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Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Karl der Große: Der mächtigste Kaiser des Mittelalters - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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sein Erbe in Aquitanien.
    Doch nicht nur die Familie war zerstritten, auch unter den fränkischen Fürsten gärte es. Denn während Karl der Große sein Reich unentwegt vergrößert hatte, so dass er die Treue seiner Anhänger mit Ländereien und erbeuteten Schätzen belohnen konnte, gab es nun kaum noch etwas zu verteilen. Das weckte Unmut: Zornige junge Männer schlossen sich den verschiedenen Thronprätendenten vor allem deshalb an, weil sie auf reiche Territorialbeute hofften. Hinzu kam, dass die drei Anwärter inzwischen jahre-, teils jahrzehntelang in den ihnen zugewiesenen Unterkönigreichen regiert hatten. Die Menschen dort fühlten sich keiner abstrakten Reichseinheit, sondern ihren jeweiligen Herrschern verpflichtet. So folgten die Bayern Ludwig dem Deutschen, während Lothars Parteigänger in Italien sowie dem fränkischen Kernland beiderseits des Rheins saßen. Karl der Kahle fand Unterstützung im Süden und Westen Frankreichs.

    Bald nach dem Tod des Vaters 840 eskalierte der Konflikt: Ludwig zog gen Westen, in die Lande Lothars. Sein Bruder Karl kam ihm entgegen. Gemeinsam nahmen sie ihren älteren Bruder in die Zange, Fontenoy war das Ergebnis. Nach der furchtbaren Schlacht sprachen Bischöfe von einem Gottesurteil zugunsten der beiden Bündnispartner. Doch das Resultat war alles andere als eindeutig – Lothar hatte ja überlebt. Ein gutes halbes Jahr nach dem Gemetzel, am 14 . Februar 842 , trafen sich Ludwig und Karl in Straßburg, um ihr Bündnis zu bekräftigen. Die in den beiden Volkssprachen festgehaltenen »Straßburger Eide« markierten den Beginn einer neuen Eigenständigkeit, die bis heute sichtbar ist. Hier zeigt sich der Ursprung von West- und Ostfranken, aus denen später das Königreich Frankreich und das Heilige Römische Reich Deutscher Nation werden sollten. Eine Abschrift aus dem 10 . Jahrhundert liegt noch heute in der Pariser Nationalbibliothek, sie gilt als das älteste erhaltene Dokument in altfranzösischer Sprache.
    Doch die »Zeit der Sorgen«, wie fränkische Chronisten diese Jahre nannten, war noch nicht vorbei. Im kriegsmüden Reich ging es nun ans Verhandeln; in Schwüren, Vertragsentwürfen und Konsultationen suchten die Karolinger nach einem zukunftsfähigen Gleichgewicht ihrer Machtbereiche. Schließlich einigten sich die drei Rivalen auf ein Krisentreffen. Das Misstrauen war so groß, dass man sich auf eine Insel in der Saône begab; alle mussten zur gleichen Zeit mit der gleichen Zahl an Gefolgsleuten erscheinen. Resultat des Gipfels: Das Reich als Einheit blieb unter Lothar erhalten, wurde aber in drei Unterkönigreiche geteilt. Nur dem Namen nach waren Karl und Ludwig ihrem kaiserlichen Bruder verpflichtet, faktisch waren sie unabhängig. Bei Verdun, wo sich mehr als tausend Jahre später die Heere Deutschlands und Frankreichs in einer grauenhaften Schlacht treffen sollten, die ebenso wie jene bei Fontenoy keine klare Entscheidung bringen würde, kamen die drei Brüder zusammen. Delegierte hatten das Vertragswerk entworfen, in dem die Aufteilung des fränkischen Reiches festgehalten wurde.
    Das Dokument selbst ist nicht überliefert, aber sein Inhalt: Lothar I. als Kaiser erhielt ein langgestrecktes »Mittelreich«, das von Friesland bis nach Italien reichte. Diese viele hundert Kilometer lange »Kegelbahn«, wie spätere Historiker sie flapsig nannten, war schwierig zu regieren. Schon zu Lebzeiten teilte Lothar sie auf und ließ Italien von seinem Sohn Ludwig führen. Der Kaiser hoffte wohl noch immer darauf, auch über West- und Ostfranken die Macht zurückzuerlangen. Nach seinem Tod jedoch zerfiel das stolze Zentrum des karolingischen Reiches. Im Vertrag von Meerssen teilten Karl und Ludwig 870 die Gebiete untereinander auf. Einzig der Name blieb: Nach Lothars gleichnamigem Sohn nannte man den Rest des Streifens »Lotharingien«, woraus später das Herzogtum Lothringen entstand.
    Nach Westen zu verlief die Grenze etwa entlang der Flüsse Schelde, Maas, Saône und Rhône. Dahinter begannen die Gebiete Karls des Kahlen. Einerseits hatte er einen guten Fang gemacht: Der Westen war uraltes Kulturland, seit Jahrhunderten christianisiert. Schon die Römer hatten es mit einem Straßennetz überzogen; viele der Menschen lebten in Städten und größeren Siedlungen. Andererseits residierte hier ein selbstbewusster Adel, der sich von Karl ungern kommandieren ließ.
    Zudem litt Karls Westreich besonders unter den Überfällen der Wikinger, die an langen Küsten und

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