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Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Karlas Umweg: Roman (German Edition)

Titel: Karlas Umweg: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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Angestellte, der ihm vielleicht gerade beim Öffnen seines Frackgebindes geholfen hatte, kam dienstbeflissen heraus. Als er mich sah, guckte er demonstrativ auf die Plakate an der Wand.
    Da erschien auch schon der Direktor der Hochschule. Ob er mich kannte, weiß ich nicht. Da ich im ersten Semester bin und noch nie Unterricht hatte, nehme ich an, er kennt mich nicht. Auch wenn er mir vor vier Monaten das Hochbegabten-Stipendium zugesprochen hat.
    Ich fing Zurlinde ab und wies ihm den Weg in Maries Garderobe. »Hier hinein, bitte! Frau von Otten kommt sofort.« Zurlinde fasste mir ans Kinn und sagte: »Schön geblättert.« Dann verschwand er mitsamt seinem Blumenstrauß.
    Kurz darauf kam Marie. »Ist er drin?«
    »Ja. Mit Blumen.« Marie umarmte mich schnell.
    »Wie sehe ich aus?«
    »Toll!«
    »Und von hinten?« Sie drehte sich um.
    »Fantastisch.«
    »Ganz ehrlich?« Sie kicherte und küsste ihre Noten. »Warte hier, Edwin wird gleich kommen.« Dann huschte sie in die Garderobe. Ich stand genauso blöd wie der Angestellte an der Wand und beguckte die Plakate. Drinnen hörte ich ein Kichern und dann knallte ein Sektkorken. Der Angestellte zuckte zusammen. Er überlegte wohl, ob er hineingehen sollte und beim Eingießen helfen, aber ich sagte: »Die schaffen das allein!« Der Angestellte trödelte noch eine Weile vor der Garderobe herum und trat dann an Echtweins Tür. Als er klopfte, kam es ungehalten von drinnen: »Jaja, ich komme ja! Nun warten Sie es doch ab!« Er meinte mich, ganz klar. Der Angestellte verkrümelte sich mutlos. Keiner wollte seine Dienste in Anspruch nehmen.
    Echtwein kam heraus, verschwitzt und bleich, den Frack über dem Arm. »Seien Sie doch nicht so ungeduldig. Nun kommt es auf ein paar Minuten auch nicht mehr an.«
    Ich wusste nichts zu sagen. Wie angewurzelt stand ich da.
    »Also kommen Sie schon, wenn es unbedingt heute Abend sein muss«, sagte Echtwein und ging vor mir her, den Gang entlang zur Bühne.
    Verdattert trabte ich hinter ihm her. Der Angestellte war gerade dabei, den Flügel von der spärlich beleuchteten Bühne zu schieben.
    »Halt, den brauchen wir noch!«, sagte Echtwein. Und dann geschah etwas Unvorstellbares: Er gab mir eine Klavierstunde.

Zurlinde ist uns seit drei Tagen auf den Fersen. Marie schwebt im siebten Himmel und sieht bezaubernd aus, selbst morgens, wenn sie noch nicht geschminkt ist und ich ihr beim Kaffeetrinken Gesellschaft leiste, weil sie vor Mitteilungsdrang platzt.
    »Heyko ist einfach wahnsinnig toll«, sagte sie und streute viel Zucker in ihren Kaffee. »Er ist ein Mann von Welt. Nicht irgendein klavierspielender Waldwiesenzwerg, der seine Tasteninstrumente im Kastenwagen in die Vorstadtkonzerte transportiert! Er ist Vorsitzender von allen möglichen Gremien und Vereinen. Ein wichtiger Mann, ein einflussreicher Mann. Wahnsinnig einflussreich!«
    »Aha«, sagte ich. »Und deshalb liebst du ihn.«
    »Nein, doch nicht deshalb!«, sagte Marie erstaunt. »Das sind alles Äußerlichkeiten, die mir gar nicht wichtig sind.« Dann fuhr sie fort: »Er hat zwei erwachsene Söhne, mit denen er den Garten selbst angelegt hat und im Winter Ski läuft. Mit ihnen hat er sein Haus ganz allein gebaut, Stein auf Stein. Ist das nicht toll? Welcher Hochschuldirektor kann schon Fliesen legen und Heizungsrohre einbauen?«
    »Keiner«, sagte ich andächtig. »Und wie ist er so?«
    »Unheimlich super«, schwärmte Marie. »Und vor allem ganz schön fit für sein Alter.« Sie lachte und küsste ihre Kaffeetasse.
    »Was liebst du eigentlich an Willem?«, fragte ich beiläufig.
    Sie betrachtete ihre Tasse, und ich wartete herzklopfend darauf, dass sie sie küssen würde. »Dass er mich liebt«, sagte Marie. Sie küsste ihre Tasse nicht.
    Um Echtwein sinnvoll zu beschäftigen, hat Marie es eingefädelt, dass ich zurzeit täglich eine Klavierstunde kriege. Zweckmäßigerweise findet sie erst nach dem Konzert statt.
    »Warum sagst du Echtwein nicht einfach, dass du nichts mehr von ihm willst?«, fragte ich Marie heute Morgen. »Dann könnte ich meine Klavierstunden ganz normal tagsüber haben.«
    »Wer sagt denn, dass ich nichts mehr von ihm will?«, fragte Marie verblüfft. »Wer sagt denn das?«
    Ach so, Echtwein ist also nur auf Eis gelegt. Ich bin das Eis. Die Klavierstunden mit mir lassen den armen Liebhaber erkalten. Dementsprechend lustlos ist mein Lehrer bei der Sache.
    »Haben Sie geübt?«
    »Ja, vor drei Wochen, als Marie in Düsseldorf war.«
    »Das reicht nicht. Der

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