Karneval der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
Schneider mit seinem Gehilfen sein.
»Signore Vanozzo, ich grüße Euch. Dort steht Eure Kundin.« Amadeo deutete auf Giuliana.
Der Schneider warf ihr nur einen Blick zu. »Daraus lässt sich was machen. Wohlgeformte Schultern und gerade gewachsen.«
Um Giuliana begann ein Wirbel von Stoffen, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. Immer neue Bahnen in immer neuen Farben und Mustern wurden über ihre Schultern geworfen. Sie musste sich drehen und wenden und von allen Seiten begutachten lassen. Nachdem sie ihre anfängliche Verwirrung überwunden hatte, begann die Sache, ihr Spaß zu machen. Wann hatte ein einfaches Mädchen wie sie schon einmal die Gelegenheit, in verführerischen Stoffen zu schwelgen und im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit eines vornehmen Herrn zu sein? Sie drehte und wiegte sich, bemerkte dabei sehr wohl, dass Amadeo sich keine ihrer Bewegungen entgehen ließ. Es machte ihr Spaß, zu beobachten, wie sich sein bewundernder Blick an ihr festgesaugt hatte. Der Schneider, Signore Vanozzo, betrachtete sie wie ein Bildhauer einen unbehauenen Stein betrachtete, um herauszufinden, was sich aus ihm schaffen ließ. Sein Gehilfe fing sich von Benedetta eine Maulschelle ein, als er seine Augen zu lange auf Giulianas leicht bekleidetem Körper ruhen ließ. Danach wagte er es nicht mehr, sie anzugaffen.
»Welche Stoffe gefallen dir am besten?«, fragte Amadeo sie.
Giuliana überlegte. Das war wieder ein Test, sie wusste es und wollte ihn unbedingt bestehen. Die Stoffe waren alle schön gewesen, die Frage war, welche am besten zu ihrer Haar- und Augenfarbe passten. Gold, so wie bei Benedetta, kam für sie nicht in Frage, den dunkelgrünen mochte sie auch nicht. Gut gefallen hatte ihr ein dunkelroter Taft, dazu vielleicht ein rosafarbenes Unterkleid und ein bisschen Spitze in der gleichen Farbe – sie sah es schon vor sich.
»Der Dunkelrote und vielleicht der Kupferfarbene.« Sie zeigte auf die beiden Stoffe.
Amadeo schüttelte den Kopf, Signore Vanozzo schüttelte den Kopf. Was hatte sie falsch gemacht? Giuliana wurde unsicher. War der Traum vom schönen Kleid schon wieder vorbei?
»Kupferfarben steht dir, kleine Schäferin«, bestätigte Amadeo diese Wahl. »Dunkelrot geht gar nicht, damit siehst du blass und alt aus. Nachtblau muss es sein, damit siehst du dramatisch und aufregend aus, in Nachtblau wird sich jeder nach dir umdrehen.« Amadeo nahm den entsprechenden Stoff und drapierte die Bahn über ihre Schulter. Er zupfte die Falten zurecht, dabei glitt seine Hand über ihren Busen.
Sie war sich nicht sicher, ob sie einen Wimpernschlag lang dort verharrte und ein wenig zudrückte, oder ob sie sich das nur einbildete, jedenfalls brachte sie ihre Haut unter dem dünnen Hemd zum Prickeln. Er raffte den Stoff, und es sah aus, als trage sie ein Kleid in Nachtblau.
»Eine sehr gute Wahl, Signore Bragadin«, stimmte der Schneider zu. »Mutig, aber sehr gut. Nicht viele Frauen können diese Farbe tragen. Die Signora gehört zu den wenigen.« Er brachte einen hellblauen und einen cremeweißen Unterstoff, hielt ihr beide an.
»Cremeweiß«, sagten Amadeo und Giuliana wie aus einem Mund.
»Eine ebenso gute Wahl.« Der Schneider warf den hellblauen Stoff seinem Gehilfen zu, der ihn geschickt auffing.
»Zwei Kleider«, bestimmte Amadeo, »die entsprechenden Unterkleider, Unterröcke und was Frauen sonst brauchen, und zuletzt Hemd, Hose und Wams für einen jungen Patrizier in einem dunklen Braun. Wie lange wird das dauern?«
»Drei oder vier Tage.«
»Die Rechnung an mich und die Kleider so schnell wie möglich an die junge Signora.«
Der Gehilfe hatte inzwischen die Stoffe zusammengefaltet, hinter Signore Vanozzo verließ er den Raum. Drei oder vier Tage noch, und Giuliana wäre im Besitz zweier wunderbarer Kleider. Wenn sie damit durch Venedig ging, vielleicht mit Amadeo einen Karnevalsball besuchte oder mit ihm in einer Gondel fuhr … Ihr fiel ein, dass sie sich mit den Kleidern kaum in der Öffentlichkeit sehen lassen und am nächsten Tag vor den Leuten wieder als Giulio auftauchen konnte. Nicht einmal im Haus konnte sie sie tragen, da sonst ihr Vater oder Ana Verdacht schöpfen würden. Die dienten nur einem einzigen Zweck ...
»Zeit für den zweiten Akt deiner Lektion«, verkündete Amadeo. »Masken ab!«
Benedetta war die Schnellste. Lachend warf sie ihre Maske in einen der beiden Kamine, Amadeo ließ seine folgen. Giuliana zögerte, ein Blick in die lachenden Gesichter vor ihr zeigte ihr, wie gut die
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