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Karma-Attacke (German Edition)

Karma-Attacke (German Edition)

Titel: Karma-Attacke (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus-Peter Wolf
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Ullrich. «Niemand hätte Sie jemals dazu bringen können, Schneider zu werden. Als Kripobeamter wollen Sie Verbrechen aufklären. Weil das Verbrechen an Ihnen niemand aufgeklärt hat. Sie wollen eine Gerechtigkeit wiederherstellen, die Ihnen nie widerfahren ist.»
    Das alles wurde Ackers zu viel. Einerseits wollte er gerne weiterreden, wollte gern mehr erfahren, andererseits musste er raus aus diesem Raum. Er brauchte frische Luft, er brauchte Normalität. Er wollte in einer Kneipe an der Theke stehen, sich an einem Bier festhalten und sich voll laufen lassen. Trotzdem war gleichzeitig etwas in ihm, das ihm befahl, jetzt nüchtern zu bleiben. Sich auf keinen Fall zuzuschütten, sondern sich auf die neue Erfahrung einzulassen.
    Professor Ullrich schlug vor, ihm noch einen Tee zu kochen, bevor er ginge, und noch ein wenig zu reden, doch Ackers hielt es nicht mehr aus. Er zog seine Schuhe an.
    Als er die Schuhriemen zuzog, hörte er sich selbst sprechen: «Es war so … es war so wirklich.»
    «Kein Wunder. Es ist ja auch wirklich mit Ihnen geschehen.»
    Ackers schüttelte den Kopf. «Sie wollen mir doch nicht weismachen, dass ich mal ein Mädchen war, das vergewaltigt wurde. Das habe ich mir doch nur eingebildet!»
    Professor Ullrich zeigte auf die Kassette: «Wie ich Sie kenne, werden Sie die wenigen Fakten überprüfen, die wir haben. Bin mal gespannt, wie Sie vorwärts kommen mit der Aufklärung des Verbrechens, das an Ihnen begangen wurde.»
    Ackers stellte sich hin und wippte auf knatschenden Sohlen auf und ab. «Kann es sein», fragte er, «dass dieser Fuchs auch wiedergeboren wurde?»
    «Garantiert ist er zurückgekommen.»
    «Es könnte also sein, dass wir uns noch einmal begegnen?»
    «Es ist sogar sehr wahrscheinlich. Alle Erfahrung spricht dafür, dass Seelen, die miteinander noch nicht fertig sind, zur gleichen Zeit und am gleichen Ort reinkarnieren, weil sie noch etwas miteinander auszufechten haben.»
    Ackers lachte. «Muss man sich das ungefähr so vorstellen wie einen Kegelclub, der geschlossen in Urlaub fährt? Nur dass es Seelen sind, die wieder auf die Erde kommen?»
    Jetzt merkte er, dass sein Unterhemd durchnässt war. Er roch stark nach Schweiß. Das war ihm unangenehm, aber dem Professor machte es entweder nichts aus, oder er bemerkte es nicht einmal.
    «Wenn Ihnen das hilft, können Sie sich das gerne so vorstellen. Ist es Ihnen noch nie passiert, dass Sie jemanden furchtbar unsympathisch fanden, obwohl er noch gar keine Chance hatte, Ihnen etwas Schlimmes anzutun?»
    «O ja, das ist mir schon passiert. Das Gefühl kennt doch wohl jeder.»
    «Sehen Sie? Was glauben Sie, was geschieht, wenn der Fuchs Ihnen wieder gegenübertritt? Oder Ihre damaligen Eltern? Sie werden anders aussehen, aber Ihre Seele erkennt sie sofort und reagiert mit Abscheu, Ekel und Hass. Oder, das gibt’s ja auch, mit Sympathie. Manchmal trifft man auch Freunde aus früheren Leben.»
    Professor Ullrich begleitete Ackers zur Tür. Ackers’ Füße traten schon wieder fest auf, doch sein Oberkörper war noch etwas wackelig. Er hatte Mühe, sich gegen das Gefühl zu wehren, er müsste Professor Ullrich beim Abschied umarmen und ganz fest an sich drücken. Er tat es nicht. Er gab ihm nicht einmal die Hand. Er nickte ihm nur zu. Doch es fiel ihm unglaublich schwer.
    «Passen Sie gut auf sich auf», riet Ullrich. «Ihre Reaktionen sind jetzt verlangsamt. Sie sind noch sehr nach innen gekehrt. Es ist nicht klug, jetzt Auto zu fahren.»
    «Ach was», sagte Ackers und ging auf seinen Audi zu.
    Professor Ullrich schloss die Tür.
    Ackers setzte sich hinters Steuer und legte beide Hände fest ums Lenkrad. Er knetete es zwischen den Fingern. Dann stieg er wieder aus. Professor Ullrich hatte Recht. Er konnte jetzt nicht einfach losfahren. Zu viel, zu Erschütterndes war geschehen. Er ging einmal um den Häuserblock. Dabei schaute er auf seine Füße. Es war die Perspektive, die er hatte, als er aus dem Fahrstuhl gekommen war. Jetzt schaute er auf die Uhr. Er war fast drei Stunden bei Professor Ullrich gewesen. Er war froh, allein dorthin gegangen zu sein. Wenn seine Kollegen erfahren würden, was er gerade getan hatte … undenkbar. Er würde zum Gespött der ganzen Abteilung werden. Er könnte sich einen anderen Job suchen. Ackers stellte sich vor, wie sie hinter ihm herflöteten, ihn Maria riefen und ihm auf den Arsch knallten. Das würden die primitiven Frohnaturen unter seinen Kollegen tun, da war er sich sicher. Und die anderen?

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