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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Kontrolle zu geraten. Ein junger Polizeibeamter, der eigentlich zur Tatortsicherung eingeteilt war, hatte sich auf der Toilette die Dienstwaffe stehlen lassen. Das müsse passiert sein, beteuerte er, als er den Kopf über die Schüssel gehalten habe, um sich zu übergeben. Die Anzahl der an diesem Morgen allein in Flügel A aufgetretenen epileptischen Anfälle stützte Professor Ullrichs Theorie, dass emotionaler Stress und Reizüberflutung bei Epilepsie wichtige Faktoren waren. Der Kommissar ließ sich Dienst- und Schlüsselpläne aushändigen.
    «Wann sind Sie in die Klinik gerufen worden?»
    «Schwester Inge hat mich über den Suizidversuch von Dana informiert. Ich war gerade erst nach Hause gekommen. Ich hatte länger gebraucht als sonst. Die Ichtenhagener Straße war gesperrt.»
    Ackers nickte. Professor Ullrich wandte sich nun ganz an ihn und ignorierte Wust einfach. Das war ein junger Schnösel mit schlechten Manieren; mit dem wollte er so wenig wie möglich zu tun haben.
    «Der Sturm hatte einen Baum abgeknickt, und der lag quer über der Fahrbahn.»
    «Erinnern Sie sich an die Uhrzeit?»
    «Zwanzig nach elf kam die Nachricht.»
    Wust fragte nach: «Sie meinen dreiundzwanzig Uhr?»
    Niemand ging darauf ein.
    «Beim Verlassen und erneuten Betreten der Klinik - welchen Eingang haben Sie da benutzt?»
    Professor Ullrich wusste sofort, worauf diese Frage hinauslief. «Ich bin beide Male an der Stelle vorbeigekommen, wo die Leiche gefunden wurde. Praktisch jeder, der kommt und geht, muss da lang. Es gibt noch eine zweite Tür, aber…» Er winkte ab. «Der Eingang hier führt zu den Parkplätzen.»
    Ackers schob sich ein Lutschbonbon in den Mund und hielt dem Professor die Tüte hin. Der griff mit einer raschen, raubvogelartigen Bewegung zu, packte das Bonbon aber nicht aus, sondern spielte nur damit. Wie einen Luftzug spürte er das kühle Mentholaroma durch das blaue Papier.
    «Ist Ihnen etwas aufgefallen?»
    Peter Ullrich schwieg einen Moment. Seine ganze Konzentration ging in die Fingerspitzen. Ackers und Wust sahen einander an. Der Professor machte einen seltsam entrückten Eindruck, so als sei er plötzlich mit den Gedanken ganz woanders. Ackers wiederholte seine Frage, und nun antwortete der Professor, ohne jedoch den Blick von dem Mentholbonbon zu nehmen, das er zwischen den Fingern drehte.
    «Es war dunkel. Ich habe nichts gesehen. Möglicherweise lag der Leichnam schon da, keine Ahnung. Auf die Sträucher habe ich nicht weiter geachtet, der Außenbereich ist bei uns sehr schlecht beleuchtet. Wir strahlen die Gebäude nachts nicht an. Wir wollen nicht mit einem Hochsicherheitstrakt verwechselt werden. Wissen Sie, je höher die Mauern und je dichter der Stacheldraht, desto mehr fühlen sich die Menschen in der Umgebung bedroht. Nur gefährliche Tiere sperrt man so ein. Wir wollen den Eindruck von Normalität und Harmlosigkeit vermitteln.»
    «Na, damit dürfte es jetzt wohl vorbei sein», bemerkte Wust.
    «Ihr Zynismus gefällt mir nicht», konterte Professor Ullrich.
    Ackers fuhr mit dem Zeigefinger zwischen Hemdkragen und Hals entlang, um sich Luft zu verschaffen. Er hatte das Gefühl, Wust in die Schranken weisen zu müssen, wenn er die Achtung des Professors nicht verlieren wollte. «Mir auch nicht», setzte er nach. Ohnehin passte ihm der freche Ton von Wust schon lange nicht mehr.
    Professor Ullrichs Ton wurde schärfer. «Sie fallen doch hoffentlich nicht darauf herein und verdächtigen einen unserer Insassen?!»
    «Worauf fallen wir hoffentlich nicht herein?»
    Professor Ullrich nahm das Bonbon zwischen Mittel- und Zeigefinger der rechten Hand. Dann zeigte er wie zum Beweis seiner Unschuld die offenen Handflächen vor. «Jemand begeht einen schrecklichen Mord und deponiert die Leiche vor der geschlossenen Abteilung der Psychiatrie. Was will er damit wohl erreichen?»
    Ackers zuckte mit den Schultern. Sein Gesichtsausdruck zeigte, wie wenig er davon überzeugt war, dass jemand den Verdacht auf die Klinik lenken wollte.
    «Aus unserer Geschlossenen kommt niemand raus, und auch im offenen Bereich ist ab zwanzig Uhr alles dicht. Es fehlt niemand.»
    «Sicher?»
    «Absolut. Das wäre mir gemeldet worden. Der einzige Vorfall, den wir gestern Abend hatten, war der Suizidversuch. Ich war bis kurz nach ein Uhr bei Dana, dann bin ich nach Hause gefahren. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen würden - ich muss mich um meine Patienten kümmern. Die sind jetzt extrem betreuungsbedürftig.»
    «Ich dachte,

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