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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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reichte ich ihm das Ding. Er prüfte es mit regungsloser Miene.
    »Schön zu wissen, dass du lesen kannst, aber das reicht mir nicht.«
    In meiner Aufgeregtheit hatte ich ihm versehentlich meinen Ausweis von der Stadtbücherei Springfield gegeben. Ich riss ihn ihm schnell aus der Hand und reichte ihm meinen gefälschten Ausweis. Er musterte ihn skeptisch, dann blickte er argwöhnisch auf mich runter. Ich versuchte, mich rasch ein bisschen größer zu machen, Millimeter um Millimeter, aber der Kerl war verdammt groß, und sosehr ich mich auch anstrengte, von einem Gespräch auf Augenhöhe konnte hier wahrlich keine Rede sein. Hätte ich doch früher bloß mein Kalzium genommen! Verflixt, war es denn so offensichtlich, dass es sich bei dem Ausweis um eine Fälschung handelte?
    Schließlich beugte er sich zu mir hinunter, grinste mich an und gab mir das Stück Plastik zurück.
    »Okay, du kannst rein. Und herzlichen Glückwunsch nachträglich.«
    Und als er sich so zu mir runterbeugte, sah ich den goldenen Anhänger mit dem Schriftzug »Abraham« an seiner Halskette funkeln. Deshalb hatte Gwyn also sei nen Namen gewusst.
    ★ ★ ★
    Im Foyer gab's eine Kasse, an der man bezahlte und einen Stempel aufs Handgelenk bekam.
    »Bist du Dimple Lala?«, fragte das Mädchen an der Kasse und studierte einen Zettel auf ihrem Tisch.
    Gwyn starrte mich verblüfft an. Ich nickte, noch viel verblüffter als sie – kannte man mich hier etwa?
    »Okay, du bist auf der Gästeliste, plus eins. Kavita Pradhan hat dich draufgesetzt, und ich soll dir sagen, dass sie erst in ein paar Stunden kommen kann und euch dann abholt. Sie muss noch arbeiten. Aber Sabs ist auf jeden Fall da, sie arbeitet an der Bar.«
    »Wie hast du denn gewusst, dass ich das bin, bei so vielen Leuten?«, fragte ich sie, nachdem ich mich bedankt hatte. Ich fühlte mich ziemlich kernig, schließlich hatten sich alle Mädchen in der Warteschlange geähnelt – dieselbe Haarfarbe, Hautfarbe, Augenfarbe, sogar die gleiche Größe.
    »Wegen ihr«, sagte das Mädchen und deutete mit dem Kopf in Gwyns Richtung. »Kavita meinte, ich würde sie nicht übersehen.«
    Ich bemühte mich, meinen verletzten Stolz runterzuschlucken. Schließlich machte es ja Sinn. Gwyn war tatsächlich weit und breit das einzige blonde Mädchen hier.
    Die zweite, metallene Eingangstür pulsierte nur so vor lauter Bässen. Ich spürte es an meiner Hand, als ich sie aufstieß. Dann waren wir drin.
    ★ ★ ★
    »Mann, diese indischen Jungs sehen echt zum Anbeißen aus«, seufzte Gwyn. Wir hatten uns an die Bar gesetzt, nachdem wir Sabina begrüßt hatten. Sie hatte uns Cocktails gemixt und sich wieder ans Ausschenken gemacht. »Da weiß man gar nicht mehr, wo man hingucken soll. Hast du den da gesehen?«
    In der Richtung, in die sie mit dem Kopf deutete, stand leider ein Typ in orangefarbenen Klamotten, der riesige Segelohren und eine noch größere Hakennase hatte und die Sicht versperrte.
    »Der orange Typ versperrt mir die Sicht.«
    »Wieso, den mein ich doch!«
    »Oh.«
    »Was soll das heißen - oh ? So blind kannst du doch wohl nicht sein. Siehst du hier wirklich niemanden, den du süß findest? Also ich könnte die ganze Zeit hier sitzen und den Ausblick genießen.«
    Genau das tat sie und ließ die Augen ununterbrochen von links nach rechts schweifen. Wo war Karsh eigentlich? Der sollte heute auch da sein.
    »Okay, Dimple«, sagte sie irgendwann. »Wir reißen ja nichts, wenn wir nur so dasitzen. Komm, wir wollen ein bisschen Aufmerksamkeit erregen – lass uns tanzen.«
    »Nee, muss nicht sein«, sagte ich. Die Musik war eigentlich ziemlich gut und wurde von Song zu Song besser, daran lag es nicht. Es war nur so: Ich und tanzen, das passte nicht. Das machte ich höchstens zu Hause, allein im stillen Kämmerlein. Obwohl der Cocktail mich schon ein bisschen zum Glühen gebracht hatte, hatte ich noch nicht so viel getrunken, dass ich mich ohne Hemmungen auf die Tanzfläche getraut hätte. Ich winkte Sabina zu und bat um Nachschub. Dann stierte ich auf die Tanzfläche und versuchte, mir mich selbst darauf vorzustellen. Es war wie immer, wenn ich über mich und die Welt fantasierte: Irgendwie war es viel einfacher, sich die Dinge ohne mich auszumalen.
    »Dimple!«, schimpfte Gwyn nun. »Du musst mal ein bisschen aus dir rausgehen. Versuch's einfach mal.«
    »Ich tanze doch eigentlich nicht, weißt du doch.«
    »Du trinkst aber eigentlich auch nicht, aber wie man sieht, scheinst du dich daran

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