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Karma Girl

Titel: Karma Girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanuja Desai Hidier
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sondern für je mand anderen bestimmt:
    ***Lieber Bapuji,***
    vielen Dank für diesen wunderbaren Tag! Mir war gar nicht richtig bewusst, wie sehr ich es vermisse, zusammen mit dir in Schokoladeneis anstatt Vanilleeis zu schwelgen. Wenn es dein Terminkalender erlaubt, können wir das gerne wiederholen. Vielleicht schon bald?
    Ich liebe Dich.
    ***Deine Bacchoodi***

33. KAPITEL
Durga tötet den Dämon
    Ich machte gerade in meinem Zimmer klar Schiff, als mir in einem ollen Schuhkarton, den ich als Fotobox benutzte, ein altes Schwarz-Weiß-Foto von meiner Mutter in die Hände fiel. Die Ecken wellten sich schon wie abgefallene Blütenblätter. Meine Mutter war noch ein Teenager, sie trug einen Sari und blickte einem aus halb geschlossenen Augen entgegen, ähnlich wie Kavita es tat. Ein geheimnisvolles Lächeln umspielte ihren Mund; sie wirkte zugleich schüchtern und sehr beeindruckt von dem, was sie sah. Es war, als würde sie mich ansehen und direkt in mein Zimmer schauen. Dann erst fiel mir auf, dass sie eine Kamera in der Hand hielt, einen schönen, alten, schweren Apparat, etwa in Höhe des Brustbeins. Bei näherer Betrachtung konnte ich die Marke der Kamera erkennen, allerdings war die Schrift spiegelverkehrt. Meine junge Noch-nicht-Mutter hatte im Spiegel ein Selbstporträt von sich gemacht.
    Während ich dasaß und über das Bild nachdachte, kam es mir wirklich so vor, als würde sie in den Spiegel schauen, um mich anzusehen. Und indem ich ihr spiegelverkehrtes Gesicht betrachtete, war es, als würde ich von hinten in den Spiegel gucken. Ich hatte plötzlich ein ganz komisches Zeitgefühl: nicht dass die Zeit stillstehen würde, sondern dass gewissermaßen die Unendlichkeit in einem einzigen Moment festgehalten wurde.
    Ich fragte mich, wie sie jenen Tag wohl verbracht hatte, und malte mir alle möglichen Dinge aus, die sie vor und nach der Aufnahme dieses Fotos gemacht haben könnte. Die Freude, die sie ganz offensichtlich über ihren eigenen Anblick empfand, machte mich glücklich und traurig zugleich. Glücklich, weil sie eben diese Freude erlebt hatte; traurig, weil ich mir nicht sicher war, ob sie noch immer so empfand.
    Ob sie wohl an jenem Tag getanzt hatte?
    Die meisten alten Fotos meiner Eltern, die ich aufbewahrte, entsprachen wenigstens ungefähr den Geschichten, die sie mir von früher erzählt hatten, sowohl von ihrer gemeinsamen Zeit als auch von ihrer Jugend, bevor sie sich kennen lernten. Aber eine Sache hatte mir meine Mutter offenbar immer vorenthalten. Ich war mir bisher nicht schlüssig gewesen, ob ich sie danach fragen sollte, doch jetzt war mir auf einen Schlag klar, dass ich es einfach tun musste. Letztendlich hatte ich mich schon den ganzen Sommer davor gedrückt.
    Ich fand sie im Wohnzimmer, wo sie sich gerade die Oprah-Winfrey-Show ansah und geistesabwesend Namen von Göttern und Prominenten auf die Fernsehzeitschrift kritzelte.
    »Mama?«, tastete ich mich vor und atmete noch ein mal tief durch. »Warum gibt es nirgends Fotos von dir als Tänzerin?«
    Gwyneth Krishna Prabhu Madonna …
    »Was meinst du damit?«, antwortete sie schließlich. Es war ziemlich eindeutig, dass sie betont beiläufig klingen wollte, doch sie kritzelte noch intensiver. »Warum sollte es von mir Fotos als Tänzerin geben?«
    »Weil … weil du eine Tänzerin warst.«
    »Also, diese Radha, die hat dir wirklich einen Floh ins Ohr gesetzt.«
    »Ist das denn gar nicht wahr? Selbst Bapuji hat's gesagt.«
    »Na ja, es war wohl mal wahr«, sagte sie und zappte zu einer Soap Opera. »Aber das ist schon Ewigkeiten her.«
    Wieder kritzelte sie mit dem Stift auf dem Papier herum.
    »Und es gibt überhaupt keinen Grund, darüber auch nur noch ein Wort zu verlieren«, fügte sie etwas lauter hinzu.
    In meinem Kopf tönte mal wieder HaltdieKlappeHalt dieKlappeHaltdieKlappe , aber mein Mund entschied sich für seine Unabhängigkeit.
    »Meinetwegen, aber das erklärt noch lange nicht, warum es in diesem Haus kein einziges Foto von dir als …«
    Der Stift hielt inne.
    »Ich habe sie verbrannt.«
    Ich war baff.
    »Du hast was gemacht?«
    Sie schwieg einen Moment und ihr Stift rollte lautlos in den Falz der Zeitschrift.
    »Es tat zu weh, wenn ich sie mir ansah«, sagte sie schließlich.
    Ich setzte mich neben sie und nahm sie in den Arm.
    »Warum redest du denn dann nie darüber?«, fragte ich liebevoll. »Würde das nicht helfen?«
    »Mit wem hätte ich denn reden sollen, Dimple?«, sagte sie und wandte den Blick ab. »Dein Vater

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