Karparthianer 04 Magie des Verlangens
kannte, sondern den rauen Dialekt der Einheimi-306
schen. Trotzdem wusste Savannah, dass er einen Schwall von Kraftausdrücken von sich gab. Die Stimme des alten Mannes klang melodisch und weich, typisch für New Orleans.
Während Savannah den Geschichten lauschte, wuchs der Alligator. Er war riesig, wie das legendäre Krokodil vom Nil. Er hatte angeblich hunderte von Jagdhunden gefressen, lag ständig auf der Lauer und schnappte zu, wenn die Hunde vor-beiliefen. Er verschlang auch kleine Kinder, die am Flussufer spielten. Ein Boot voller Teenager war einmal in seinem Revier verschwunden. Die Geschichten wurden immer schauriger.
Zuerst lächelte Savannah und genoss die spannende Legende, doch dann stieg eine eigenartige Furcht in ihr auf. Sie warf Gregori einen Blick zu. Er unterhielt sich mit Gary, und es gelang ihm, mit geduldigen Fragen weitere Informationen über den Geheimbund zu erhalten. Savannah wusste, dass er gleichzeitig die anderen Gäste und ihre Unterhaltungen über-wachte, doch er schien sich der plötzlichen Bedrohung nicht bewusst zu sein.
Savannah rieb sich die schmerzenden Schläfen. Winzige Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Sie bemühte sich, der spannenden Geschichte über die Untaten des Alligators zu folgen, nahm jedoch nur noch die wachsende Bedrohung wahr, die sich wie eine finstere Gewitterstimmung über ihr zusammenzog.
Gregori warf ihr einen besorgten Blick zu. Ma petite, was hast du? Schon suchte er die telepathische Verbindung und las Savannahs unheilvolle Vorahnung.
Ist es möglich, dass sich ein Vampir unter die Geiste gemischt hat?, fragte sie, während sie gegen plötzliche Übelkeit ankämpfte.
Gregori sah sich um. Natürlich war es möglich, dass einer der Untoten gelernt hatte, sich vor den geschärften Sinnen der karpatianischen Jäger zu verbergen. Er selbst konnte es, und es 307
wäre vermessen anzunehmen, dass sich niemand sonst diese Fähigkeit aneignen könnte. Der Anführer der Vampire war schon sehr alt. Er war bisher den Jägern entkommen, weil er schlau war und bereit zu fliehen, wenn ihm Gefahr durch einen Jäger drohte. Dennoch bezweifelte Gregori, dass sich ein Vampir absichtlich in die Nähe eines Karpatianers begeben würde. Besonders dann nicht, wenn es sich um Gregori, den Dunklen, handelte. Nur die Untoten, die ihrer Existenz über-drüssig waren, wagten es, ihn herauszufordern.
Besorgt sah Gary die beiden an. »Was ist denn?«
»Bleib ruhig. Savannah ist sehr feinfühlig, was den Einfluss des Bösen angeht. Sie spürt ihn hier im Restaurant. Ich kann zwar ihre Gedanken lesen, aber selbst die Quelle des Bösen nicht ausmachen.«
»Sind wir in Gefahr?« Gary fand den Gedanken eher spannend als beängstigend. Vielleicht gab es jetzt endlich ein wenig Action - zum Beispiel wie in einem Rambo-Fúm.
Savannah und Gregori lächelten einander zu. »Gary«, meinte Savannah lachend, »du siehst dir zu viele Filme an.«
»Kann sein, aber du weißt ja nicht, wie großartig ich das alles finde. Immer haben sich meine Freunde und Arbeitskollegen über mich lustig gemacht. In der Schule haben mich die Rabauken ständig mit dem Kopf in die Mülltonne gesteckt, nur weil ich meine Hausaufgaben machte und gute Noten schrieb.
Endlich erlebe ich mal ein Abenteuer!«
»Ja, das finde ich auch aufregend«, flunkerte Savannah, obwohl sie sich eigentlich nur wünschte, dass Gary und Gregori in Sicherheit waren. Was auch immer dort draußen lauerte, verbreitete den üblen Gestank des Bösen, der sich in ihrer Seele auszubreiten schien und ihr Übelkeit verursachte.
»Wir müssen gehen, Gregori.«
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Es wird dir gleich besser gehen, mon amour. Wir verlassen das Restaurant sofort. Offenbar hat dir deine Mutter ihr hellseherisches Talent vererbt. Noch einmal überprüfte Gregori die anderen Gäste, nahm jedoch nichts Bedrohliches wahr. Man lachte und scherzte miteinander. Gregori gab dem Kellner ein Zeichen, zahlte und führte Savannah aus dem überfüllten Restaurant.
Gary folgte ihnen.
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KAPITEL 14
Der Spaziergang durch das French Quarter und die kühle Nachtluft halfen Savannah dabei, die Ahnung des Bösen zu vertreiben. Es schien ihnen nicht gefolgt zu sein, und Savannah fühlte sich nach wenigen Minuten besser. Gregori hatte ihr den Arm um die Schulter gelegt. Er schwieg, war jedoch in ihren Gedanken und spürte, wie Savannahs Furcht nachließ.
Ohne ein Wort führte Gregori sie zu dem Hotel, in dem Gary abgestiegen war. Er musste die Namensliste
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