Karlsson fliegt wieder
Betty. Lillebror schluchzte laut. »Denkst du, ja! Wenn ihr nun aber sterbt!«
Fräulein Bock schalt ihn hinterher aus. Wie konnte er so töricht sein und meinen, die Leute stürben am Scharlachfieber. Da ging Lillebror in sein Zimmer. Hier war sein Bimbo, den nahm er auf den Arm.
»Jetzt habe ich nur noch dich«, sagte Lillebror und drückte Bimbo an sich. »Und dann natürlich Karlsson.«
Bimbo schien zu begreifen, dass Lillebror traurig war. Er leckte ihm das Gesicht. Es war ganz, als wenn er sagen wollte:
»Ja, aber du hast mich doch immerhin. Und Karlsson!« Lillebror saß lange so da und dachte daran, wie herrlich es war, dass es Bimbo gab. Trotzdem hatte er gerade jetzt große Sehnsucht nach Mama. Ihm fiel ein, dass er versprochen hatte ihr zu schreiben, und er beschloss es sofort zu tun.
»Liebe Mama«, schrieb er, »es scheint so, als ob diese Famillie hier volstendig aufhört Birger und Betty haben Schalach und sind im Grankenhaus und ich bin iseliert Das tut nicht weh aber ich krieg den Schalach wohl auch noch und Papa ist in Londen wenn er noch am Leben ist wenn ich auch nicht gehört hab das ihm was feit aber sicher ist er grank weil alle andern grank sind Ich hab Sensucht nach dir wie gets dir übrigem bist du sehr grank? Da ist was mit Karlsson wovon ich erzälen möchte aber ich tus nicht dann wirst du blos unruhig und du brauchst Ruhe und Friden sagt der Hausbok sie ist nicht grank und Karlsson auch nicht aber das werden sie sicher balt.
Aufwidersehen, Mamachen, Ruhe in Friden!«
»Mehr schreibe ich nicht«, sagte Lillebror zu Bimbo. »Ich will ihr doch keinen Schreck einjagen.«
Dann trat er ans Fenster und klingelte nach Karlsson. Ja, er klingelte tatsächlich. Karlsson hatte nämlich gestern etwas ganz Pfiffiges gemacht. Er hatte eine Klingelleitung zwischen seinem Haus auf dem Dach und Lillebrors Zimmer unten angelegt.
»Man kann nicht einfach so aufs Geratewohl spuken«, sagte Karlsson. »Aber nun hat Karlsson die beste Klingelleitung der Welt gemacht, du kannst jetzt also klingeln und Spuk bestellen, wenn der Hausbock gerade an einem geeigneten Platz sitzt und in die Nacht hinausspäht nach mir, dem kleinen schrecklichen Gespenst vom Vasaviertel.«
Die Klingelleitung bestand aus einer Kuhglocke, die unter Karlssons Dachfirst befestigt war, und einer Schnur, die von der Kuhglocke zu Karlssons Fenster führte.
»Du ziehst an der Schnur«, sagte Karlsson, »die Glocke klingelt oben bei mir, wips, kommt das kleine Gespenst vom Vasaviertel und der Hausbock fällt ganz groß in Ohnmacht. Ist das nicht wunderbar?«
Natürlich war es wunderbar, das fand Lillebror auch und nicht nur wegen des Spukens. Früher hatte er dasitzen und warten und warten müssen, bis es Karlsson gefiel ihn zu besuchen. Jetzt konnte er ihn herbeiklingeln, wenn er das Gefühl hatte, er müsse mit ihm reden.
Und gerade jetzt hatte Lillebror das Gefühl, er müsse mit Karlsson reden. Er zog und riss an der Schnur und hörte, wie die Kuhglocke oben auf dem Dach klingelte und klingelte.
Bald hörte er auch Karlssons Motor brummen, es war aber ein schlaftrunkener und ziemlich missgelaunter Karlsson, der durchs Fenster geflogen kam.
»Meinst du, das wäre als eine Art Weckeruhr gedacht?«, sagte er unwirsch.
»Ach, entschuldige«, sagte Lillebror, »hast du gerade geschlafen?«
»Das hättest du fragen sollen, bevor du mich geweckt hast. Du schläfst ständig wie ein Murmeltier und weißt nicht, wie es uns Ärmsten geht, die so gut wie nie ein Auge zutun. Wenn wir dann endlich einmal eingeschlafen sind, oh, dann dürfte man doch erwarten, dass die Freunde schweigend dastehen und den Atem anhalten, anstatt mit Glocken zu bimmeln, als ob ein Feuer ausgebrochen wär.«
»Schläfst du so schlecht?«, fragte Lillebror.
Karlsson nickte griesgrämig. »Ja, denk mal, das tu ich nämlich.«
Das fand Lillebror sehr traurig. »Da kannst du einem aber Leid tun. Hast du wirklich einen so schlechten Schlaf?«
»Kümmerlich«, sagte Karlsson. »Ja, das heißt, nachts schlafe ich allerdings wie ein Stein und vormittags auch, nee, nachmittags, da ist es am schlimmsten, da liege ich nur immer da und wälze mich von einer Seite auf die andere.«
Er schwieg eine Weile und sah aus, als gräme er sich über seine eigene Schlaflosigkeit, aber dann guckte er sich eifrig im Zimmer um.
»Wenn ich irgendeine Kleinigkeit geschenkt bekäme, dann würde ich mich wahrscheinlich nicht mehr so ärgern, dass du mich geweckt hast.«
Lillebror
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