihr Sohn, wohl 769 geboren, bekam den Namen des Großvaters: Pippin. Er war körperlich behindert und trug den Beinamen »der Bucklige«; wohl deshalb verlor er später seine Erbansprüche auf einen Teil des Frankenreichs. Schon bald nach Pippins Geburt war es Karls Mutter Bertrada, die für einen Schwenk sorgte – privat, aber auch politisch. Bertrada muss eine sehr starke Persönlichkeit gewesen sein, die in der Rivalität ihrer Söhne Karlmann und Karl durchaus ein Risiko sah für das Reich. Laut dem Historiker Rudolf Schieffer betrieb die verwitwete Königin eine »Politik des Ausgleichs nach allen Seiten«. Ihr lag offenkundig daran, im Rahmen diplomatischer Missionen zumindest für eine Absicherung der Flanken zu sorgen.
    Bertradas erstes Ziel war Bayern, wo sie mit Herzog Tassilo, dem Vetter ihrer Söhne, verhandelte – und ihm die Eigenständigkeit seines Territoriums zusicherte. Dann reiste sie zum Papst nach Rom. Vorher jedoch, in der langobardischen Residenz Pavia, hatte Bertrada versucht, eine Doppelehe einzufädeln: Karls Schwester Gisela sollte als 13 -jährige Adelchis heiraten, den Sohn des Langobardenkönigs Desiderius. Für ihren Sohn Karl fand sie die jüngste Tochter des Regenten, deren Name schlecht überliefert ist – vielleicht hieß sie Gerberga. Nur Plan zwei ging auf für Bertrada.
    Karl verstieß seine Himiltrud, um die Langobardenprinzessin zu heiraten, doch sie sollte kaum mehr als ein Jahr an seiner Seite bleiben, dann schickte er sie zurück nach Pavia. Möglicherweise konnte sie keine Kinder bekommen, wie später der Chronist Notker behauptete. Eher liegt die Vermutung nahe, dass Karl sich emanzipieren wollte – er habe »von einer politischen Mitwirkung oder Einmischung von Frauen ein für alle Mal genug gehabt«, glaubt die Historikerin Martina Hartmann. Die Mutter blieb seither politisch ausgeschaltet. Nur

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