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Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela

Titel: Karriere oder Jakobsweg? Wegezeit - Wendezeit. Mein Weg nach Santiago De Compostela Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Dankbar
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passierten permanent meinen Weg, Fußgänger kamen mir ebenfalls entgegen. Erst nach Camponaraya wurde der Camino wieder ländlicher und damit auch einsamer. Es ging auf und ab durch Weinberge und kleine Wäldchen. Weit und breit war niemand zu sehen, einzig ein Weinbauer auf seinem Traktor kreuzte meinen Weg. Jetzt spürte ich, dass meine bisherige Leichtigkeit und Unverfangenheit, allein unterwegs zu sein, durch das morgendliche Erlebnis doch getrübt waren. Ich schaute mich häufiger um, war deutlich nervöser, und als mir der Weinbauer entgegenkam, reagierte ich leicht panisch und beschleunigte sofort meinen Schritt. Wie sollte das nur in den nächsten Tagen werden? Ich wollte mich nicht davon beeinflussen lassen, auf keinen Fall! Bisher hatte ich mich immer sicher gefühlt, auch als Frau ohne Reisebegleitung. Ich hatte es genossen, mich nach niemandem richten zu müssen und meinen Gedanken sowie Tagträumen ungestört nachhängen zu können. So sollte es auch bleiben!
    Cacabelos mit seinen knapp 5000 Einwohnern gefiel mir, der Weg führte entlang einer Altstadtgasse, rechts und links zweigten immer wieder weitere, zum Teil kleinere Gassen ab. Restaurants, Bodegas, Geschäfte und Wohnhäuser reihten sich aneinander. Trotz Siesta-Zeit machte die Stadt keinen ausgestorbenen Eindruck, im Gegenteil, es war noch reichlich Leben auf den Straßen. Mitten in der Stadt, die Herberge sollte ganz am Ende liegen, lag eine wunderschöne kleine Kirche, die mit weit offenen Portalen geradezu einladend auf mich wirkte. Innen bestanden die Mauern zum Teil aus groben, naturbelassenen Steinen, die zu den übrigen weiß verputzten Wänden einen reizvollen Kontrast boten. Das Gotteshaus war liebevoll mit Blumen dekoriert, überhaupt sah es so aus, als ob es viel und gern genutzt wurde. Das Schönste an ihm waren aber die Schwalben, die oben im Gebälk ihre Nester gebaut hatten und immer wieder in halsbrecherischem Flug quer durch die Kirche flogen und entweder zum Portal oder aus einem geöffneten Fenster hinaus- und hineinflogen. Wie schön, dass die Kirchengemeinde dies zuließ und die Nester nicht hatte entfernen lassen. Als ich nach einiger Zeit die Kirche wieder verließ, wurde sie hinter mir verschlossen. Ich hatte Glück gehabt, erst am Abend wurden ihre Pforten wieder geöffnet.
    Die Herberge erstaunte mich sehr. Rund um eine sehr alte Kirche, die gerade renoviert wurde und daher nicht zugänglich war, waren quietsch-orangenfarbene Container-Parzellen nebeneinander aufgereiht. Es gab insgesamt 35 Zweier-Abteile, die Betten in diesen Abteilen standen nicht übereinander, sondern nebeneinander. Ungewohnter, aber bequemer Komfort. Nach oben hin gab es eine offene Holzdachkonstruktion, sodass man die Pilger der unmittelbaren Nachbarschaft mit ihren Aktivitäten durchaus hören konnte. Frauen und Männer waren nach Geschlechtern getrennt, nur als Paar durfte man sich ein Abteil teilen. Ich hatte das Vergnügen mit Karin, einer älteren, sehr netten Dänin, mit der ich mich sogar auf Deutsch unterhalten konnte. Viele meiner lieb gewonnenen Weggefährten waren ebenfalls hier und so konnte ich die Geschichte vom Vormittag das eine oder andere Mal noch loswerden, mit jedem Mal verlor sie dadurch mehr und mehr ihren Schrecken. Erzählen erleichtert die Seele und wird so nicht zum Ballast, das durfte ich nun erfahren. Ich war den anderen, Elvira und Martin sowie Sylvia und Peter wie auch Ute, dafür zutiefst dankbar.
    Irgendwann im Laufe des Nachmittages fing es zu regnen an, alle »Gemeinschaftsräume« der Herberge befanden sich unter freiem Himmel, sodass uns allen nichts anderes übrig blieb, als uns in unsere Parzellen zurückzuziehen oder irgendwo in der Stadt ein geöffnetes Lokal aufzusuchen. Mir war es zum ersten Mal etwas langweilig, der Regen brachte alles durcheinander. Vieles gestaltete sich schwieriger als sonst, selbst das Wäschewaschen und vor allem -trocknen waren komplizierter. Kein Aufhängen in der Sonne und ruck-zuck war alles trocken. Mir wurde einmal mehr deutlich, wie viel Glück ich bisher mit dem Wetter gehabt hatte.
    Mit Ute verbrachte ich den Abend. Zunächst stimmten wir uns in einer Bar mit Vino tinto und einigen Tapas auf die abendlichen Stunden ein, später aßen wir im gegenüberliegenden Restaurant. Es sah von außen sehr gepflegt aus. Ute und ich bekamen ein Pilgermenue serviert, das in seiner Vielfalt und Schmackhaftigkeit sensationell war. Für nur neun Euro tischte uns der Kellner sechs Gänge,

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