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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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welche Bollywood-Filme ihnen am besten gefielen. Es stellte sich heraus, dass Karsh ziemlich genau denselben Geschmack hatte wie mein Vater. Ich konnte kaum glauben, was das für ein Loser war! Ich meine, der Typ chillte mit meinem Vater! War er nicht eigentlich meinetwegen hier?
    Mein Vater war ganz außer Atem, als die beiden wieder ihre Köpfe hoben, so wie Taucher, die nach Luft schnappen.
    »Also das ist einfach unglaublich! Das ist ein Grund zum Feiern, würde ich sagen! Darf ich etwas zu trinken anbieten?«
    »Für mich nicht, danke«, sagte Karsh. Das war ja klar! »Ich muss noch fahren.«
    Meine Mutter nickte anerkennend.
    »Was habt ihr denn so auf Lager?«, fragte Radha.
    »Wir haben Wasser, Ginger Ale, Preiselbeersaft und …«, mein Vater atmete einmal tief durch, »… Rotwein.«
    Meine Mutter starrte meinen Vater entgeistert an und mein Vater bohrte seinen Blick in das Segelboote-Mobile über dem Sofa.
    »Die Flasche ist allerdings schon offen«, sagte er zu einem besonders hübschen, pastellfarbenen Boot. »Noch von Kavitas Besuch.«
    »Zum Teufel, ich hätte gern ein Glas!«, rief Radha. »Wir wollen den guten Wein doch nicht verschwenden. Wie sage ich immer so schön: Denk nur an all die nüchternen Menschen in Indien!«
    Meine Mutter vergaß für einen Moment beinahe, schockiert auszusehen, fing sich aber gerade noch rechtzeitig und verzog den Mund.
    »Ich hole ihn schnell!«, verkündete mein Vater, und schon war er weg, dank seiner wiederentdeckten Frische.
    Kurz darauf schenkte er den Wein ein – in Milchgläser, aber das war okay, denn das bedeutete, dass mehr reinging. Er schenkte sogar Karsh und mir ein Schlückchen ein, damit wir mit anstoßen konnten. Und als er einen Toast aussprach -
    Auf den Beginn einer wunderbaren alten Freundschaft! –, da nahm sogar meine Mutter einen Schluck.

10. KAPITE L
Die Welt ist nicht schwarz-weiß
    Unsere alte Standuhr schlug neun Mal. Für einen Tag, von dem ich gewünscht hatte, er möge nie beginnen, war er auf einmal viel zu schnell vorübergegangen.
    »Meine Herren, guckt mal, wie spät es ist!«, rief Radha und versuchte, sich von der Couch zu erheben. »All der Wein! All die Erinnerungen! Aber vor allem: all der Wein! Verdammt, ich brauche jetzt dringend 'ne Zigarette!«
    Eine Zigarette? Ich traute meinen Ohren kaum. Rauchen war in unserem Haus eine noch größere Sünde als Sex vor – oder sogar während – der Ehe.
    »Oh, es tut mir Leid, Radha, aber wir sind leider ein Nichtraucherhaushalt«, sagte meine Mutter auch prompt.
    »Jaja, keine Panik, Shilps. Ich weiß, wie streng du damit bist«, sagte Radha. »Obwohl ich mich noch an Zeiten erinnern kann, in denen du nicht immer ganz so konsequent warst …«
    Sie kicherte und zwinkerte meiner Mutter ziemlich kokett zu.
    »Wie auch immer, wir müssen jetzt los. Aber tausend Dank noch mal für die Einladung – es war wirklich klasse! Euch zwei zu sehen, und endlich einmal dich, Dimple, kennen zu lernen – das war sozusagen das Sahnehäubchen …«
    »Komm schon, Mama«, sagte Karsh und legte einen Arm um seine Mutter, um sie zu stützen. »Wir sollten wirklich nach Hause.«
    Während wir uns im Windfang voneinander verabschiedeten, fiel Karshs Blick auf die kitschigen Fotos in den noch kitschigeren Rahmen, die mir meine Eltern zum Geburtstag geschenkt hatten. Einen Moment schien es, als würde er diese Kitschattacke auf sich wirken lassen und sich des ganzen Horrors, der ihm da entgegenstrahlte, bewusst sein. Vielleicht hatten wir zwei doch eine Sache gemeinsam – und gerade diese war nicht ganz unwichtig. Vielleicht war sie sogar die Wichtigste überhaupt, wenn ich darüber nachdachte. Doch dann sagte er schließlich, indem er auf die Bilder deutete:
    »Also das hier, das sind doch mal richtige Fotos, Dimple.«
    »Wie süüüüß«, säuselte Radha entzückt. »Welpen und Babys und Hochzeitspaare. Ach, wenn doch nur die ganze Welt so wäre!«
    Es sah gefährlich danach aus, dass sie gleich losheulen würde, und Karsh legte den Arm noch ein bisschen enger um sie.
    Beinahe hätte der Retriever vor Freude losgebellt. Braut und Bräutigam kuschelten schon fast auf dem Ehebett. Und ich hätte mich am liebsten übergeben. Denn schlimmer ging's nun wirklich nicht mehr!
    Meine Eltern guckten natürlich triumphierend drein.
    »Genau!«, rief mein Vater. »Karsh, du weißt nicht, wie glücklich du mich machst! Ich habe zu Dimple genau dasselbe gesagt: Das sind noch mal richtige Fotos. Genug mit diesen

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