Karparthianer 03 Der Fürst der Nacht
ihrer Wimpern.
Alexandrias Lippen waren weich und warm wie
Seide, die von der Sonne gewärmt wurde. Aidan ließ von dem jungen Mann ab und wandte sich dem nächsten zu.
Während die Leben spendende Flüssigkeit seine Kehle hinunterrann, schloss Aidan die Augen und dachte an Alexandria.
Ihre Augen leuchteten wie Saphire, in deren Mitte Sterne zu funkeln schienen. Sie war mutig und voller Mitgefühl. Niemals würde sie ihre Opfer einfach achtlos von sich stoßen. Aidan wandte sich dem 154
dritten Mann zu und bemühte sich, diesmal etwas behutsamer vorzugehen.
Plötzlich hörte Aidan ein Geräusch und wusste, dass sich die zweite Gang einen Weg durch den Nebel bahnte. Die jungen Männer hatten ihre Autos in einiger Entfernung geparkt, um die Gegner nicht zu alarmieren. Aidan stieß den dritten Mann sanft von sich und nahm sich den vierten vor.
Es war wirklich nicht fair, die Bande kämpfen zu lassen, während mehrere Mitglieder außer Gefecht gesetzt waren. Aidan lächelte.
Schon machte sich Alexandrias Einfluss bemerkbar. Seiner Ansicht nach verfügten diese Kerle weder über Ehrgefühl noch über ein Gewissen. Sie waren jederzeit bereit, auch unschuldige Menschen in ihre Kämpfe hineinzuziehen und sogar Frauen und Kinder zu verletzen. In Aidans Welt gab es keinen Platz für ehrloses Gesindel.
Doch Alexandrias Einfluss brachte ihn auf den Gedanken, sich einzumischen, damit die Bande eine faire Chance in diesem lächerlichen Machtgerangel bekam. Nicht dass sie auch nur ahnten, was wirkliche Macht war.
Aidan ließ den vierten Mann gehen und nahm sich den fünften vor. Der Karpatianer war wieder zu Kräften gekommen, musste jedoch auch für Alexandria sorgen. Einen Augenblick lang blitzten seine Zähne auf, während er sich über den Hals des Mannes beugte.
Die trostlose, graue Welt war plötzlich von leuchtenden Farben und aufregenden Düften erfüllt. Endlich begriff Aidan, was mit ihm geschehen war. Er hatte seine Gefährtin gefunden. Endlich war er erlöst! Er konnte Gefühle empfinden, und würde nie mehr allein sein. All die Jahrhunderte der Einsamkeit waren wie ausradiert.
Alexandria.
Seufzend gestand Aidan sich ein, dass er sich künftig wohl an einige Regeln würde halten müssen. Er ließ den fünften Mann ins feuchte Gras sinken und nahm telepathische Verbindung zu der zweiten Bande auf. Die gesamte Gruppe wurde plötzlich von Furcht überwältigt. Die jungen Männer verstummten und blickten einander 155
nervös an. Aidan grinste. Auch wenn er sich von nun an anständig benehmen musste, hieß das nicht, dass er keinen Spaß haben durfte.
Der Fahrer des ersten Wagens fuhr an den Straßenrand und schnappte nach Luft. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn.
Ihr werdet heute Nacht sterben. Ihr alle. Im Nebel lauert ein Ungeheuer.
Der Tod ruft nach euch.
Um seine Aussage zu unterstreichen, erhob sich Aidan m die Lüfte und verwandelte sich in eine riesige geflügelte Echse mit spitzen Zähnen, Schuppen und rot glühenden Augen. Er tauchte direkt vor den Autos aus dem Nebel auf und spuckte einen Feuerstrahl über die Wagendächer.
Die Türen sprangen auf, und die Bandenmitglieder rannten schreiend auf die Straße. Aidan lachte leise, als er direkt neben dem Auto des Anführers landete und sich wieder verwandelte. Er gab sich eine lange Schnauze mit gefährlich aussehenden Fängen und brachte seinen Körper in die Form eines großen, kräftigen Wolfes.
Dichtes Fell spross auf seiner Haut. Aidan lief den Männern knurrend nach.
»Ein Wolf! Ein Werwolf!«, gellten ängstliche Schreie durch die Nacht. Jemand feuerte eine Pistole ab. Keiner der Männer konnte mehr als die Hand vor Augen sehen, doch Aidans Blick durchdrang den Nebel mühelos, sodass er genau wusste, wo sich seine Beute befand. Er jagte die Männer ein wenig vor sich her, und genoss das Gefühl, so schnell und anmutig laufen zu können. Er nahm ein eigenartiges Gefühl wahr, das er schon seit siebenhundert Jahren nicht mehr empfunden hatte. Die Sache machte ihm Spaß.
»Es war ein Drache«, rief einer der jungen Männer mit heiserer Stimme, während schnelle Schritte durch die Stille hallten.
Aidan hörte einem anderen zu. »Mann, das ist alles nicht wahr.
Vielleicht haben wir alle Halluzinationen.«
»Dann kannst du ja hier bleiben und nachsehen«, antwortete einer seiner Freunde. »Ich haue jedenfalls ab.
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Der Wolf schlich sich an, der Witterung des Menschen folgend.
Der junge Mann verlangsamte seine Schritte. Er war
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