Karma Girl
uns voneinander verabschiedeten. Und ich konnte es gar nicht erwarten, ihm das alles zu erzählen. Und vor allem konnte ich es nicht erwarten, ihn so lächeln zu sehen. Zu sehen, wie er mich anlächelte.
★ ★ ★
Als Gwyn nach ihrer Schicht bei uns eintrudelte, präsentierte sich meine Mutter in einer höchst besorgniserre genden Aufmachung: Sie trug eine seltsame Schürze, die ich vorher noch nie an ihr gesehen hatte und die sie extra für diesen Anlass gekauft haben musste. Das Teil war über und über mit scherenwetzenden Hummern sowie einem Rezept für eine Fischsuppe bedruckt und reichte ihr bis über die Knie.
»Ich bin also doch zu was gut in der Küche, hm?«, strahlte sie und führte uns in ihr Reich. »Auf einmal wollen alle was von mir lernen, seh ich das richtig?«
»Ja, das stimmt, Tantchen«, lächelte Gwyn.
Tantchen? Ich muss sagen, ich fühlte mich mehr als nur ein bisschen hintergangen, während sich die beiden bereits in der Küche zu schaffen machten. Schmollend zog ich mich in die andere Küchenecke zurück.
Gewöhnlich kochte meine Mutter rein nach Gefühl und wog die jeweiligen Mengen einfach mit ihren Händen ab. Sie schmeckte auch so gut wie nie etwas ab, denn sie konnte sich auf ihre anderen Sinne absolut verlassen. Doch heute benutzte sie tatsächlich Messbecher und Messlöffel – seltsam, denn wenn ich sie alle Jubeljahre mal fragte, wie sie ein bestimmtes Gericht zubereiten würde, dann antwortete sie immer geheimnisvoll: Schau richtig hin, dann lernst du's schon . Ich nahm also an, dass sie Gwyn das etwas erleichtern wollte, was ein bisschen bitter für mich war. Eine Weile tat ich so, als wäre ich ernsthaft interessiert, doch die beiden schienen gar keine Notiz von mir zu nehmen. Schließlich gab ich auf und hockte mich trotzig an den Tisch.
Meine Mutter hatte sich gegen das East-Is-Feast-Menü und für ein eher nordindisches Rezept entschieden: Binnen einer Stunde hatte sie ein Curryhähnchen, in Butter geschmortes Bhaji und Pulao-Reis mit Rosinen und Cashewkernen zubereitet. Mir knurrte bereits der Magen wie verrückt, und es war die reinste Folter, dabei zusehen zu müssen, wie meine Mutter Gwyn einen Großteil dieser ganzen Köstlichkeiten in Tupperware-Boxen abfüllte und mit nach Hause gab. Sie hatte sogar eine kleine Gewürzausrüstung aus alten, leeren Gläschen für Gwyn zusammengestellt und alles richtig ordentlich in Groß buchstaben beschriftet.
Gwyn marschierte zur Tür hinaus und trug stolz den Boxenturm vor sich her, als handele es sich dabei um ein Kleid von Versace.
»Nochmals vielen Dank, dass ich zusehen durfte, Tantchen«, rief sie meiner Mutter noch einmal von der Veranda aus zu. »Und Dimple, tausend Dank, dass du diese tolle Idee hattest!«
»Jaja, schon gut«, sagte ich.
Wir sahen ihr dabei zu, wie sie die Auffahrt hinunterlief, und sobald sie außer Hörweite war, drehte ich mich zu meiner Mutter.
»Mama! Ich kann einfach nicht glauben, dass du das gerade getan hast!«
»Was denn?«, fragte meine Mutter mit unschuldigem Blick, während sie die Tür zumachte.
»Dass du Gwyn praktisch das ganze Gericht und sogar noch Gewürze mitgegeben hast!«
»Was hat du denn dagegen? Du interessierst dich ja schließlich nicht für meine Kochkünste. Also warum macht es dir jetzt auf einmal etwas aus, wenn ich jemandem, der offensichtlich Interesse hat, ein bisschen was beibringe?«
»Ach, es ist doch … Also, ich weiß nicht … Es wirkt fast so, als wolltest du Gwyn mit Karsh verkuppeln. Ich meine, ihr dein geniales Hähnchen-Rezept zu verraten … Also, das ist echt 'n starkes Stück!«
»Aha, sind da etwa jemandem plötzlich die Augen aufgegangen?«, sagte sie und lächelte mich amüsiert an.
Das war mir jetzt ziemlich peinlich und ich starrte verlegen zu Boden.
Meine Mutter kam ganz dicht heran und flüsterte mir ins Ohr:
»Vergiss nicht: Ich bin eine Kschatrija. Wir sind Krieger.«
Ich hatte zwar keine Ahnung, was das nun wieder damit zu tun haben sollte, aber ich nickte, während ich immer noch auf die Küchenfliesen starrte. Sie hatte sich umgedreht und war nun dabei, die Spülmaschine fertig einzuräumen. Während sie die Schalter einstellte, sagte sie noch etwas, und zwar mit beunruhigend geheimnisvollem Unterton.
»Noch einen Rat für diese Party«, flüsterte sie, obwohl wir ganz alleine waren und niemand zuhören konnte. »Probier auf keinen Fall von dem Hähnchen, Beta.«
Ich traute mich nicht nachzufragen. Die Maschine begann zu
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