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Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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finden; ich nahm an, sie sei bei Echtwein in dessen Hotel, obwohl Echtweins Hotel mindestens drei Sterne weniger hat als unseres! Aber Marie ist nicht so materiell eingestellt. Wenn ihr jemand gefällt, dann kann er auch ein ganz armer Mann sein, nur untadelig muss er sein und meistens auch irgendwie originell. Robert mit der Ente zum Beispiel, oder Harald Gernhaber, die hatten doch was Eigenes, die waren durchaus außergewöhnlich in ihrer Lebensweise. Auch Zurlinde mit seinem Heimwerken macht ja auf Marie nachhaltigen Eindruck, und James Holzauge in seiner Undurchdringlichkeit schließlich auch. Clemens Matulka ist in seiner Art ein sorgloser Scherzbold, den muss man einfach mögen. Dass Siegmund Sterz gewisse außergewöhnliche Qualitäten hat, habe ich wohl schon mal erwähnt. Einzig, was sie an Echtwein findet, ist mir bis heute nicht klar. Ich werde sie bei Gelegenheit mal fragen. Natürlich. Sie hat einen Sohn von ihm. Wenn sie das auch niemals erwähnt. Aber so etwas verbindet natürlich. Ich selbst vergaß noch zu erwähnen, dass ich Zurlinde im Festspielhaus an der Vorverkaufskasse getroffen habe. Er fragte mich, wo Marie sei, eine Frage, die mich inzwischen langweilt. Als ich sagte, ich wisse es nicht genau, ließ er sich zu der sorgenvollen Bemerkung herab: »Sie macht mir einen sehr angeschlagenen Eindruck. Ist wohl alles in letzter Zeit ein bisschen viel für sie.«
    »Sie weiß nicht, dass Paterne ihr Vater ist«, sagte ich so ganz nebenbei. Zurlinde fiel der Unterkiefer herunter. Ich berichtete ihm, dass Dr. Vettelhuber ihr erst vor Kurzem ein Beruhigungsmittel verschrieben habe. Ich streckte ihm ein Briefchen zu und er bot sich an, ihr bei Gelegenheit etwas davon zu geben. Dann trennten sich unsere Wege, weil Herr Direktor Zurlinde noch Premierenkarten für seine Gremiumsmitglieder kaufen musste.
    Nachmittags erschien Marie. Sie hatte immer noch – oder, was wahrscheinlicher ist, schon wieder – ihr violettes Vorsinge-Kostüm an und wollte erst einmal ausführlich duschen und im Morgenrock in ihrer Suite umherlaufen. »Rate, wen ich getroffen habe!«, sagte sie schließlich und hatte dabei wieder dieses Leuchten im Blick. »Echtwein?«, fragte ich, weil das nahe lag.
    »Nein, Quatsch! Edwin ist ein totaler Versager! Ich war wahnsinnig wütend auf ihn. Weißt du, was der Schwächling getan hat? Mir nachgelaufen ist er, und hat einfach nicht das zweite Vorsingen begleitet! Hinter mir her gerannt kam er wie ein kleiner Junge und hat gestammelt, er könne ohne mich nicht leben und solche Albernheiten! Ich habe gesagt, er soll endlich nach Amerika auswandern und nicht immer nur davon reden, oder er soll wieder zu seiner Erika gehen und ihr das Gleiche sagen, dann weint sie bestimmt vor Glück! Das ist ja das Letzte, dass er den Paterne einfach hängen gelassen hat! Unmöglich, völlig unprofessionell ist der!« Ich nickte mit offenem Mund.
    »Oder findest du das etwa männlich?«, fragte sie mich böse.
    »Nein«, beeilte ich mich zu sagen. »Der Echtwein ist ‘ne absolute Flasche.«
    »Ja, nicht wahr?«, freute sich Marie. »Der Meinung bin ich auch.« Dann erzählte sie, sie habe Echtwein absolut cool stehen gelassen und sei zum Hotel gelaufen, um sich zu entspannen und Willem anzurufen. In der Hotelhalle habe allerdings James Holzapfel gewartet. Ob das nicht unglaublich rührend sei, dass dieser Mann stundenlang in der Hotelhalle auf sie gewartet habe?
    Ich bekam schon wieder fürchterliches Herzklopfen. Blass vor Schreck merkte ich an, dass ich es auch sehr rührend von Herrn Dr. Holzapfel fände, dass er sich so zeitintensiv um sie kümmere, und was er denn gewollt habe? Sie lachte beglückt.
    »Ja, was wohl?!« Ich blickte beschämt zu Boden. Dass ich da aber auch immer so auf der Leitung stehe!
    »Und dann?«, fragte ich, Beklemmungen unterdrückend. »Habt ihr euch unterhalten?« Marie machte ein Gesicht, als könnte sie mich wegen meiner Dämlichkeit nur noch bemitleiden. »Natürlich haben wir uns unterhalten! Dieser Mann ist Psychologe, weißt du! Wir haben grundsätzlich hoch interessante Dinge zu besprechen! – Er hat mir aber auch ein Medikament gegeben, gegen Panikattacken und so was. Ist er nicht süß?«
    Ich nickte zerknirscht.
    »Seine Doktorarbeit handelt von Panikattacken bei Kindern, die von ihren Eltern verlassen wurden.«
    »Aha.«
    »Er ist wie ein Vater zu mir«, sagte sie gerührt.
    »Bitte?«
    »Na, er kümmert sich um mich, flößt mir Säfte ein …«
    »Was für

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